Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)
die ich bislang nur angedeutet habe, aber jetzt klar benenne, vielleicht Unbehagen bereiten: Wir werden niemals vollkommen objektive Vorhersagen anstellen können, sie werden immer durch unsere subjektive Sicht verfälscht sein.
Dieses Buch wendet sich jedoch nachdrücklich gegen den nihilistischen Standpunkt, wonach es keine objektive Wahrheit gibt. Es vertritt vielmehr die Auffassung, dass der Glaube an eine objektive Wahrheit – und die Verpflichtung, dieser nachzugehen – eine Bedingung für bessere Vorhersagen ist. Eine weitere Verpflichtung des Prognostikers ist es, sich im Klaren darüber zu sein, dass er sie nur unvollständig wahrnimmt.
Voraussagen sind wichtig, weil sie die subjektive und die objektive Realität verbinden. Der Philosoph Karl Popper erkannte diese Sicht an. 45 Für Popper ist eine Hypothese nicht wissenschaftlich, wenn sie nicht auch falsifizierbar ist, d.h. sie muss auch in der realen Welt mit Mitteln der Vorhersage überprüfbar sein.
Uns sollte nachdenklich stimmen, dass die wenigen Ideen, die wir ausprobiert haben, nicht sonderlich vielversprechend sind, und dass viele unserer Ideen gar nicht überprüft wurden bzw. gar nicht überprüfbar sind. In den Wirtschaftswissenschaften ist es viel leichter, die Prognose der Arbeitslosenquote zu überprüfen als die Effektivität von Stimulanzpaketen. In den politischen Wissenschaften können wir die Modelle überprüfen, die für Wahlprognosen verwendet worden sind, aber die Verifizierung einer Theorie über die Veränderungen politischer Systeme kann Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Ich würde nicht so weit gehen wie Popper und behaupten, dass solche Theorien deswegen unwissenschaftlich oder überhaupt wertlos seien. Die Tatsache jedoch, dass die wenigen Theorien, die wir überprüfen können , nur recht mäßige Ergebnisse gezeitigt haben, legt nahe, dass viele Ideen, die wir noch nicht überprüft haben, ebenfalls größtenteils falsch sind. Zweifellos geben wir uns unbewusst vielen Täuschungen hin.
Aber es gibt einen Weg vorwärts. Es handelt sich nicht um eine Lösung, die auf unausgegorenen politischen Ideen fußt. Schließlich erscheint mir das politische System selbst als ein Teil des Problems, und zwar als ein großer Teil. Die Lösung setzt die Veränderung unserer Einstellung voraus.
Diese neue Einstellung basiert auf der Bayes’schen Regel (auch »Bayes-Theorem« genannt), die ich im 8. Kapitel vorstelle. Bei diesem Theorem handelt es sich eigentlich um eine mathematische Formel, die aber im Grunde genommen viel mehr bedeutet. Sie impliziert, dass wir unsere Ideen überdenken müssen, und zeigt uns, wie wir diese überprüfen können. Wir müssen uns mit den Konzepten der Wahrscheinlichkeit und der Unsicherheit anfreunden. Wir müssen gründlicher die Annahmen und Überzeugungen hinterfragen, mit denen wir uns einem Problem stellen.
Dieses Buch besteht ganz grob aus zwei Teilen. Die ersten sieben Kapitel umfassen eine Diagnose über Probleme von Vorhersagen, während sich die folgenden sechs mit der Bayes’schen Regel auseinandersetzen und ihre Anwendbarkeit darlegen.
In jedem Kapitel wird ein Thema aufgegriffen und eingehend beschrieben. Dies ist zweifellos ein Buch, das ins Detail geht, weil der Teufel bekanntlich dort steckt, und weil ich der Ansicht bin, dass die Vertiefung in ein Thema wesentlich mehr Einsicht gewährt als eine kurze Zusammenfassung.
Die Themen, die ich gewählt habe, enthalten in der Regel öffentlich zugängliche Informationen. Es gibt weniger Beispiele von Prognostikern, deren Vorhersagen auf privaten Informationen basieren (beispielsweise wie eine Firma Kundendaten verwendet, um die Nachfrage nach einem neuen Produkt zu berechnen). Ich bevorzuge Themen, die es der Leserin und dem Leser ermöglichen, die Ergebnisse selbst zu überprüfen, statt sich auf mein Wort verlassen zu müssen.
Ein kurzer Übersichtsplan für dieses Buch
Das vorliegende Buch wartet mit Beispielen aus den Naturwissenschaften, den Gesellschaftswissenschaften, dem Sport sowie dem Glücksspiel und Spiel auf. Es beginnt mit relativ überschaubaren Fällen, in denen Erfolge und Misserfolge von Voraussagen klarer zu erkennen sind, und geht dann zu Beispielen über, die etwas mehr Finesse erfordern.
Die Kapitel 1 bis 3 befassen sich mit den misslungenen Prognosen im Zusammenhang mit der jüngsten Finanzkrise, mit erfolgreichen Prognosen im Baseball und mit politischen Prognosen, bei denen einige Ansätze gut funktionierten,
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