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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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Felsspalt. Ich war nicht sehr klar. Bestimmt bin ich immer wieder hingefallen. Aber ich wusste, wo der Teich war, und ich schaffte es dorthin. Das Wasser war schrecklich kalt, aber es weckte mich, und irgendwie verursachte mir das Schwimmen weniger Schwindel als das Gehen. Ich kam irgendwie zur Höhle, zog mich auf die Felsen. Und dann, in der Höhle, während die Soldaten draußen schrien und mir so kalt war, dass ich fürchtete, ich würde mir mit meinen klappernden Zähnen die Zunge abbeißen – da fand ich sie, Katsa.«
    Er unterbrach sich und war so lange still, dass sie sich fragte, ob er vergessen hatte, was er sagen wollte.
    »Was hast du gefunden?«
    Er drehte ihr überrascht den Kopf zu. »Klarheit«, sagte er. »Meine Gedanken wurden klar. In der Höhle war kein Licht, nichts war zu sehen. Und doch spürte ich die Höhle mit meiner Gabe ganz genau. Und ich erkannte, was ich tat. Ich hatte in der Hütte gesessen und mir leidgetan, während Leck irgendwo draußen umherritt und Menschen in Gefahr waren. In der Höhle wurde mir klar, wie jämmerlich das war.«
    Der Gedanke an Leck hatte Bo zurück ins Wasser, aus der Höhle und zur Fischfalle gebracht. In der Hütte hatte er mit Händen, die vor Kälte gefühllos waren, mühsam ein Feuer angezündet. Die nächsten paar Tage waren hart. »Ich war schwach, mir war schwindlig und übel. Zuerst ging ich nie weiter als bis zur Fischfalle. Mein Gleichgewicht war leidlich, wenn ich still saß. Ich machte den Bogen. Dann dachte ich an Leck und fing an, Bogenschießen zu üben.«
    Er ließ den Kopf sinken. Stille breitete sich aus. Und Katsa glaubte den Rest zu verstehen. Der Gedanke an Leck hatte Bo nicht losgelassen. Leck hatte ihm einen Grund gegeben, seine Kraft wiederfinden zu wollen. Bo hatte seine Gesundheit und sein Gleichgewicht zurückerlangt. Dann waren sie zu ihm zurückgekehrt mit der guten Neuigkeit, dass Leck tot war. Und Bo hatte keinen Grund mehr, leben zu wollen. Traurigkeit hatte ihn wieder überkommen.
    Schon die Tatsache seiner Traurigkeit machte ihn unglücklich.
    »Ich habe kein Recht, mir leidzutun«, sagte er ihr eines Tages, als sie bei leichtem Schneefall hinaus in die Stille gingen, um Wasser zu holen. »Ich sehe alles. Ich sehe Dinge, die ich nicht sehen sollte. Ich wate in Selbstmitleid, obwohl ich doch nichts verloren habe.«
    Katsa kauerte mit ihm am See. »Das ist das erste Mal, dass du etwas wirklich Idiotisches zu mir sagst.«
    Sein Mund wurde schmal. Er hob einen der Steine auf, mit denen sie das Eis durchschlugen, hielt ihn über seinen Kopf und warf ihn dann heftig auf die gefrorene Wasseroberfläche. Schließlich wurde Katsa mit einem leisen grollenden Geräusch belohnt, das fast als Lachen gelten konnte. »Deine Art von Trost ähnelt deinem taktischen Angriff.«
    »Du hast etwas verloren«, sagte sie, »und du hast jedes Recht, darum zu trauern. Dein Sehvermögen und deine Gabe sind nicht das Gleiche. Deine Gabe zeigt dir die Form der Dinge, aber nicht ihre Schönheit. Du hast die Schönheit verloren.«
    Wieder wurde sein Mund schmal, und er wandte sich von ihr ab. Als er sich ihr wieder zudrehte, glaubte sie, er würdeanfangen zu weinen. Doch er sprach ohne Tränen, wie versteinert. »Ich werde nicht nach Lienid zurückgehen. Ich werde nicht zu meinem Schloss zurückkehren, wenn ich es nicht sehen kann. Es ist schwierig genug, mit dir zusammen zu sein. Deshalb habe ich dir auch nicht die Wahrheit gesagt. Ich wollte, dass du weggehst, denn es schmerzt mich, mit dir zusammen zu sein, wenn ich dich nicht sehen kann.«
    Sie betrachtete sein düsteres Gesicht. »Das ist schon besser«, sagte sie. »Das ist ganz hervorragendes Selbstmitleid.«
    Und dann hörte sie wieder sein grollendes Lachen und sah einen so hilflosen Schmerz in seinem Gesicht, dass sie ihn in die Arme nahm und seinen Hals, seine schneebedeckten Schultern, seinen Finger ohne den Ring und jede andere Stelle küsste, die sie finden konnte. Er berührte sanft ihr Gesicht, ihre Lippen, küsste sie und legte seine Stirn an ihre.
    »Ich wollte dich nie hierbehalten«, sagte er. »Aber wenn du es erträgst – wenn du es aushältst, dass ich mich so benehme – dann will ich eigentlich nicht, dass du gehst.«
    »Ich werde nicht weggehen«, sagte Katsa, »noch lange nicht. Ich werde erst weggehen, wenn du es willst, oder wenn du bereit bist, selbst zu gehen.«
    Bo hatte zweifellos Talent zum Schauspielern. Katsa erkannte das jetzt, weil sie den Unterschied in seinem

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