Die Besteigung Des Rum Doodle
war, jedoch erst verspätet gestoßen war. Die Ausgabe, die ich besaß, enthielt keinerlei Information über den Verfasser. Um etwas über seinen Hintergrund zu erfahren und weil ich unbedingt herausfinden wollte, was er sonst noch geschrieben hatte, sprach ich mit Freunden über das Buch und fragte in Buchhandlungen danach, aber weder damals noch in späteren Jahren fand ich jemanden, der Bowman oder sein Buch kannte. Anscheinend war
Rum Doodle
das lustigste Buch, von dem die Leute nie etwas gehört hatten.
Jahre vergingen. Mein Haar begann seinen langen Abstiegin die verschiedenen Höhlen meines Kopfes, und ich verließ die
Times
mit neuem Ziel.
Rum Doodle
begleitete mich bei meinem Umzug von London nach Yorkshire und von dort nach Amerika, aber über seinen Verfasser brachte ich nie etwas in Erfahrung. Erst als ich das Buch 1997 in einer Radiosendung in London erwähnte, erhielt ich einen freundlichen und fröhlichen Brief in eleganter Handschrift. Er stammte von Eva Bowman, der Witwe des Verfassers, und wir begannen einen Briefwechsel. Schließlich traf ich sie und ihren Sohn Ghee, und so erfuhr ich endlich doch ein wenig über die lange und wechselvolle Geschichte eines meiner Lieblingsbücher und des auf seine unspektakuläre Art so geheimnisvollen Mannes, der es geschrieben hatte.
The Ascent of Rum Doodle
wurde Anfang 1956 von Max Parrish & Co. zum Preis von 10 Schilling 6 Pence veröffentlicht. Das Buch verursachte nicht gerade einen Wirbel. Beim
Northern Dispatch
in Darlington wartete man volle zwei Jahre, ehe man ihm eine positive Rezension widmete. In der
Bristol Evening Post
wurde der Name des Verfassers mit »W. E. Borman« angegeben und ihm rätselhafterweise ein zuvor erschienenes Buch über Fluggesellschaften zugeschrieben. Eine ehrenwerte Rezensentin für
Good Housekeeping
räumte ein, erst mitten im Buch begriffen zu haben, »dass es als Farce gedacht ist«. Bei den größeren überregionalen Blättern scheint man das Buch nahezu ganz übersehen zu haben. Lob, oft genug überschwängliches Lob, erhielt das Buch hingegen in Publikationen wie
The Irish Catholic
,
The Border Telegraph
,
The Northern Whig
, dem
Western Independant
, dem
Kentish Observer
, dem
Daily Worker
, der
Bulawayo Gazette
und
The Times of India
.
Kurzum, obgleich das Buch keineswegs ein Flop war und in mehrere Sprachen übersetzt wurde, gelang es ihm doch nicht, ein breites Publikum zu finden. Auf
Rum Doodle
folgte 1957
The Cruise of the Talking Fish
, eine Parodie auf Thor Heyerdahls Expedition mit der Kon-Tiki, in der erneut Binder als Hauptperson auftrat. Das Buch verkaufte sich nicht so gut. Kurz darauf, während Bowman an einem dritten Buch dieser Reihe arbeitete, geriet Max Parrish & Co. in finanzielle Schwierigkeiten und blieb Bowman einen Teil der ihm zustehenden Tantiemen schuldig. Schließlich musste der Verlag ganz schließen, und Bowmans zwei komische Romane waren fortan nicht mehr lieferbar.
Unterdessen hatte
Rum Doodle
, ohne dass Bowman etwas davon wusste, unter Bergsteigern und Polarforschern eine treue Fangemeinde gefunden, und seine rätselhaften Fixpunkte und
running gags
wurden zum Gegenstand wilder Spekulationen, wo immer sich abenteuerlustige Männer trafen. Weshalb zum Beispiel stand die Zahl 153 im Mittelpunkt so vieler Witze im Buch? Vielen galt es als ausgemacht, dass Bowman ein Pseudonym für einen versierten und womöglich bekannten Bergsteiger sein musste. Allgemein herrschte die Überzeugung vor, dass kein Amateur es vermocht hätte, so unvergesslich idiosynkratische Charaktere zu schaffen oder mit einer derart unfehlbaren Leichtigkeit über die Strapazen des Bergsteigens zu schreiben, ohne dabei auf eigene Erfahrungen zurückzugreifen.
Tatsächlich war der Verfasser ein unscheinbarer Bauingenieur aus Guildford, der Großbritannien kaum je verlassen hatte und sich nie an der Besteigung einer größeren Erhebung als dem Sca Fell Pike im Lake District versucht hatte. Beim Wandern im Lake District war ihm die Idee zu
Rum Doodle
eingefallen. Vorbild dafür war der 1937 erschienene Bericht über Bill Tilmans Expedition ins Nanda-Devi-Schutzgebiet. Und die Zahl 153 leitete sich einfach aus der Adresse seiner Jugend her.
Genauer gesagt war es die Nummer des Hauses in derBorough Road in Middlesborough gewesen, in das Bowman mit seinen Eltern kurz nach seiner Geburt in Scarborough im Jahr 1911 gezogen war. Seine Kindheit scheint glücklich verlaufen zu sein, doch als er fünfzehn war, starb seine Mutter.
Weitere Kostenlose Bücher