Der große Blowjob (German Edition)
1.2
Die Praktikantin ist extrem süß, na ja, ihr Gesicht zumindest, ihr Lächeln ist wie das von Gott, wenn er was eingeworfen hat. Sie ist cool und sie «blickt durch», aber ich habe trotzdem nicht vor, sie nach dem gespielt verlegenen Abschied heute Morgen, der hoffentlich in ein paar Stunden stattfinden wird, jemals wiederzusehen. Augenblicklich allerdings liegt sie im Vollkoma, es ist gegen sechs Uhr früh, und ich bin nicht wirklich müde, was etwas mit den Stimulanzien zu tun haben könnte, die wir gestern in der Bar konsumiert haben, in der wir uns über den Weg gelaufen sind.
«Was geht?», sagte sie, als ich mich zu ihr umdrehte – keine Ahnung, warum, aber ich schnellte mit so viel Schwung zu ihr herum, dass der doppelte Rittenhouse auf Eis in meiner rechten Hand aus dem Glas schwappte. Eigentlich war ich mit einem Freund verabredet, Seth Krallman, erst Theaterautor, dann Potdealer, jetzt Yoga-Guru, aber er ließ mich hängen, was für eine Überraschung.
«Kenne ich dich nicht?», fragte sie.
«Nein», sagte ich, weil ich das Mädchen noch nie im Leben gesehen hatte.
«Doch, doch, ich kenne dich», sagte sie. «Du hast den Thunfisch bestellt.» Und dann erzählte sie mir, dass sie es war, die uns am Mittag die großen Teller mit Sashimi in den Besprechungsraum der Videoagentur gebracht hat, in der sie ein Praktikum macht. Wir hatten gerade den Werbespot für Viva-Küchenrollen in der Mache, und sie erinnerte sich an mich, weil ich den Blauflossenthunfisch bestellt hatte, sehr selten und wahnsinnig teuer, die Rolle um die neunzig Dollar, und ich das Ding kaum angerührt hatte.
«Hat nicht besonders geschmeckt, fand ich», sagte sie. «Für den Preis.»
«Das ist cool», erwiderte ich. «Isst du immer anderer Leute Reste?»
«Verschwendest du immer sauteure Lebensmittel, die a) auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Arten stehen und b) von modernen Sklaven gefangen werden?» Sie legte den Kopf schräg und sah mich betont streng an.
«Ähm, ich warte auf einen Freund», sagte ich.
«Nein, tust du nicht.»
«Nein?»
«Nein, du gibst mir einen Drink aus.»
Maggie Mallory Margot ist Praktikantin bei Unkindest Cuts, einem Laden, bei dem ich noch einiges guthabe, weil ich denen vor zwei Jahren eine größere Anzahl Werbespots für einen Finanzdienstleister zugeschanzt habe. Womit nicht gesagt sein soll, dass man sie aufgefordert hat, mit mir nach Hause zu gehen. Das hat sie, glaube ich, aus ihren eigenen Gründen getan und weil sie zu viel getrunken hatte – dank meiner Großzügigkeit in erster Linie. Während sie jetzt dort zusammengerollt auf dem Boden liegt und schläft, blass und regungslos, wirkt sie eine Spur fleischiger, als ich sie in Erinnerung habe. Trotzdem sieht sie ganz gut aus: Nach kurzem Nachdenken entscheide ich, dass sie, was die körperliche Attraktivität angeht, im oberen dritten Viertel der Mädchen rangiert, mit denen ich je quasisexuelle Beziehungen hatte. Bei einem bestimmten Lichteinfall oder von einem gewissen Blickwinkel aus betrachtet, hat sie etwas Ungezähmtes, & ihre Augen haben einen süßen Schmelz, den man beinahe schmecken kann. Was würde Howard Roark über sie sagen? Er war kein Schriftsteller, sondern musste immer irgendetwas tun, etwas Kühnes und Innovatives, und Schreiben wäre das Gegenteil davon. Ich tippe eine Notiz in mein Smartphone: «Idee für einen Kurzfilm, Howard Roark hält einen TED -Vortrag, wie würde das ablaufen?» Ich überlege, ob ich mir einen runterholen soll, lasse es aber.
Ich gehe auch nicht in mein Schlafzimmer zurück, weil ich sowieso nicht schlafen kann und außerdem aufpassen will, dass sie nicht zwischendurch aufwacht und irgendwas mitgehen lässt. Also setze ich mich an meinen Schreibtisch im Wohnbereich und werfe einen Blick auf die jüngste Fassung des Drehbuchs, an dem ich arbeite. Es heißt SPIELTHEORIE oder GAME OVER oder MAD DECENT , das habe ich noch nicht ganz entschieden. Seit drei Jahren schreibe ich jetzt daran und zerbreche mir noch immer den Kopf über das auslösende Ereignis, das ja das Wichtigste überhaupt ist, jedenfalls einem Buch zufolge, das ich in L. A. gekauft habe, als ich dort gewohnt habe. Alle Typen in der Werbebranche arbeiten nebenher an einem Drehbuch, das nie fertig wird, aber weil ich zielstrebiger und disziplinierter bin als die meisten, werde ich meins vielleicht sogar beenden, obwohl ich erst auf Seite zwei bin.
Für meine Hauptfigur habe ich meinen eigenen Namen gewählt, Eric Nye,
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