Die Beziehungs-Trickkiste
miteinander eins fühlen, aber man wird nie miteinander eins sein, weil keiner der Partner seine Individualität aufgeben kann. Wenn das möglich wäre, wen sollte der andere dann lieben?
Sich auseinanderzusetzen erdet die Beziehung, weil man aus dem damit verbundenen Abstand erkennt, wer der andere (auch noch) ist, und weil man sich als der zu erkennen gibt, der man (auch noch) ist. Wer seine individuellen Eigenarten zeigt, schafft die Voraussetzung dafür, dass sie in der Beziehung ihren Platz finden. Nur wenn man in einer Beziehung der sein kann, der man (auch noch) ist, behält die Beziehung über die Zeit ihren Wert.
Wer glaubt, er käme in einer Beziehung um Auseinandersetzungen herum, wird früher oder später in einem offenen oder stummen Machtkampf landen. Der Versuch, ständig eins miteinander zu sein, führt zu Atemnot. Der Bedrängte provoziert dann unbewusst Streit und Konflikte â und schon ist Abstand da. Abstand ist nötig. Entweder man lässt ihn aus freien Stücken zu oder er geschieht gegen den eigenen oder auch gegen den gemeinsamen Willen.
Auf den Punkt gebracht
⢠Bei Auseinandersetzungen ist es wichtig, dass sich Standpunkte und Meinungen begegnen. Vor der Einigung liegt die Abgrenzung, wer kein Gegenüber hat, das er anfassen und an dem er sich reiben kann, der ist auf eine spezielle Art allein gelassen.
⢠Erfolgreich geführte Auseinandersetzungen führen zu Einsicht und Mitgefühl und im besten Fall zu neuer Verbundenheit.
⢠Vieles lässt sich leichter in der Nähe zeigen, sagen und tun. Vertrautes, Zartes, Liebevolles. Doch der Abstand ist ebenso wichtig.
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Aus der Trickkiste
Auseinandersetzen oder zusammensetzen? Wenn es etwas zu klären gibt, das mit unterschiedlichen Meinungen, Standpunkten und Einstellungen zu tun hat, sollte man sich an dem Wort âAuseinandersetzungâ orientieren â und sich tatsächlich räumlich ein Stück auseinander setzen. Bringen Sie ein oder zwei Meter Abstand oder einen Tisch zwischen sich. Sie werden feststellen, dass es leichter ist, aus dieser Distanz heraus das zu sagen, was Sie vom Partner unterscheidet.
Wenn die Entfernung nicht reicht, vergröÃern Sie die Distanz räumlich, etwa auf drei oder vier Meter. So wird spürbar, dass zwischen Ihnen und dem Partner ein Abstand besteht, und dass jeder seinen eigenen Raum braucht, um sich wahrzunehmen und sich als eigener Mensch mitzuteilen.
Wenn es um die Mitteilung von Dingen geht, die Ihnen nicht leicht fallen, dann kann es allerdings auch besser sein, die körperliche Nähe zu suchen. Man kann es sich auf dem Sofa bequem machen, Körperkontakt und Blickkontakt halten und sich einander anvertrauen. Etwa dann, wenn man zeigen will, dass man sich verletzt fühlt, wenn man sich für etwas schämt oder wenn man um Verzeihung für ein Verhalten bitten will.
Entschuldigungen
Partner tun sich gegenseitig einiges an, wofür sie sich entschuldigen wollen oder wofür der andere eine Entschuldigung verlangt. Doch der Satz âIch entschuldige mich bei dirâ ist nicht besonders stimmig. Man kann sich nicht selbst entschuldigen, das kann nur der andere für einen tun. Und darum kann man bitten.
Wer ist schuld?
Ich halte Entschuldigungen dann für sinnvoll, wenn die Frage der Schuld von den Partnern eindeutig beantwortet werden kann. Das ist eher selten der Fall, weil dem bösen Wort oder der gemeinen Tat des einen immer etwas auf Seiten des anderen Partners vorausgegangen ist. Steht eine Schuld jedoch eindeutig fest und genügt deren Bekenntnis, dann erscheint es auch sinnvoll, zu âvergebenâ oder zu âverzeihenâ.
Dein Leid tut mir leid
Insgesamt komme ich mit dem Bekenntnis des Leides (âEs tut mir leid.â) allerdings besser klar als mit Entschuldigungen. Man kann dem Partner aufrichtig bekennen, dass einem die Worte, die man gesagt, oder eine Handlung, die man getan hat, leidtun. âEs tut mir leid, kannst du mir verzeihen?â
Zuzugeben, dass man unter dem Leid des Partners leidet, drückt Verbundenheit mit ihm aus. Man kann dessen Schmerz in sich selbst fühlen â und das zu erkennen und zu spüren, wird dem Partner guttun.
Das Bekenntnis des eigenen Leids wird aber nur wirken, wenn es sich nicht um leere Worthülsen handelt, sondern wenn es vom anderen gefühlt werden kann. Ein gereizt dahingeworfenes âTut mir leid!â wird
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