Die bezaubernde Arabella
viel freundlicher, als ich dachte. Es wird Sophy interessieren, zu hören, daß Lord Fleetwood, den ich auf der Reise kennenlernte, wie ich Euch schon aus Grantham schrieb, uns eine morgendliche Visite machte, um sich nach meinem Ergehen zu erkundigen; ich fand das schrecklich freundlich und nett von ihm. Auch Mister Beaumaris war da, aber wir waren gerade in den Park gefahren. So ließ er nur seine Karte hier. Lady Bridlington war ganz aus dem Häuschen und legte die Karte ganz zuoberst, was ich höchst sinnlos finde, aber die Welt ist eben so, und darum muß ich daran denken, was Papa über die Narrheit und Hohlheit der eleganten Welt sagte.« Das schien genug über Mr. Beaumaris geäußert. »Lady Bridlington ist die Güte in Person, und ich möchte annehmen, daß Lord Bridlington ein höchst achtbarer junger Mann und keineswegs so vergnügungssüchtig ist, wie Papa fürchtete. Er heißt Frederick und bereist gerade Deutschland. Er hat sich schon eine Menge Schlachtfelder angesehen. Er schreibt darüber sehr interessante Briefe an seine Mama, die Papa bestimmt gefallen würden, denn er hegt durchaus die geziemenden Gefühle und moralisiert über alles, was er sieht, auf die erhebendste Weise, allerdings etwas weitschweifig.« Arabella bemerkte, daß ihr nicht mehr viel Platz blieb, und so schloß sie etwas abrupt: »Ich würde Euch mehr schreiben, nur möchte ich nicht, daß Papa für das zweite Blatt sechs Pence nachzahlen muß. Alles Liebe den Brüdern und Schwestern, meine Ergebenheit für den lieben Papa, Deine Dich immer liebende Tochter Arabella.«
Das war ein vielverheißender Anfang für Mama und die Mädchen, auch reichlicher Gesprächsstoff, selbst wenn vieles ungeschrieben blieb. Ganz konnte man nicht der Versuchung widerstehen, ein wenig mit den Komplimenten zu prahlen, die eine königliche Hoheit einem gesagt, man erwähnte auch, daß ein Pair des Reiches sich nach dem Ergehen eines jungen Mädchens erkundigt – und den großen Mr. Beaumaris, selbst wenn einem gar nichts daran lag… aber man konnte Mama natürlich nicht sagen, wie reizend, wie erstaunlich lieb alle zu dem bedeutungslosen Landmädchen aus Yorkshire waren.
Und sie waren es. Ob man nun in der Bond Street Einkäufe besorgte, an milden Nachmittagen in den Hyde Park fuhr, dem Gottesdienst in der Hofkapelle beiwohnte, überall traf Lady Bridlington Bekannte und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf Arabella. Einige gar gestrenge Witfrauen, von denen zu erwarten stand, daß sie Arabella übersehen würden, zeigten ihr die freundlichste Miene, richteten die liebenswürdigsten Fragen an sie und bestanden darauf, daß Lady Bridlington sie bald zu ihnen bringe. Einige machten ihre Töchter mit Arabella bekannt und regten gemeinsame Spaziergänge im Green Park an, so daß Arabella gar bald den Eindruck hatte, in London über viele Bekannte zu verfügen. Auch die Herren zeigten sich nicht zurückhaltend. Es war etwas ganz Selbstverständliches, daß irgendein Spaziergänger im Park an Lady Bridlingtons Wagen herantrat und mit ihr und ihrem hübschen Schützling plauderte, während manch anderer modischer junger Herr, den Ihre Ladyschaft nur flüchtig kannte, plötzlich unter Vorwänden, die selbst der nicht allzu scharf nachdenkenden Lady Bridlington herbeigezogen schienen, zu einer morgendlichen Visite antrat.
Sie war ein klein wenig überrascht, ließ sich aber nach kurzem Besinnen leicht zu der Auffassung bringen, daß dies alles Höflichkeitsbesuche waren. Man wollte sich ihr angenehm machen, sie galt mehr, weil sie Arabella so geschickt in die Gesellschaft einführte. Was sonderlich die Gentlemen betraf, hatte sie vom ersten Blick an gewußt, daß das bezaubernde Gesicht, die reizende Gestalt und das liebenswürdige Benehmen ihres Patenkindes nicht verfehlen konnten, Bewunderung auf sich zu ziehen. Wenn Arabella ihr berückendes Lächeln aufsetzte, zeigte sie Grübchen in den Wangen, die schelmisch und verführerisch waren. Nur die hartgesottensten Männer, so dachte Lady Bridlington neidvoll, konnten sich beim Anblick dieses Lächelns unwirsch zeigen, und selbst die würden es nachher bedauern.
Doch alle diese Erwägungen reichten nicht aus, die Morgenbesuche einiger hochmütiger Damen der großen Welt zu erklären, die Lady Bridlington bisher höchstens zu großen Gesellschaften eingeladen oder bei der Ausfahrt ein Kopfnicken mit ihr ausgetauscht hatten. Am erstaunlichsten war Lady Somercote. Sie sprach in der Park Street vor, als Arabella
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