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Die Bibel

Die Bibel

Titel: Die Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Nürnberger
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weitergehen, sagen die Frauen. Wir bleiben zusammen, bis Jesus wiederkommt. Er hat doch gesagt, dass er wiederkommen wird.
    Thomas antwortet, dass er dies, nach allem, was vorgefallen ist, so wenig glaubt, wie er noch glaubt, dass Jesus der Messias war. Darum werde für ihn jetzt gar nichts weitergehen. Die Sache sei gelaufen, er habe sich geirrt und vor aller Welt blamiert. Das, woran er mal geglaubt hatte, habe die schlimmstmögliche Wendung genommen. Also werde er jetzt einfach beschämt in sein früheres Leben zurückkehren, den alten Beruf wieder ausüben und sich künftig hüten, neu auftretenden Messiassen auf den Leim zu gehen.
    Einige stimmen lebhaft zu, einige schweigen, andere stellen Vermutungen an, suchen nach Gründen, warum sie diesem Jesus auf den Leim gegangen sind. Sie bezichtigen sich und die anderen der Einfalt und Dummheit, behaupten, eigentlich immer schon an dem Ganzen gezweifelt und in letzter Zeit sogar geahnt zu haben, dass alles katastrophal enden würde – bis Maria Magdalenalaut und heftig widerspricht, sich einiger Worte des Toten erinnert und sagt: So dumm ist das doch alles gar nicht gewesen, was Jesus zeit seines Lebens gesagt und getan hatte.
    Jakobus stimmt zu und sagt: Er ist jetzt zwar tot, aber bleibt nicht wahr, was er uns gelehrt hat? Nein, wir waren nicht dumm. Wir mussten so handeln, wie wir handelten, weil uns seine Worte unmittelbar einleuchteten. Und eigentlich leuchten sie mir immer noch ein.
    Petrus sagt, er fühle sich mitschuldig am Tod Jesu. Andere murmeln etwas von eigenem Versagen und vermuten, dass Jesus vielleicht noch lebte, wenn sie, statt zu fliehen und ihn mutterseelenallein zu lassen, die Öffentlichkeit informiert und mutig vor dem Hohen Rat protestiert hätten. Einige weinen. Andere trösten sie. Thomas widerspricht und fragt provozierend in die Runde, ob sie es vielleicht besser gefunden hätten, mit Jesus ans Kreuz genagelt zu werden?
    Dann gehen sie auseinander, hängen allein ihren Gedanken nach, kommen wieder zusammen, reden, tauschen Erinnerungen aus, drei Tage lang, vierzig Tage lang, sieben Wochen.
    Allmählich teilt sich die Gruppe in zwei Lager. Die einen haben keine Lust mehr, wollen, dass man sich jetzt einfach auflöst und jeder seiner Wege geht. Die anderen, besonders die Frauen, sind noch nicht fertig miteinander und mit dem Geschehenen, wollen auch in Zukunft zusammenkommen. Die Treffen gehen weiter. Einige bleiben weg.
    Irgendwann erinnert Andreas sich und die anderen an jene denkwürdige Predigt Jesu, die später unter dem Namen «Bergpredigt» Berühmtheit erlangte und bis heute den Kern christlicher Ethik ausmacht. Damals, als sie mit Jesus auf dem Berg gewesen sind, auf dem er vor vielen Leuten gepredigt hat, hatte er unter anderem gesagt:
Glückselig sind die geistlich Armen, denn ihrer ist das Reich der Himmel.
Und Andreas fragt: Sind das nicht wir, die «geistlich Armen»? Wir sind doch völlig ratlos, orientierungslos, ohneHoffnung, krisengeschüttelt. Warum aber sind wir nicht glückselig, sondern fühlen uns jämmerlich?
    Er hat auch gesagt,
glückselig sind die Trauernden, denn sie sollen getröstet werden
, aber wie sollen wir uns trösten? Ist da jemand, der uns trösten kann?, fragt Thomas.
    Ja, und die Sanftmütigen sind glückselig, hat er gesagt, die Barmherzigen, die Friedfertigen, die reinen Herzens sind und die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten, ergänzt Jakobus.
    Schöne Worte, sagt Thomas, helfen sie irgendeinem von euch? Gebt doch zu, dass ihr einem Phantom aufgesessen seid. Drei Jahre lang sprach dieser angebliche Messias von nichts anderem als von großen Ereignissen, die der Welt bevorstehen, und was ist jetzt? Tot ist er, und die Welt geht weiter ihren normalen Gang.
    Und doch bin ich nicht bereit, die zurückliegenden Jahre mit Jesus als verloren zu betrachten, sagt Johannes. Das, was er auf dem Berg gesagt hat, das stimmt doch immer noch, beispielsweise dieser Satz:
Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, so biete ihm auch die andere dar, und wer mit dir vor Gericht gehen und dein Hemd nehmen will, dem lass auch den Mantel
. Ich hielt das damals für verrückt. Heute leuchtet es mir ein.
    Glaubst du, die Römer würde das beeindrucken?, fragt Thomas. Glaubst du, dass sie das davon abhalten würde, dir auch rechts eine reinzuhauen?
    Nein, glaube ich nicht, sagt Johannes. Jesus hat auch nicht die Römer gemeint, sondern uns. Wir sollen so miteinander umgehen, nicht die Römer. Aber wenn die

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