Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime
hatten gemeinsam einen Plan ausgeheckt, um das Halsband zu stehlen, und es war ihnen geglückt. Wegen seines verstauchten Knöchels und der Anwesenheit des Chauffeurs der Larellas war Jimmy nicht in der Lage gewesen, in das Seitenfach des Wagens zu schauen, ehe er das Mädchen anrief – wahrscheinlich hatte er auch gar nicht die Absicht gehabt, es zu tun. Aber es war nahezu sicher, daß der andere Unbekannte namens Gerald dies bei nächster Gelegenheit nachholen wurde. Und er würde darin Edwards Schal finden!
«Schnell gegangen», bemerkte das Mädchen.
Eine hellerleuchtete Trambahn ratterte vorbei – sie befanden sich bereits in den Außenbezirken von London. Der Wagen schlängelte sich durch den Verkehr, daß Edward das bis in den Hals hinauf schlug. Sie fuhr ausgezeichnet, diese junge Frau, aber wie riskant!
Eine Viertelstunde später hielten sie vor einem imposanten Haus an einem vornehmen kleinen Platz an.
«Wir können ein paar von unseren Klamotten hierlassen», sagte das Mädchen, «ehe wir weiterfahren zu ‹Ritson's›.»
«‹Ritson's?›» Edward wiederholte fast ehrfürchtig den Namen des berühmten Nachtclubs.
«Ja, hat Gerald dir das nicht gesagt?»
«Das hat er nicht», erwiderte Edward streng. «Was soll ich anziehen?»
Sie runzelte die Stirn. «Hat man dir denn gar nichts gesagt? Wir werden dich irgendwie ausstaffieren. Wir müssen die Sache durchziehen.»
Ein würdevoller Butler öffnete ihnen die Tür und trat beiseite, um sie hereinzulassen.
«Mr. Gerald Champneys hat angerufen, Mylady. Er wollte sie dringend sprechen, hat aber keine Nachricht hinterlassen wollen.»
Kein Wunder, daß er sie dringend sprechen wollte, dachte Edward. Auf jeden Fall kenne ich jetzt meinen vollen Namen. Edward Champneys. Aber wer ist sie? Der Butler hat sie mit Mylady angeredet Wozu braucht sie dann ein Halsband zu klauen? Bridgeschulden?
In den Romanheften, die er gelegendich las, wurde die schöne, adelige Heldin stets von Bridgeschulden zur Verzwefflung getrieben. Edward wurde von dem würdigen Buder fortgeführt und einem geschniegelten Kammerdiener übergeben. Eine Viertelstunde später gesellte er sich wieder zu seiner Gastgeberin, angetan mit einem wundervoll sitzenden Abendanzug, der einem bekannten Schneideratelier in der Savile Row entstammte.
Herrgott, was für eine Nacht!
Sie fuhren mit dem Auto zum berühmten «Ritson's». Wie alle, hatte auch Edward schon unzählige skandalträchtige Zeitungsgeschichten über das «Ritson's» gelesen. Jeder, der einen Namen hatte, kreuzte früher oder später im «Ritson's» auf. Edwards einzige Sorge war, daß jemand, der den echten Edward Champneys kannte, auftauchen würde. Er tröstete sich mit der Überlegung, daß der echte Edward offensichtlich seit einigen Jahren außerhalb von England gelebt hatte.
Sie saßen an einem kleinen Tisch an der Wand und tranken Cocktails. Cocktails! Für Edwards schlichtes Gemüt war dies die Quintessenz mondänen Lebens. Die junge Frau, die einen wundervollen bestickten Schal um sich geschlungen hatte, nippte lässig an ihrem Glas.
Plötzlich ließ sie den Schal von ihren Schultern gleiten und stand auf.
«Wir wollen tanzen.»
Nun war Tanzen das einzige, was Edward wirklich zur Vollkommenheit beherrschte. Wenn er und Maude auf der Tanzfläche im Palais de Danse erschienen, blieben die übrigen Paare stehen und schauten ihnen bewundernd zu.
«Beinahe hätte ich's vergessen», sagte die junge Frau plötzlich. «Das Halsband.»
Sie streckte die Hand aus. Völlig verdattert zog Edward das Schmuckstück aus der Tasche und gab es ihr. Zu seinem fassungslosen Erstaunen legte sie es sich ungerührt um den Hals.
Dann lächelte sie ihm berückend zu.
«Jetzt wollen wir tanzen», sagte sie leise.
Sie tanzten. Und im ganzen «Ritson's» gab es kein vollkommeneres Paar.
Als sie schließlich an ihren Tisch zurückkehrten, trat ein dandyhafter alter Herr auf Edwards Begleiterin zu.
«Ah, Lady Noreen – die unermüdliche Tänzerin! Ja, ja. Ist Captain Folliot heute abend hier?»
«Jimmy ist gestürzt – hat sich den Knöchel verstaucht»
«Was Sie nicht sagen! Wie ist das passiert?» «Weiß noch nichts Genaueres.»
Sie lachte und ging weiter.
Edward folgte ihr. In seinem Kopf drehte sich alles. Jetzt wußte er Bescheid. Lady Noreen Eliot, die berühmte Lady Noreen persönlich, wahrscheinlich die Frau in England, von der man am meisten sprach. Eine gefeierte Schönheit, berühmt für ihren Wagemut – Anführerin
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