Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime
zweites Mal notiert, wobei er jeweils zwischen den ersten und den letztplazierten Namen seiner ursprünglichen Liste abwechselte. Als das Ergebnis verkündet wurde, hatte Edward von den zwölf Namen acht richtig getroffen und erhielt den ersten Preis von fünfhundert Pfund. Er ließ es sich nicht nehmen, dieses Resultat, das man ohne weiteres einem glücklichen Zufall hätte zuschreiben können, als direktes Ergebnis seines «Systems» zu betrachten, und war außerordentlich stolz auf sich.
Das nächste Problem war: Was sollte er mit den fünfhundert Pfund anfangen? Er wußte sehr gut, was Maude sagen würde. Lege es an als Startkapital für unsere Zukunft. Und Maude hätte natürlich ganz recht, das war ihm klar. Doch Geld, das man in einem Preisausschreiben gewonnen hatte, das war seinem Gefühl nach etwas Besonderes.
Hätte er das Geld durch eine Erbschaft erhalten, so würde er es selbstverständlich bis auf den letzten Penny in Staatsanleihen oder Sparbriefen angelegt haben. Aber ein Glückstreffer, den man durch ein paar Federstriche erzielt hatte, gehörte für Edward ungefähr in die gleiche Kategorie wie der Sixpence, den man einem Kind zusteckte, damit es sich ‹etwas Schönes› dafür kaufe.
Und in einem bestimmten Schaufenster, an dem er tagtäglich auf dem Weg ins Büro vorbeiging, befand sich ‹etwas Schönes›, der Traum aller Träume, ein kleiner Zweisitzer mit langer, spiegelblanker Kühlerhaube und darauf in dicken Ziffern der Preis: 465 Pfund.
«Wenn ich reich wäre», hatte Edward Tag für Tag zu dem Auto gesagt, «wenn ich reich wäre, dann gehörtest du mir.»
Und nun war er – wenn schon nicht reich, so doch im Besitz einer Summe, die es ihm erlaubte, seinen Traum zu verwirklichen. Der Wagen, dieses wunderschöne, chromglänzende Prachstück, war sein, er brauchte ihn nur zu bezahlen.
Er hatte vorgehabt, Maude von dem Geld zu erzählen. Damit wäre er vor jeder Versuchung gefeit gewesen. Angesichts ihrer Mißbilligung, ja, ihres Entsetzens, hätte er niemals den Mut aufgebracht, seine verrückte Idee in die Tat umzusetzen. Aber zufällig war es dann Maude selber, die die Entscheidung herbeiführte. Er hatte sie ins Kino eingeladen – auf die besten Plätze. Darauf hatte sie ihm freundlich aber bestiinmt die verwerfliche Torheit seines Benehmens vor Augen geführt – drei Shilling und sechs Pence gegenüber zwei Shilling und vier Pence, wo man von den hinteren Plätzen doch genauso gut sehen konnte!
Edward nahm die Vorwürfe mit verbissenem Schweigen entgegen. Maude hatte das befriedigende Gefühl, daß ihre Worte Eindruck auf ihn machten. Man durfte nicht zulassen, daß Edward seinen extravaganten Lebensstil beibehielt. Maude liebte Edward, aber sie wußte, er war schwach, und so oblag es ihr, ihm stets zur Seite zu stehen und ihn auf den rechten Weg zu geleiten. Sie beobachtete sein demütiges Verhalten mit innerer Genugtuung.
Edward benahm sich in der Tat wie ein getretener Wurm. Er krümmte sich. Zwar hatten ihn ihre Vorwürfe tief getroffen, doch genau in diesem Augenblick faßte er den Entschluß, den Wagen zu kaufen.
‹Verdammt!› sagte er zu sich selbst ‹Einmal in meinem leben werde ich tun, was mir paßt. Da kann sich Maude auf den Kopf stellen!›
Und so geschah es, daß er am folgenden Morgen jenen gläsernen Palast mit seinen chromblitzenden, lackglänzenden Herrlichkeiten betrat und mit einer Nonchalance, die ihn selbst erstaunte, sein Traumauto kaufte. Es war wirklich das Einfachste auf der Welt, sich ein Auto zu kaufen!
Das war vor vier Tagen gewesen. Seither ging er, obzwar er sich nach außen hin nichts anmerken ließ, innerlich wie auf Wolken. Und Maude hatte er noch keine Silbe davon gesagt .
Täglich benutzte er seine Mittagspause, um Unterricht im Gebrauch des Prachtvehikels zu nehmen, und er erwies sich dabei als überaus gelehriger Schüler.
Morgen, an Heiligabend, würde er seine erste Ausfahrt aufs Land machen. Er hatte Maude belogen, und er würde sie, wenn es sein mußte, wieder belügen. Er stand mit Leib und Seele im Bann seines neuen Besitztums. Es verkörperte für ihn Romantik und Abenteuer, all die Dinge, nach denen er sich immer vergeblich gesehnt hatte. Morgen würden sich er und seine neue Geliebte zusammen auf den Weg machen. Sie würden durch die kalte Winterluft brausen und, das nervenaufreibende Getümmel von London weit hinter sich lassend, in die menschenleere Welt entschwinden...
In diesem Augenblick war Edward, ohne es selbst
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