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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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Schwertknauf des Gladius legte und die Stadt an sich vorüberziehen ließ.
    Wer war der Mann gewesen? Was bedeutete der letzte Ruf aus seiner Kehle: «Gott will es!», bevor er sich offenbar selbst in den Tod geschickt hatte, auch wenn er damit sicherlich ihn und Nilah hatte mitreißen wollen. So konnte das nicht weitergehen. Ständig auf der Flucht, abhängig von Zufällen und anderen Menschen, denen er nicht vertrauen sollte, es aber zuweilen musste. Jetzt hatten sie nicht nur Sunabrus Schmerzbringer auf ihren Fersen, sondern auch noch Gegner, die in dieser Welt zu Hause waren, aber nicht unwissend um die seine. Nur was konnte er tun? Was würden sie auf diesem Bauernhof tun? Sich erholen, nur um dann erneut fortzulaufen? Erneut kämpfen und womöglich Leute damit in Gefahr bringen, die mit all dem nichts zu tun hatten? Was sollte er überhaupt tun? Ein schweres Seufzen entwich ihm, das ein wenig den Druck aus seinen Gedanken nahm.
    Als wäre das ein Zeichen gewesen, plauderte Ian auf einmal 'drauf los, erzählte von einem Ort namens Belfast, den er seit über sechzehn Jahren nicht mehr gesehen hatte, von einer Tauchschule, die er eröffnet hatte an einem Strand, den er Costa del Sol nannte, die er aber in den Sand gesetzt hatte.
    Liran hörte nur halb zu, während er diese große Stadt durchfuhr. Abermals fragte er sich, wie man freiwillig an einem Ort leben konnte, der keinen Horizont besaß. Wo selbst der Himmel nur aus Abschnitten bestand und man bei Nacht kaum Sterne sehen konnte. Es schien ihm, als drückten die vielen Gebäude seine Seele zusammen, als rissen ihm die vielen Lichter und Geräusche Kratzer unter seine Haut. Wäre Ril doch nur hier! , dachte er verzweifelt. Sie hätte all das ausgelacht, die Stadt, ihre strömenden Massen, die Maschinen mit denen sie sich bewegten. Sie hätte selbst der schlechten Luft ins Gesicht gegrinst und ihm damit die Bürde genommen, sich so allein in dieser Welt zu fühlen.
    Vorne drückte Ian auf eines dieser Sprechgeräte und fädelte sich in den Verkehr ein, um auf eine Straße mit einem großen, blauen Schild und einem Pfeil darauf zu gelangen. Aber Liran blickte nur auf das Gesicht neben sich, das schweißnass und seltsam erschrocken aussah. Nilah hatte nicht die Augen geschlossen, sondern schaute ins Nirgendwo, so schien es. Dann begannen Regentropfen auf das Dach zu prasseln, und es hörte sich an, als schütte jemand Steine auf das Dach des Wagens.
    Ian tippte selbst in den Kurven noch halbwegs zielsicher auf sein Sprechgerät ein.
    «Liam. Nimm ab, Du verdammter, schwerhöriger Ire!» Dann schien die Verbindung zu klappen.
    «Liam? Ja, ich bin es, Ian. Hör zu, wir fahren Richtung Westen. Du weißt, wo der Hof von C.J. ist? Komm dahin, o.k., und bring ein bisschen 'was mit, wenn Du verstehst, was ich meine» und fügte etwas auf gälisch hinzu, das Liran aufhorchen ließ.
     
    Das Handy klingelte. Einmal, zweimal ...
    Liam zwinkerte. Regentropfen fielen in seine roten, lockigen Haare, rannen an seinen Augenbrauen herunter, liefen seine Wange entlang und endeten dann auf der Straße. Er sah ihnen nach und bewunderte kurz die Kreise, die sie in der Pfütze zogen, in denen seine Stiefel gerade standen. Das Klingeln wurde immer lauter.
    Er nahm ab.
    «Ja?»
    Er hörte zu. Richtung Westen. Natürlich kannte er den Bauernhof. Was mitbringen ...
    Die Mündung drückte sich tiefer in seinen Hals.
    «Welcher Hof?», fragte der Mann, der noch keine fünf Minuten zuvor wie ein Blitz aus dem Nichts seine Seitenscheibe eingeschlagen hatte und ihm dann eine Waffe an den Kopf gehalten hatte. Liam hasste Profis.
    Er nannte den Ort. Sie verpassten ihm Klebeband, trugen ihn zu dem Van und schmissen ihn wie einen Sack Kartoffeln in den Laderaum.
    «Wenn Du Scheiße erzählt hast, bist Du tot», sagte einer der vier Männer, die Skimasken über ihren Gesichtern trugen. Dann fuhren sie los.
     
    Ian schaltete wütend die Freisprechanlage aus, schimpfte auf so ziemlich jeden anderen Verkehrsteilnehmer und stellte nicht nur die Herkunft ihrer Führerscheine, sondern auch die ihrer Mütter in Frage.
    «Was ist los?», fragte Liran.
    «Keine Ahnung», rief Ian zurück. Seine Augen blitzten misstrauisch im Rückspiegel.
    «Sonst ist Liam eine echte Plaudertasche. Er hätte bestimmt versucht, ein paar heroische Geschichten zu erzählen, wie er die Kerle abgehängt hat ... aber da war etwas in seiner Stimme, das hat mir nicht gefallen.»
    «Und was?»
    «Angst, mein Freund. Eine

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