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Die Bibel nach Biff

Die Bibel nach Biff

Titel: Die Bibel nach Biff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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mehr als einmal eine ordentliche Schelle verpasst. Dieses war das erste Mal.
    Maria sollte meine einzig große Liebe bleiben, bis ich die Magdalena sah.
    Sollte das Volk von Nazareth Josuas Mutter für verrückt gehalten haben, so wurde aus Respekt vor ihrem Gatten Josef kaum jemals etwas davon laut. Er war weise, was das Gesetz anging, die Propheten und die Psalme, und es gab nur wenige Frauen in Nazareth, die das Abendessen nicht in einer seiner polierten Schalen aus Olivenholz auftischten. Er war gerecht, stark und weise. Die Leute sagten, er sei einst Essener gewesen, einer dieser mürrischen, asketischen Juden, die für sich blieben und weder heirateten noch sich das Haar schnitten, aber er nahm an deren Versammlungen nicht teil und hatte sich - im Gegensatz zu ihnen - die Fähigkeit zu lächeln bewahrt.
    In jenen frühen Tagen sah ich ihn nur selten, denn er arbeitete meist in Sephoris, baute Häuser für die Römer, die Griechen und jüdische Großgrundbesitzer jener Stadt, doch jedes Jahr, wenn das Fest der Ersten nahte, legte Josef seine Arbeit in der Festungsstadt nieder und blieb zu Hause, um Schalen und Löffel zu schnitzen, die er dem Tempel spenden wollte. Während des Festes der Ersten war es Sitte, erste Lämmer, erstes Korn und erste Früchte den Priestern des Tempels zu weihen. Selbst erstgeborene Söhne, die in jenem Jahr zur Welt gekommen waren, wurden dem Tempel geweiht, entweder indem man versprach, dass sie später, wenn sie älter wären, für die Priester arbeiten sollten, oder durch ein Geldgeschenk. Handwerker wie mein Vater und Josef durften Dinge geben, die sie herstellten, und in manchen Jahren fertigte mein Vater Mörser und Stößel oder Mahlsteine als Tribut, während er in anderen einen Zehnten in Form von Münzen zahlte. Manche Leute gingen für dieses Fest auf Pilgerfahrt nach Jerusalem, aber da es nur sieben Wochen nach dem Passahfest stattfand, konnten sich viele Familien die Reise nicht leisten, und ihre Gaben gingen an unsere schlichte Dorfsynagoge.
    Während der Wochen vor dem Fest saß Josef vor seinem Haus im Schatten der selbst gebauten Markise und bearbeitete knorriges Olivenholz mit Dechsel und Beitel, während Josua und ich zu seinen Füßen spielten. Er trug die einteilige Tunika, die wir alle trugen, ein Viereck aus Stoff mit einem Halsloch in der Mitte, gegürtet mit einer Schärpe, so dass die Ärmel bis zu den Ellbogen reichten und der Saum bis zu den Knien ging.
    »Vielleicht sollte ich dem Tempel in diesem Jahr meinen Erstgeborenen schenken, was meinst du, Josua? Würde es dir nicht gefallen, nach den Opferungen den Altar zu reinigen?« Er lächelte vor sich hin, ohne von seiner Arbeit aufzublicken. »Du weißt, dass ich ihnen einen Erstgeborenen schulde. Wir waren beim Fest der Ersten in Ägypten, als du gerade geboren warst.«
    Die Vorstellung, mit Blut in Berührung zu kommen, versetzte Josua offenbar in Angst und Schrecken, wie es jedem jüdischen Jungen ergangen wäre. »Gib ihnen Jakobus, Abba, er ist dein Erstgeborener.«
    Josef warf einen Blick in meine Richtung, um zu sehen, ob ich reagierte. Das tat ich, wenn auch nur, weil ich an meinen eigenen Stand als Erstgeborener dachte und hoffte, mein Vater käme nicht auf ähnliche Gedanken. »Jakobus ist der Zweitgeborene. Die Priester wollen keine Zweitgeborenen. Du wirst es sein müssen.«
    Josua sah erst mich an, bevor er antwortete, dann seinen Vater. Dann lächelte er. »Aber Abba, falls du sterben solltest, wer sorgt dann für Mutter, wenn ich im Tempel bin?«
    »Irgendjemand wird sich schon um sie kümmern«, sagte ich.
    »Da bin ich mir sicher.«
    »Ich sterbe noch lange nicht.« Josef zupfte an seinem grauen Bart. »Mein Bart wird weiß, aber es ist noch eine Menge Leben in mir.« »Sei dir nicht so sicher, Abba«, sagte Josua.
    Josef ließ die Schale sinken, an der er arbeitete, und starrte auf seine Hände. »Lauft nur und spielt, ihr zwei«, sagte er. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
    Josua stand auf und ging. Am liebsten hätte ich meine Arme um den alten Mann geschlungen, denn nie zuvor hatte ich gesehen, wie sich ein erwachsener Mann fürchtete, und es ängstigte auch mich. »Kann ich helfen?«, sagte ich und deutete auf die halbfertige Schale auf Josefs Schoß.
    »Geh du nur mit Josua. Er braucht einen Freund, der ihn lehrt, Mensch zu sein. Dann kann ich ihm beibringen, ein Mann zu werden.«
    2
     
    Der Engel möchte, dass ich mehr von Josuas Erhabenheit erkennen lasse. Erhabenheit?

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