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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Lord
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helle, klare Wasser blieb über Hunderte von Metern seicht, bis es unvermittelt in das Dunkelblau des tiefen Ozeans überging. Dllenahkh betrachtete den dunkleren Bereich aufmerksam und seufzte erleichtert. Um die Wasserung mitzuerleben, waren sie zu spät gekommen, aber alles andere lag noch vor ihnen. Er saß ab, behielt aber die Zügel in der Hand und suchte den Horizont ab. Delarua musterte ihn neugierig, dann folgte sie seinem Beispiel.
    Dllenahkhs Pferd begann unruhig zu tänzeln. Er beschwichtigte es mit einer kurzen mentalen Berührung.
    »Was – was ist das? «, keuchte Delarua.
    In der Ferne geriet ein Hektar Meeresfläche in Bewegung. Eine graue Masse kam langsam zum Vorschein, wölbte sich auf wie eine Welle, aber langsam, so langsam, dass sich die Oberfläche bis zum Strand kaum kräuselte. Im Zentrum war die Wölbung steif, gerippt und schwerfällig, während sie sich an den Rändern fein gesteuert bewegte und einrollte.
    »Ist das …?«, flüsterte sie leise, während ihre Gedanken und Gefühle einen wilden Tanz aufführten.
    »Ja«, bestätigte er. Klein, ohne Zaumzeug, Zügel oder Ladung, aber unverwechselbar.
    Auf dem Rücken des Leviathans erschien eine Öffnung wie ein Blasloch. Seine wahre Größe wurde erst erkennbar, als eine winzige Menschengestalt auf einem sanften Wasserschwall emporgetragen wurde und über die Seite ins Meer rutschte. Augenlos, aber nicht blind, schob das Ungeheuer seinen lebenden Passagier mit einem trägen Schlag des vorderen Flossensaums an Land. Delarua hielt den Blick unverwandt auf das heranschwimmende Pünktchen gerichtet. Auch Dllenahkhs Blick war darauf gerichtet, bis ihn eine zweite Bewegung, ein zweiter grau wogender Fleck im Blau erschrocken aufschauen ließ … aber das Meer beruhigte sich wieder und gab sein Geheimnis nicht preis.
    Naraldi, nicht mehr alt, aber auch noch nicht jung, trat aus der leichten Brandung und schüttelte sich das Salzwasser aus dem Haar. Es war gerade lang genug, um ihm in die Augen zu fallen, glänzend schwarz mit ein paar weißen Strähnen. Sein Pilotenanzug blitzte in der Sonne, und Delarua glaubte mit einem Mal, Sayr vor sich zu sehen. Sie lachte in glücklicher Erinnerung laut auf.
    »Dllenahkh! Grace!«, rief Naraldi vergnügt. »Habt ihr einen Platz für einen heimatlosen Vagabunden in eurem Reich?«
    Unvermittelt hatte Dllenahkh ein überwältigendes, entsetzliches Déjà-vu. Ein anderer Tag, ein anderer Strand. Naraldi, der dem Ozean entstieg und mit wenigen Worten ein ganzes Universum zertrümmerte. Dieser Augenblick hatte ein Loch in seinen Geist geschlagen und in seiner Erinnerung große Sprünge hinterlassen, durch die er jederzeit in einen Strudel des Nichts stürzen konnte. Zu seinem eigenen Schutz hatte er gelernt, diesen Tag zu vergessen. Doch nun, als er die Wirklichkeit in sich aufnahm, tat sich ein weiterer Spalt in seinem Denken auf. Er stand am Ufer des Meeres und hörte, nicht nur ohne Verzweiflung, sondern wirklich und wahrhaftig mit Freude Naraldis Stimme. Erinnerung und Gegenwart prallten aufeinander, und nur mit Mühe konnte er Delarua von dem plötzlichen Zeitenstrudel abschirmen.
    Sie sah ihn nicht an. Das brauchte sie auch nicht. Sie fasste nur stumm nach seiner Hand, hielt sie fest und öffnete ihren Geist, sodass er von den Wellen ihrer stürmischen Freude in die Höhe getragen wurde.
    »Willkommen, Naraldi!«, rief sie. »Willkommen zu Hause!«

DANKSAGUNG
    »Golden«, das Gedicht im Kapitel »Die Elfenkönigin«, ist ein unveröffentlichtes Werk von Dvorah Simon und wird mit Genehmigung der Autorin verwendet.
    Der Tsunami vom 26. Dezember 2004 im Indischen Ozean wird wegen der schrecklichen Verwüstungen in vielen Küstengebieten noch lange in Erinnerung bleiben. Monate später berichtete die BBC über eine erschreckende Folge der Katastrophe: Bei dem Tsunami waren mehr Frauen als Männer ums Leben gekommen, in einigen der am schwersten betroffenen Gebiete bis zu achtzig Prozent. Es waren Frauen, die am Sonntag mit ihren Kindern zu Hause saßen, während ihre Männer weit draußen auf dem Meer beim Fischen waren oder im Landesinneren Besorgungen machten; Frauen, die am Strand auf die Rückkehr der Fischer warteten, und Frauen, die nicht die Kraft hatten, um sich festzuhalten, als die Welle vorüberfegte. Vertreter von Hilfsorganisationen schilderten die sozialen Auswirkungen dieses ungleichen Geschlechterverhältnisses. Sie berichteten von Psychotraumata bei frisch verwitweten Männern und von

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