Die bezaubernde Arabella
findest du nicht mehr als dreißigtausend Pfund. Die Meine stellt die bei weitem in Schatten. Man nennt sie allgemein Lady Dives.«
»Wer nennt sie so?« erkundigte sich die mißtrauische Tante.
Wieder setzte Mr. Epworth seine Hand in Bewegung, diesmal nordwärts deutend. »Ach, da oben, irgendwo in Yorkshire, hinter der Welt! Vermutlich eine Kaufmannstochter, Wolle, Baumwolle oder etwas dergleichen. Schade, aber ich darf mich nicht daran stoßen. Und sie soll reizend sein.«
»Hab noch nie davon gehört! Wer ist sie? Und wer sagt dir, daß sie reich ist?«
»Habe es gestern abend im Great-Go von Fleetwood gehört«, erklärte er nachlässig.
»Der Schwätzer! Ich wollte, du gingst nicht so oft zu Watier, Horace! Laß dich warnen, an mich kannst du dich nicht wenden! Ich selber habe keine Guinea mehr, und Mr. Penkridge kann ich nicht um Hilfe für dich bitten, bevor er das letzte Mal nicht vergessen hat.«
»Bring mich mit der Kleinen zusammen, und Penkridge ist mich mit Handkuß los«, erwiderte Mr. Epworth und illustrierte das Wort mit der Gebärde. »Du bist doch mit Lady Bridlington bekannt? Die Kleine wohnt bei ihr.«
Sie starrte ihn an. »Wenn Arabella Bridlington eine Erbin im Hause hätte, würde sie in ganz London damit herumprahlen.«
»Tut sie nicht. Fleetwood sagte mir, daß die Kleine es geheimhalten will. Will nicht wegen ihres Vermögens umworben sein. Hübsches Ding, wie Fleetwood behauptet. Der Name ist Tallant.«
»Hab in meinem Leben von keinem Tallant gehört.«
»Wie solltest du auch? Kann nur wieder sagen, daß sie aus irgendeinem entlegenen Winkel im Norden stammt.«
»Ich würde nicht auf ein Pferd setzen, das Fleetwood empfiehlt.«
»Es handelt sich nicht um ihn, es ist der Nonpareil. Der kennt die Familie. Er bürgt für die Kleine.«
Plötzlich war ihr Gesicht verändert; ihr Blick wurde noch schärfer. »Beaumaris? Wenn der für sie bürgt! Kann sie vorgestellt werden?«
Seine Antwort klang wie ein Protest: »Bei meiner Seele, wie kannst du nur eine so törichte Frage stellen? Da kann ich nur sagen: würde Beaumaris für ein Mädchen bürgen, dessen Ruf nicht tadellos ist?«
»Nein, das würde er wohl nicht«, sagte sie entschieden. »Wenn das wahr ist, wenn sie keine vulgäre Verwandtschaft hat, dann wäre dies wohl das Richtige für dich, mein lieber Horace.«
»Dachte ich eben auch.«
»Ich besuche Lady Bridlington morgen vormittag. Es ist mir ein wenig lästig, denn ich habe nie sehr gut mit ihr gestanden, aber das ändert natürlich die Umstände. Überlaß es mir!«
Und so fand Lady Bridlington sich von Mrs. Penkridge mit Aufmerksamkeiten beehrt. Da sie bisher noch nie zu einer ihrer exklusiven Gesellschaften gebeten worden war, fühlte sie sich sehr gehoben und nahm die Gelegenheit wahr, Mrs. Penkridge zu ihrer eigenen Abendgesellschaft zu bitten. Mrs. Penkridge nahm mit einem dünnen Lächeln an, versicherte, ihr Gatte werde bestimmt gern kommen, und erwog im Weggehen, welche ältere Verpflichtung sie für ihn ausdenken sollte, um ihm einen öden Abend zu ersparen und als Ersatz den Neffen als Begleiter mitbringen zu können.
6
LADT BRIDLINGTON rechnete nicht damit, daß Arabellas erster Abend ein Fehlschlag werden könnte, denn sie verstand es, Gesellschaften zu geben, und bot ihren Gästen nur die besten Weine und Erfrischungen an; auf solch einen Erfolg aber hatte sie nicht gerechnet! Was ihr vorgeschwebt hatte, war, Arabella einigen Damen bekannt zu machen. Daß ein brillantes gesellschaftliches Ereignis daraus werden würde, lag nicht in ihren Berechnungen. Und obwohl sie eine ganze Reihe von Junggesellen eingeladen hatte, war an Tanz oder Kartenspiel nicht gedacht, und so hatte sie kaum gehofft, mehr als die Hälfte der Geladenen in ihren geräumigen Salons zu sehen. Ihre einzige Sorge war, daß Arabella vorteilhaft aussah und nicht ihre Zukunft durch eine Ungeschicklichkeit oder eine Anspielung auf das beklagenswerte Pfarrhaus in Yorkshire verdarb. Im allgemeinen benahm das Kind sich recht geschickt, doch gelegentlich erschreckte sie ihre Beschützerin durch impulsive Handlungen, die so befremdlich waren, daß man sie störend empfand, oder gar durch Bemerkungen, die auf die Bescheidenheit ihrer Herkunft schließen ließen. So hatte sie ganz ernsthaft in Gegenwart des Kammerdieners gefragt, ob sie beim Herrichten der Zimmer für den Abend mithelfen sollte, ganz, als ob sie erwartet hätte, mit Staubwedel und Schürze ans Werk zu gehen. Nicht leicht würde
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