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Meinung ändern, so kann ich mir das Mittel in jeder Apotheke kaufen. Danke.« Er wollte weitergehen, aber der Wagen, auf dem der beinlose Hausierer hockte, versperrte ihm noch immer den Weg.
»Miss Lee hat mit mir gesprochen«, sagte der Hausierer laut.
»Hmm«, machte Chien. Er bog um den Wagen herum und beschleunigte seine Schritte, entdeckte ein Hovertaxi und winkte es zu sich.
»Heute abend also werden Sie in der Jangtse-Villa mit dem Führer speisen«, fuhr der Hausierer fort und rollte angestrengt Atem holend hinter ihm her. »Nehmen Sie das Mittel – jetzt!« Auffordernd hielt er ihm ein kleines Päckchen entgegen. »Bitte, Parteigenosse Chien; um Ihretwillen, für uns alle. Damit wir wissen, mit wem wir es zu tun haben. Großer Gott, vielleicht ist es eine außerirdische Lebensform; das ist unsere größte Sorge. Verstehen Sie denn nicht, Chien? Was bedeutet Ihre gottverdammte Karriere im Vergleich dazu? Wenn wir es nicht herausfinden…«
Das Taxi kam neben dem Bürgersteig zum Stillstand; die Tür glitt auf. Chien stieg ein.
Das Päckchen flog an ihm vorbei, landete auf der Türschwelle des Wagens und rollte dann auf den Fahrzeugboden, und es war feucht vom Morgenregen.
»Bitte«, rief der Hausierer. »Es kostet Sie nichts; heute bekommen Sie es umsonst. Nehmen Sie es ruhig, nehmen Sie es vor dem Abendessen. Und lassen Sie die Finger von den Amphetaminen; sie wirken stimulierend auf den Thalamus und blockieren die Adrenalindämpfer, zu denen auch Phenothiazin gehört…«
Die Wagentür schloß sich hinter Chien. Er lehnte sich zurück.
»Wohin, Genosse?« fragte der Robotpilot.
Er nannte ihm die Koordinatenziffer seines Konap.
»Dieser Einfaltspinsel eines Hausierers hat es doch fertiggebracht, mein sauberes Inneres mit seinem schmierigen Tand zu beschmutzen«, beschwerte sich das Fahrzeug. »Hören Sie – es liegt direkt neben Ihren Füßen.«
Chien entdeckte das Päckchen – es sah ganz normal aus. Ich schätze, durchfuhr es ihn, auf diese Weise kommt man immer zu den Drogen; plötzlich sind sie da. Einen Moment lang saß er da und hob es schließlich auf.
Wie beim erstenmal, so war auch bei diesem Päckchen das Papier beschriftet, doch diesmal, erkannte er, war es ein handschriftlicher Text. Er stammte zweifellos von Miss Lee:
Wir waren von der plötzlichen Entscheidung überrascht. Aber Gott sei Dank waren wir mit allem fertig. Wo haben Sie Dienstag und Mittwoch gesteckt? Hier ist es jedenfalls, und viel Glück. Ich werde Sie am Wochenende aufsuchen; versuchen Sie nicht von sich aus, mit mir Kontakt aufzunehmen.
Er setzte die Notiz in Brand und ließ sie im Aschenbecher des Wagens verkohlen.
Und nahm die dunklen Körner.
Die ganze Zeit schon, dachte er. Halluzinogene in unserem Trinkwasser. Jahr für Jahr. Jahrzehntelang. Und nicht im Krieg, sondern im Frieden. Und nicht im feindlichen Lager, sondern bei uns. Dieser verdammte Bastard, fluchte er im stillen. Vielleicht sollte ich das Zeug wirklich nehmen; vielleicht sollte ich wirklich herauszufinden versuchen, wer oder was er ist und dann Tanyas Gruppe darüber informieren.
Und ich werde es tun, entschied er. Mit einem Mal hatte ihn die Neugier gepackt.
Ein gefährliches Gefühl, wie er wußte. Neugier war, vor allem in den Parteiangelegenheiten, für jede Karriere lebensgefährlich.
Von diesem Augenblick an war er der Neugierde verfallen. Er fragte sich, ob die Wirkung des Mittels den ganzen Abend lang anhalten würde, falls er sich tatsächlich dazu entschied, es zu nehmen.
Die Zeit würde es erweisen. Dies und alles andere. Wir sind die Menschenwunden in der Ebene, kam es ihm in den Sinn, die Wunden, die er schlägt. Wie es in dem arabischen Gedicht steht. Er versuchte sich an die restlichen Zeilen zu erinnern, aber es gelang ihm nicht.
Möglicherweise war es auch besser so.
Der Protokollbeamte der Villa, ein Japaner namens Kimo Okubara, ein großer und kräftiger Mann und offenbar ein ehemaliger Quonda m-Ringer, empfing ihn mit berufsmäßiger Feindseligkeit, die auch nicht wich, nachdem er ihm seine gravierte Einladung vorgelegt und seine Identität nachgewiesen hatte.
»Ich bin überrascht, daß Sie sich die Mühe gemacht haben, hierher zu kommen«, brummte Okubara. »Warum sind Sie nicht zu Hause vor dem Fernsehschirm geblieben? Niemand hätte Sie hier vermißt. Bis jetzt sind wir auch ohne Sie hervorragend zurechtgekommen.«
»Ich habe mir schon oft die Fernsehübertragungen angesehen«, erklärte Chien
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