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Die bestellte Braut

Die bestellte Braut

Titel: Die bestellte Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Staub
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Dabei hatte ihr das Schicksal geradezu in die Hände gespielt. In Form einer halb zerrissenen Anzeige, die sie auf dem Flur ihres Krankenhauses gefunden hatte.
    Einfach nur dazusitzen und ihr Schicksal zu beklagen, das lag ihr nicht. Sie würde diese Sache selbst in die Hand nehmen!
    Doch bevor sie dazu kam, diese Gedanken weiter zu verfolgen, öffnete sich die Tür von Mr. Smiths Büro und der kleine, dürre Mann mit den schütteren, graubraunen Haaren steckte seinen Kopf zur Tür hinaus. Er schien überaus erfreut zu sein sie zu sehen.
    „Ah, Miss O'Brian, nicht wahr? Sie müssen entschuldigen, dass ich mir nicht alle Gesichter merken kann. Ich sehe jeden Tag so viele hübsche, junge Damen, bei denen es mir ein Rätsel ist, warum sie noch nicht verheiratet sind“, lispelte der Heiratsvermittler, während er der jungen Frau entgegeneilte und ihr herzlich die Hand schüttelte.
    Mit etwas Mühe verbiss sich Miss O'Brian eine passende Antwort und lächelte etwas mühsam. Sie wunderte es gar nicht, dass es so viele unverheiratete Damen gab, aber einem Mann zu erklären, dass man als alleinstehende Frau etwas eingeschränkt war, erschien ihr irgendwie sinnlos. Von den frühen Morgenstunden an musste sie arbeiten, um ihr kleines Zimmer in Mrs. Rulys Pension für alleinstehende Damen bezahlen zu können. Ihr blieb also gar nicht die Zeit sich hübsch zu machen und den lieben langen Tag in Kaffeesaloons zu sitzen, um sich von interessierten Herren ansprechen zu lassen. Mal ganz abgesehen davon, dass man als Frau schnell ins Gerede kam, wenn man sich zu viel allein oder in männlicher Gesellschaft bewegte. Und das war dann der sichere Todesstoß für den guten Ruf. Der ja wiederum unerlässlich war, um einen Mann von tadellosem Charakter für sich einzunehmen. Mal ganz abgesehen davon, dass ihr schmales Gehalt als Krankenschwester keine großen Sprünge oder außergewöhnlichen Ausgaben zuließ.
    „Kommen Sie nur herein, ich habe wirklich außergewöhnlich gute Nachrichten für Sie.“ Und mit diesen wohlmeinenden Worten riss er Steffiney aus ihren Gedanken, um sie in sein kleines, kahles Büro zu führen. Das dunkle Zimmer, in dem sich nicht mehr als ein Schreibtisch, zwei Stühle, einer für den Heiratsvermittler und einer für die Kundinnen, und ein Schränkchen für seine Unterlagen befand, war zwar nicht sehr gemütlich oder anheimelnd, aber deswegen war sie ja auch nicht hier.
    „Nehmen Sie Platz, nehmen Sie Platz“, sagte der Heiratsvermittler zu seinem Gast und Miss O'Brian kam der Aufforderung nach. Der alte Holzstuhl gab ein bedenkliches Quietschen von sich, als die kleine, zierliche Frau sich darauf niederließ und unwillkürlich schoss Steffiney der Gedanke durch den Kopf, was wohl passiert wäre, wenn jemand mit den Ausmaßen von Mrs. Ruly auf dem fragilen Sitzmöbel Platz genommen hätte.
    „Nun, Mr. Smith?“, fragte sie gleich darauf gespannt, denn die Neugier auf ihren zukünftigen Mann war doch größer als ihre hypothetischen Betrachtungen in Bezug auf ihre Wirtin.
    „Ja, Miss O'Brian, wie ich schrieb. Ich habe gute Neuigkeiten. Gerade gestern Morgen ist mir die Anzeige eines Witwers aus dem Colorado-Territorium auf den Schreibtisch geflattert und da musste ich sofort an Sie denken. Der Herr scheint wie für Sie gemacht zu sein. Charles Augustus Sullivan, Besitzer eines kleinen Stücks Land in der Nähe von Green Hollow, Colorado“, eröffnete er mit einem breiten Lächeln, während er in den Papieren auf seinem Schreibtisch zu kramen begann.
    Und Steffiney rutschte, hochrot im Gesicht, auf ihrem Stuhl ein Stück nach vorne. Ihre Aufregung war ihr deutlich anzusehen und ohne dass sie es merkte, öffnete und schloss sie immer wieder den kleinen Beutel, in dem sie ihr Geld, ein Taschentuch und ein paar Pfefferminzbonbons aufbewahrte.
    „Colorado?“, fragte sie etwas zittrig. Wenn sie ehrlich war, hatte sie keine genaue Vorstellung, wo dieser Landstrich liegen sollte. Sie war nicht ungebildet, aber der Westen war noch so unerschlossen und selbst in den Büchern der Schulkinder waren jenseits der Gründungsstaaten noch viele weiße Flecken. Und es war ja schon eine ganze Weile her, dass sie die Schulbank gedrückt hatte.
    „Ja, warten Sie“, murmelte Mr. Smith, während er jetzt ein einzelnes Blatt Papier unter einem Stapel Briefe hervorzog. „Ah ja, da haben wir es ja. Wie ich sagte, Charles Augustus Sullivan, wohnhaft auf der Black Creek Ranch nahe Green Hollow im Colorado-Territorium. Wenn man

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