Die beste Welt: Roman (German Edition)
scheint, es gibt nur ein Mittel, um das richtigzustellen.«
Ich sah ihn erschrocken an. Wollte er womöglich gleich noch eine öffentliche Erklärung zu meinen angeblichen Fähigkeiten abgeben?
»Wir müssen gründlich erforschen, inwieweit meine Aussage potenziell der Wahrheit entspricht.«
»Hm«, machte ich. Das klang ganz harmlos, aber der Blick, den er mir dabei zuwarf, ließ mir die Knie weich werden. »Ja. Das wäre vollkommen angemessen.«
»Dürfte ich vorschlagen, dass wir uns zu diesem Zweck in das für uns bestimmte Schlafgemach zurückziehen? Die Wände sind mit einem Schutzschild versehen, sodass weder akustische noch mentale Geräusche nach innen … oder nach außen dringen können.«
Ich war mir inzwischen sicher, dass sich mein Busen in mädchenhafter Verwirrung hob und senkte. »Hm, das hört sich großartig an.«
Er sah mich neugierig an und legte leicht einen Finger an meine pulsierende Halsschlagader. »Du bist erregt«, stellte er mit sachlichem Interesse fest.
»Und du amüsierst dich über meine Erregung«, konterte ich.
Er quittierte den Treffer mit einem Kopfnicken. »Tatsächlich verspüre ich eine gewisse Aufregung, verbunden mit wachsender Lust, was sich möglicherweise nach außen hin als Erheiterung manifestiert.«
Zum ersten Mal hatte er seine Emotionen mithilfe der Skalen des limbischen Systems beschrieben. »Ich liebe es, wenn du schlüpfrige Reden führst«, flüsterte ich und besiegelte diesen Augenblick mit einem Kuss.
Heute
Es war lange vor dem Morgengrauen. Delarua kramte im Halbdunkel herum, kämpfte mit ihren Kleidern und fiel über ihre eigenen Stiefel. Dllenahkh, der bereits angekleidet war, saß auf der einzigen freien Ecke des Betts und sah ihr zu.
Beeile dich. Wir kommen zu spät.
Wie üblich erfasste sie eher die Bedeutung als die Syntax. »Nur noch eine Minute!«
Wie üblich hörte er eher das Bedauern als die Gereiztheit in ihrem Tonfall. Er schaute in eine andere Richtung, um zu zeigen, dass er nicht ungeduldig war, und entdeckte ihr Terminal mitten auf dem Bett. Obwohl er nicht vorhatte zu lesen, was auf dem Display stand, erregte der Titel seine Aufmerksamkeit. Die Jahre in der Siedlung. Band zwei der vorläufigen Lebenserinnerungen von Grace Delarua (die trotz aller Bemühungen noch nicht berühmt ist, aber sie hat ja schließlich noch Zeit).
»Nicht hinsehen!« Sie schnappte sich das Terminal und stopfte es in ihre Tasche.
»Bitte vielmals um Entschuldigung«, sagte er. Zwar glaubte er nicht, dass diese Aufzeichnungen etwas enthielten, was ihn überraschen würde, aber für Delarua bestand eine enge Paarbindung in einem ständigen Spiel mit vorgetäuschter Unwissenheit und künstlicher Privatsphäre. Was er überraschend liebenswert fand.
»Fertig«, stieß sie endlich atemlos hervor. »Ich begreife immer noch nicht, warum wir nicht den Wagen nehmen können.«
»Der Wagen hat ein Navigationssystem«, bemerkte er und zog geheimnisvoll eine Augenbraue hoch. »Wo wir hingehen, brauchen und wollen wir keine Navigation.«
Sie zog ihrerseits eine Augenbraue hoch. Er hatte sie neugierig gemacht. »Dann übernimm du die Führung.«
Als sie die Pferde gesattelt hatten, war der Himmel bereits matt erleuchtet. Ein paar Minuten in ruhigem Schritt, und sie hatten die Bäume im Herzen der Siedlung hinter sich gelassen, die äußeren Weiden durchquert und die Hauptstraße erreicht. Eine Weile ritten sie in einträchtigem Schweigen, an der Grenze ihres Anwesens entlang.
Delarua ergriff nur einmal das Wort. »Wir reiten zum Meer.«
»Ja«, antwortete er laut.
Sie lachte. Für sie war es ein Abenteuer, ein Abenteuer und ein Geheimnis, eingehüllt in freudige Erwartung. Sie strahlte eine angenehm herzliche Begeisterung aus, und plötzlich huschten mehrere lebhafte Bilder durch ihren Geist. Er überlegte kurz, verstand und lächelte über das Kompliment. Sie hatte geglaubt, ihr Bewusstsein würde offen vor ihm liegen, nackt unter heißer Wüstensonne, ohne Zuflucht, ohne Schutz. Stattdessen war es eher ein Versteckspiel im Licht und Schatten eines Waldes, bei dem sie eine neue Sprache aus mehrdeutigen Anspielungen und poetischen Bildern entdeckten und erfanden. Als Linguistin war sie fasziniert; als Liebende war sie verzückt. Nichts konnte zweimal auf die gleiche Weise gesagt werden.
Ihr Ziel war eine kleine unbewohnte Bucht, die vom Rat zur Erschließung vorgesehen war, nichts als Sand und trockenes Gestrüpp, aber für ihr Vorhaben bestens geeignet. Das
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