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Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)

Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)

Titel: Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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gutes Zeichen.
    Die Krankenschwester, die meinen Arm mit einem Antiseptikum betupft, sieht nicht meine Wunde an, sondern beobachtet das Treiben um uns herum. Man hat mir gesagt, es sei nur ein Kratzer, kein Grund zur Sorge.
    » Ich kann warten, wenn andere Dinge zu tun sind « , sage ich. » Ich bin ohnehin auf der Suche nach jemandem. «
    Sie presst die Lippen zusammen, dann sagt sie: » Das muss genäht werden. «
    » Es ist nur ein Kratzer! «
    » Nicht der Arm, die Stirn « , sagt sie und zeigt auf eine Stelle über meinem Auge. In all dem Tumult habe ich die Platzwunde fast vergessen, aber sie blutet immer noch.
    » Na schön. «
    » Ich werde dir ein Betäubungsmittel geben « , erklärt sie und hält eine Spritze hoch.
    Ich bin so an Nadeln gewöhnt, dass ich nicht einmal mit der Wimper zucke. Sie tupft Antiseptikum auf meine Stirn – sie sind hier sehr vorsichtig, was Keime betrifft –, und ich spüre den Stich und das Kribbeln der Nadel, das aber innerhalb von Sekunden nachlässt, als die Wirkung des Betäubungsmittels einsetzt.
    Während sie meine Wunde näht, beobachte ich die vorbeieilenden Menschen – ein Arzt zieht blutbefleckte Gummihandschuhe aus; ein Krankenpfleger trägt ein Tablett mit Gaze, seine Schuhe rutschen fast auf den Fliesen aus; das Familienmitglied eines Verletzten ringt die Hände. Die Luft riecht nach Chemikalien und altem Papier und warmen Körpern.
    » Irgendwas Neues von David? « , frage ich.
    » Er wird’s überleben, aber es wird lange dauern, bis er wieder gehen kann « , sagt sie. Ihr zusammengekniffener Mund entspannt sich, aber nur für einige Sekunden. » Hätte erheblich schlimmer ausgehen können, wenn du nicht da gewesen wärst. So, das war’s. «
    Ich nicke. Gerne würde ich ihr sagen, dass ich keine Heldin bin, dass ich ihn als Schutzschild benutzt habe, wie eine Mauer aus Fleisch und Blut. Ich würde ihr gestehen, dass ich das Amt aus tiefstem Herzen hasse und auch David, und dass ich es in Kauf nehmen würde, dass ein anderer mit Kugeln durchlöchert wird, nur um mich selbst zu retten. Meine Eltern würden sich für mich schämen.
    Sie legt einen Verband über die Stiche, um die Wunde zu schützen, und sammelt die Verpackungsfolie und die durchweichte Baumwolle ein, um sie wegzuwerfen.
    Bevor ich mich bei ihr bedanken kann, ist sie fort, beim nächsten Bett, beim nächsten Patienten, bei der nächsten Verletzung.
    Verletzte Menschen säumen den Flur vor der Notaufnahme. Soweit ich gehört habe, gab es offenbar nicht nur eine, sondern gleich zwei Explosionen. Beide waren Ablenkungsmanöver. Unsere Angreifer sind durch den unterirdischen Tunnel gekommen, wie Nita es geplant hatte. Dass sie Löcher in die Wände sprengen, hat sie nicht erwähnt.
    Die Türen am Ende des Flurs schwingen auf und mehrere Menschen eilen herein. Sie tragen eine junge Frau – Nita. Sie legen sie auf eine Pritsche an der Wand. Sie stöhnt und umklammert einen Packen Gaze, der auf die Wunde gepresst ist. Irgendwie berührt mich ihr Schmerz nicht wirklich. Ich habe auf sie geschossen. Ich musste es tun. Damit ist der Fall erledigt.
    Als ich zwischen den Verwundeten durch den Gang gehe, fallen mir die Uniformen auf. Alle, die hier sitzen, tragen Grün. Mit wenigen Ausnahmen gehören sie alle zum Wartungspersonal. Sie halten sich blutende Arme oder Beine oder Köpfe, die meisten sind ungefähr so schwer verletzt wie ich, manche von ihnen hat es aber auch schlimmer erwischt.
    Ich betrachte mein Spiegelbild in den Fenstern am Ende des Hauptflurs – mein Haar ist strähnig und schlaff, und der Verband verdeckt einen Großteil meiner Stirn. Meine Kleider sind mit meinem und Davids Blut verschmiert. Ich muss duschen und mich umziehen, aber zuerst will ich Tobias und Christina sprechen. Seit dem Beginn des Angriffs habe ich keinen von beiden gesehen.
    Christina entdecke ich sofort – sie sitzt im Wartezimmer der Notaufnahme, und ihre Knie zittern so heftig, dass die Person neben ihr sie verärgert anstarrt. Christina hebt die Hand, als sie mich sieht, aber ihr Blick schweift zur Tür.
    » Bist du in Ordnung? « , fragt sie mich.
    » Ja « , sage ich. » Es gibt immer noch nichts Neues von Uriah. Sie haben mich nicht zu ihm gelassen. «
    » Diese Leute machen mich verrückt, weißt du? « , sagt sie. » Sie wollen einem nichts sagen. Sie erlauben uns nicht, zu ihm zu gehen. Sie tun so, als gehörte er ihnen und als könnten sie mit ihm machen, was sie wollen! «
    » Sie arbeiten hier anders.

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