Die Beschenkte
Ton war unbeschwert, und Skye und Bitterblue lächelten ebenfalls. Katsa hatte das Gefühl, sie sei die Einzige auf der Welt, die glaubte, etwas sei nicht in Ordnung. Sie zwang sich zurückzulächeln. »Natürlich. Gern.«
»Was ist los?«, fragte sie, sowie sie die Hütte hinter sich gelassen hatten.
Er lächelte schwach. »Nichts ist los.«
Katsa kletterte angestrengt und behielt ihre Gefühle für sich. Sie stapften auf einem Pfad durch den Schnee, den vermutlich Bo gebahnt hatte, und kamen am See vorbei. Der Wasserfall war ein Eisgebilde mit nur einem kleinen lebhaften Wasserstrahl in der Mitte.
»Hat meine Fischfalle dir etwas gebracht?«
»Sie hat mir sehr geholfen. Ich benutze sie immer noch.«
»Haben Lecks Soldaten die Hütte durchsucht?«
»Ja, das haben sie.«
»Und du hast es trotz deiner Verletzung bis zur Höhle geschafft?«
»Zu dem Zeitpunkt ging es mir schon viel besser. Es war nicht schwer.«
»Aber du musst gefroren haben und warst bestimmt völlig durchnässt.«
»Sie sind nicht lange geblieben, Katsa. Ich konnte bald zur Hütte zurück und mir ein Feuer machen.«
Katsa erklomm eine felsige Anhöhe, griff nach einem dünnen Baumstamm und zog sich auf einen kleinen Hügel. Ein langer, flacher Stein ragte aus dem unberührten Schnee. Sie stapfte zu ihm und setzte sich. Bo folgte ihr und ließ sich neben ihr nieder. Katsa betrachtete ihn. Er schaute sie nicht an.
»Ich möchte wissen, was los ist«, sagte sie.
Er schaute sie immer noch nicht an. Dann sagte er sachlich: »Ich würde dich nicht zwingen, von deinen Gefühlen zu reden, wenn du sie mir nicht mitteilen wolltest.«
Sie starrte ihn mit großen Augen an. »Das stimmt. Aber ich würde dich nicht belügen, so wie du mich belügst, wenn du sagst, dass alles in Ordnung ist.«
Ein seltsamer Ausdruck lag auf seinem Gesicht, offen und verletzlich, als wäre er ein zehnjähriges Kind, das seine Tränen zurückhält. Es schmerzte in ihrer Kehle, ihn so zu sehen. Bo …
Er zuckte zusammen und der Ausdruck verschwand. »Mach das bitte nicht«, sagte er. »Es macht mich schwindlig, wenn du in Gedanken mit mir sprichst. Ich bekomme Kopfweh davon.«
Sie schluckte und wusste nicht, was sie sagen sollte. »Hast du immer noch Kopfschmerzen von deinem Sturz?«
»Gelegentlich.«
»Ist es das, was dir fehlt?«
»Wie gesagt, mir fehlt nichts.«
Sie berührte seinen Arm. »Bo, bitte …«
»Es ist nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest«, sagte er und schob ihre Hand weg.
Jetzt war sie erschrocken und verletzt, Tränen stiegen ihr in die Augen. Der Bo in ihrer Erinnerung schob ihre Sorgen nicht beiseite, er wich vor ihrer Berührung nicht zurück. Das war nicht Bo, das war ein Fremder, und irgendetwas fehlte, das zuvor da gewesen war. Sie holte tief Luft, griff in den Kragen ihrer Jacke und zog die Schnur über ihren Kopf. Dann hielt sie ihm den Ring hin. »Der gehört dir.«
Er schaute ihn noch nicht einmal an, sein Blick löste sich nicht von seinen Händen. »Ich will ihn nicht.«
»Was bei den Middluns redest du da? Er gehört dir.«
»Du solltest ihn behalten.«
Sie starrte ihn ungläubig an. »Bo, wie kannst du glauben, ich würde deinen Ring behalten? Ich weiß noch nicht einmal, warum du ihn mir gegeben hast. Ich wünschte, du hättest es nicht getan.«
Sein Mund war verzerrt vor Kummer, und er starrte immer noch auf seine Hände. »Ich habe ihn dir gegeben, weil ich wusste, ich könnte sterben. Ich wusste, dass Lecks Männer mich töten könnten und dass du kein Zuhause hast. Ich wollte, dass du mein Zuhause bekommst, wenn ich sterbe. Mein Zuhause passt zu dir«, sagte er mit einer Bitterkeit, die sie schmerzte und die sie nicht verstand.
Sie merkte, dass sie weinte. Wütend wischte sie sich die Tränen vom Gesicht und wandte sich ab, weil sie es nicht mehr aushielt, wie er mit versteinerter Miene in seine Hände starrte. »Bo, ich bitte dich, sag mir, was los ist.«
»Ist es so schlimm, dass du den Ring behalten sollst? Mein Schloss ist abgelegen, mitten in der Wildnis. Du wärst glücklich dort. Meine Familie würde dich in Ruhe lassen.«
»Bist du völlig verrückt geworden? Was willst du denn machen, wenn ich dein Zuhause und deinen Besitz an mich genommen habe? Wo willst du leben?«
Seine Stimme war sehr leise. »Ich will nicht wieder zurück. Ich habe daran gedacht, hier zu bleiben, wo es friedlich ist und einsam. Ich – ich will allein sein.«
Sie starrte ihn mit offenem Mund an.
»Dein Leben geht
Weitere Kostenlose Bücher