Die Besteigung Des Rum Doodle
mit dem Wort für Ehefrau identisch, abgesehen von einer Art Gurgeln am Schluss. Vor lauter Begeisterung war es ihm jedoch nicht gelungen, das Gurgeln hervorzubringen, so dass er seinen Gastgeber zutiefst beleidigt hatte – mit dem uns bekannten Ergebnis. Für den Rest der Reise blieb Constant auf seinem Deck.
Eines Tages wurde an Steuerbord ein Wal gesichtet. Verständlicherweise war das für alle ein Ereignis von großem Interesse, insbesondere aber für mich. Denn es brachte mich hinsichtlich der wichtigen Frage, wie die Gruppen für denAngriff auf den Berg zusammengesetzt sein sollten, zu einem endgültigen Entschluss; diese Frage hatte mir zuvor Kopfzerbrechen bereitet. Die Besteigung sollte in Zweiergruppen durchgeführt werden, die je eine Seilschaft bilden und im selben Zelt schlafen würden. Ich hielt es für wichtig, diese Partner so bald wie möglich zusammenzubringen, damit sie jene Ecken und Kanten abschleifen konnten, die auf engstem Raum so lästig sein können. Ich war jedoch zu keiner Entscheidung gekommen. Burley und Wish, das hatte ich schon lange entschieden, stellten die ideale Kombination für ein beengtes Biwakzelt dar. Der eine war breit und der andere klein, und ihre Persönlichkeiten und Interessen unterschieden sich so sehr voneinander, dass kaum die Gefahr bestand, es könnte berufliche Eifersucht oder Monotonie zwischen ihnen aufkommen. Shute und Jungle hatten beide ein lebhaftes und kontroverses Interesse am Spezialgebiet des anderen gezeigt, und so hätte ich es bedauerlich gefunden, sie zu trennen. Außerdem war Shute ein Cambridge-Mann, während Jungle in Oxford studiert hatte, und das würde beiden den Horizont erweitern. Blieben Constant und Prone, aber über diese Paarung war ich alles andere als glücklich. Denn beiden war der akademische Habitus eigen, der sich in einem kleinen Zelt als beklemmend erweisen kann. Andererseits stritten sie aus vollem Herzen über so viele Dinge, dass ich mich sicherer zu fühlen begann, und der Zwischenfall mit dem Wal zerstreute meine Bedenken endgültig. Während wir nämlich über die Reling gebeugt dem Tier dabei zusahen, wie es Luft ausstieß, meinte Constant, er frage sich, ob an der Jona-Legende etwas dran sei. Prone erwiderte, er wundere sich über eine derartige Bemerkung von einem gebildeten Mann, und nahm an der anschließenden Diskussion so regen Anteil, dass er seine Seekrankheit darüber vergaß. Von da an stritten sie während der ganzen restlichen Überfahrtheftig miteinander und wurden unzertrennlich, was mich sehr erleichterte.
Kurz vor dem Einlaufen in den Hafen erhielt ich folgende Funknachricht:
LEIDER NACH BUENOS AIRES FEHLGELEITET
SCHICKT FUENFZIG MILLIONEN PEONS
JUNGLE.
*
Die Eisenbahnreise verlief ohne besondere Vorkommnisse. Burley wurde durch Hitze-Trägheit flachgelegt, und Prone zog sich Malaria zu. Constant bemerkte, es sei doch gut, einen Arzt dabeizuhaben. Ich bedauere, festhalten zu müssen, dass Prone an dieser unschuldigen Bemerkung Anstoß nahm und gegenüber dem armen Constant regelrecht ausfallend wurde. Der aber verzieh ihm großmütig und erklärte, Prones Zustand sei schuld daran. Constant ging in die Abteile der Einheimischen, um seine Sprachkenntnisse zu verbessern. Kurz darauf brach dort jedoch ein Aufruhr aus, und so hielt er es für geraten, sich zurückzuziehen. Er erklärte, dass die Einheimischen im Grunde freundliche Menschen von unerschütterlicher Würde und Fröhlichkeit seien, sich jedoch gelegentlich durch Nichtigkeiten aus der Fassung bringen ließen. Wir fragten ihn nach den besonderen Umständen dieser Nichtigkeit, aber Constant meinte, das sei einem Europäer schwer zu erklären. Wish verbrachte den größten Teil der Reise mit der Stoppuhr in der Hand, um die Zeitabstände zwischen den Telegrafenmasten zu messen und so die Geschwindigkeit des Zuges zu berechnen. Das Resultat war 153 Meilen in der Stunde, doch erklärte er, dass aufgrund der ungleichmäßigen Abstände zwischen den Masten gewisse Abweichungen einkalkuliert werden müssten. Burley überprüfte das Experiment und fand heraus, dass sichder Zeiger der Stoppuhr verklemmt hatte. Dies löste große Heiterkeit aus.
*
Unsere Ankunft in Chaikhosi war ein großes Ereignis, sowohl für uns wie auch für die Bevölkerung vor Ort. Constant hatte veranlasst, dass uns die 3000 Träger bei Ankunft des Zuges erwarten sollten, um keine Zeit zu verlieren. Bei der Einfahrt waren wir überrascht und erfreut, eine riesige Menschenmenge
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