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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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kauerte mich auf den Boden neben der Tür und sah durch Luft hindurch, die man mit dem Messer hätte schneiden können. Ich sah, wie er sie an der Schulter packte und schüttelte, ihr Kopf fiel vor und zurück. Ich sah das Weiß seiner Lippen.
    Und dann - aber von jetzt an verschwimmt in meiner Erinnerung alles - riss sie sich von ihm los, los von den Händen, die nach ihr griffen, floh in die Kammer und suchte irgendetwas oben auf dem Bord.
    Als ich die Waffe in ihrer Hand sah, rannte ich auf sie zu, tollpatschig, stolpernd, ich wollte sie retten, ich wollte uns alle retten.
    Danach fiel die Zeit in sich zusammen. Der Rest liegt in klaren, aber völlig unzusammenhängenden Bruchstücken in meinem Gedächtnis. Die Waffe in ihrer Hand, glänzend wie ein Spielzeug, er nimmt sie ihr weg, fuchtelt damit herum. Die Waffe auf dem Boden. Bücken, um sie aufzuheben. Das Geräusch, das um uns herum explodiert.
    Was ich von mir weiß, ist das: Ich wollte nur sie. Und jetzt ist sie weg, und es ist meine Schuld.
    T. Ray und ich lebten direkt außerhalb von Sylvan, South Carolina, 3100 Einwohner. Pfirsichstände und Baptistenkirchen, das ist alles, was es hier gab.
    Am Eingang zu unserer Farm war ein großes Holzschild, auf dem OWENS PFIRSICHFARM in dem scheußlichsten Orange geschrieben stand, das man sich überhaupt vorstellen kann. Ich hasste das Schild. Aber das Schild war noch gar nichts, verglichen mit dem riesigen Pfirsich, der auf einem fast zwanzig Meter hohen Pfahl neben dem Tor prangte. In der Schule sprachen sie davon nur als dem Riesenarsch - und das war noch das Harmloseste. Mit seiner fleischigen Farbe, ganz zu schweigen von der Rille in der Mitte, sah er eindeutig aus wie ein Hintern. Rosaleen sagte, das wäre eben T. Rays Art, der Welt den Hintern rauszustrecken. So war T. Ray.
    Er hielt absolut nichts von Pyjama-Parties oder Schulbällen, was nicht weiter schlimm war, denn zu so etwas wurde ich sowieso nie eingeladen, aber er weigerte sich auch, mich zu den Footballspielen in die Stadt zu fahren oder zu den Aufmärschen der Cheerleader oder zum Autowaschen, das die Jungen vom Beta Club immer am Samstag veranstalteten. Es kümmerte ihn auch nicht, dass ich Kleider trug, die ich in der Hauswirtschaftsklasse genäht hatte, Hemdblusen aus bedruckter Baumwolle mit schiefen Reißverschlüssen und Röcke, die viel zu lang waren. So etwas trugen nun wirklich nur die Mädchen aus der Pfingstgemeinde. Ich hätte mir auch gleich ein Schild umhängen können: ICH BIN NICHT BELIEBT UND WERDE ES AUCH NIE SEIN.
    Ich hätte wirklich alle Hilfe brauchen können, die einem die Mode bieten kann, denn niemand, nicht ein einziger Mensch, hatte je zu mir gesagt: »Lily, was bist du für ein hübsches Kind.« Außer Miss Jennings in der Kirche, aber die war blind.
    Ich betrachtete mich immer und überall. Ich suchte mein Spiegelbild in Schaufensterscheiben und im schwarzen Bildschirm des Fernsehers, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie ich eigentlich aussah. Mein Haar war zwar so schwarz wie das meiner Mutter, aber es sah aus wie Kraut und Rüben, und mich störte, dass ich kaum Kinn hatte. Ich hatte immer gehofft, wenn meine Brüste wachsen, würde mir auch ein Kinn wachsen, aber das hat so nicht geklappt. Ich hatte wohl sehr schöne Augen, meine Augen waren wie die von Sophia Loren, aber selbst die Jungs, die ihr Haar zu Pomade-triefenden Entenschwänzen frisierten und Kämme in ihre Hemdtaschen steckten, schienen sich nicht für mich zu interessieren, und die galten wirklich als das Letzte.
    Vom Hals an abwärts hatten sich die Dinge gut entwickelt, aber das konnte ich natürlich nicht zeigen. Damals waren Kaschmir-Twinsets und kurze Faltenröcke in Mode, aber T. Ray sagte, eher würde die Hölle zufrieren, als dass ich so etwas tragen würde - wollte ich etwa schwanger werden wie Bitsy Johnson, deren Rock kaum über ihren Hintern reichte? Wie er überhaupt von Bitsy wissen konnte, ist mir ein völliges Rätsel, aber das mit den Röcken stimmte und das mit dem Baby war auch wahr. Nur hatte das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun.
    Rosaleen verstand noch weniger von Mode als T. Ray, und wenn es kalt war - gütiger Himmel -, ließ sie mich in langen Miederhosen unter meinen Nurfürdie-Mädchenausder-Pfingstgemeinde-Kleidern zur Schule gehen.
    Nichts hasste ich so sehr wie diese Gruppen tuschelnder Mädchen, die immer plötzlich still wurden, wenn ich vorbeiging. Ich fing an, Schorf von meiner Haut zu kratzen, und wenn

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