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Die Bestie im Menschen

Die Bestie im Menschen

Titel: Die Bestie im Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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wenn sie ohne die Augen niederzuschlagen mit ihm zu sprechen wagte und von ihm jede Vergünstigung bewilligt erhielt, hatte sie sich nicht damals schon als die Herrin über ihn gefühlt, der, Anderen gegenüber so würdig und streng, durch seine Nachgiebigkeit von ihr sich das Anrecht auf alle Glückseligkeiten erwarb? O, über diesen schmutzigen Handel, diesen elenden Greis, der sich wie ein Großvater hätscheln ließ, das kleine Mädchen heranwachsen sah, fast stündlich dem Wachsthume ihres Körpers nachfühlte und die Zeit nicht erwarten konnte, bis die Frucht reif war.
    Roubaud stöhnte.
    »Wiederhole, in welchem Alter geschah es?«
    »Als ich sechzehn und ein halbes Jahr alt war.«
    »Du lügst.«
    Leugnen, mein Gott, warum jetzt noch? Ihre Schultern zuckten im Gefühle unermeßlicher Oede und Schwäche.
    »Und wo zum ersten Male?«
    »In la Croix-de-Maufras.«
    Er zögerte einen Augenblick, seine Lippen bewegten sich krampfhaft und ein gelblicher Schein flackerte in seinen Augen.
    »Und es hatte Folgen?
    Sie blieb stumm, doch als er die Faust schwang, sagte sie:
    »Du würdest mir ja doch nicht glauben.«
    »Sprich nur … Also keine Folgen?«
    Sie antwortete durch ein Schütteln mit dem Kopfe. So war es am besten. Er aber ließ nicht locker, er wollte die Szene bis in alle Einzelheiten kennen lernen. Aus anzüglichen Worten und gemeinen Redensarten bestand sein Fragen. Sie brachte die Zähne nicht mehr auseinander, sie blieb dabei, durch Zeichen mit dem Kopfe ja und nein zu sagen. Vielleicht hätte es beiden einige Linderung verschafft, wenn sie alles gestanden haben würde. Sie fürchtete aber durch Wiedergabe der Einzelheiten keine Erleichterung, sondern noch größeres Ungemach. Und auch ihn würden die haarsträubendsten Thatsachen nicht so gepeinigt haben, wie jetzt die Einbildung. Dieses wollüstige Wühlen aber nach der Wahrheit nährte und trieb die vergifteten Wogen der Eifersucht in seiner Brust wieder zur Empörung. Es war nun geschehen. So lange er lebte, konnte er jetzt nicht mehr diese abscheuliche Vorstellung aus seinen Gedanken bannen.
    Das Schluchzen würgte sie fast.
    »Ah, verflucht … ah, verflucht … nein, das kann nicht möglich sein, das ist zu viel, das kann nicht möglich sein!« Von Neuem schüttelte er sie.
    »Warum hast Du mich dann geheirathet. Du gottvergessene Dirne? … Wie ehrlos, mich so hintergangen zu haben! Die Verbrecherinnen im Gefängnisse sind nicht so schuldbelastet wie Du … Du verachtetest mich also, Du liebtest mich gar nicht? … He, warum hast Du mich geheirathet?«
    Sie machte eine flüchtige Bewegung. Wußte sie es in diesem Augenblicke selber? Als sie ihn heirathete, fühlte sie sich glücklich, war es doch nun mit dem Andern zu Ende. Giebt es doch so viele Dinge, die man nicht thun möchte und doch thut, weil es noch das Vernünftigste ist. Nein, sie liebte ihn nicht. Sie hütete sich aber, ihm zu sagen, daß sie ihn nie geheirathet haben würde, wenn ihre Vergangenheit eine andere gewesen wäre.
    »Ihm lag natürlich daran. Dich zu versorgen, nicht? Er fand auch solch ein gutes Schaf … Er wollte Dich versorgen, um auch das Spiel fortzusetzen, nicht? … Und Ihr habt es fortgesetzt –bei Deinen zweimaligen Besuchen. Deshalb hat er Dich damals eingeladen?«
    Ein Nicken mit dem Kopfe bestätigte es.
    »Und auch heute aus demselben Grunde? … Bis in alle Ewigkeiten also dieses kothige Treiben! Und wenn ich Dich nicht erwürge, geht die Geschichte weiter!«
    Seine krampfhaft zuckenden Hände tasteten schon nach ihrer Kehle. Aber diesmal schwieg sie nicht.
    »Da sieht man, wie ungerecht Du bist. Ich war es, die sich weigerte, dorthin zu reisen. Du wolltest mich sogar schicken, worüber ich so ärgerlich war, wie Du Dich erinnern wirst … Du siehst also, daß ich nicht mehr wollte, und nie wieder würde ich gewollt haben.«
    Er fühlte, daß sie die Wahrheit sagte, aber eine Erleichterung verschaffte ihm dieses Geständnis nicht. Das Eisen saß zu fest in seiner Brust, das, was zwischen ihr und jenem Manne geschehen, war nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Seine Ohnmacht, daß er nichts zur Ausmerzung des Geschehenen unternehmen konnte, peinigte ihn entsetzlich. Ohne sie freizulassen, näherte er sein Gesicht abermals dem ihrigen; er schien von ihrem Anblick wie behext, ihm war, als könnte er sich nicht eher losreißen, als bis er aus dem Blut ihrer blauen Äderchen ihr ganzes Geständniß herausgelesen hätte.
    »In la Croix-de-Maufras, in dem rothen

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