Die Blume von Surinam
immer wieder gedemütigt, wenn auch nicht ganz so schlimm, wie damals auf dem Schulhof. Und selbst wenn sie mit Masra Martin und Masra Henry allein war, hatte er ihr das eine und andere Mal Anweisungen gegeben, deren Sinn selbst Masra Henry infrage stellte. Sie wusste, dass ihre Antwort frech war, schließlich war sie ja wirklich sein Dienstmädchen, und es stand ihr nicht zu, so mit ihrem Masra zu reden. Sie fürchtete schon, ihn mit ihrer Bemerkung ernsthaft erzürnt zu haben, bemerkte dann jedoch erstaunt, dass er den Blick gesenkt hielt, als er antwortete.
»Nein. Nicht weil du … unser Dienstmädchen bist, Karini, sondern weil … weil …«, er stockte.
Karini beobachtete ihn verwundert, es war lange her, dass er sich ihr gegenüber unsicher gezeigt hatte. Gespannt wartete sie auf die Fortsetzung.
»Ich dachte, Karini … ich dachte, du bist … unsere … meine Freundin?«, kam es schließlich zögerlich.
Ein Blick in seine flehenden Augen ließ Karini ein Lachen unterdrücken. Natürlich waren sie Freunde, waren es immer gewesen, aber sein Verhalten in der letzten Zeit hatte ihrer Freundschaft einen Knacks versetzt. Und dafür war allein er verantwortlich, schließlich war er es, der sie entweder nicht beachtete oder demütigte. Der ihre Beziehung immer wieder auf die Hautfarbe reduzierte und nicht müde wurde, seine gesellschaftliche Überlegenheit auszuspielen. Wie konnte er ernsthaft davon ausgehen, dass ihre Freundschaft sich durch solches Verhalten nicht verändert hatte? Plötzlich drängte sich ein Gedanke auf. Es gab nur eine einzige Erklärung für seine Frage. »Bist du etwa eifersüchtig?«, fragte sie überrascht. Sein verlegenes Schweigen war Antwort genug. Er wich ihrem Blick aus.
Karini schluckte. Dass Masra Martin … damit hatte sie überhaupt nicht gerechnet! Aber wenn er wirklich … warum verhielt er sich dann so abweisend? Natürlich mochte sie ihn, und einmal hatte sie sogar in seiner Gegenwart dieses Kribbeln gespürt, das Julius gerade eben wieder in ihr geweckt hatte. Julius … Masra Martin … in Karinis Kopf purzelten die Gedanken wild durcheinander.
Karini wusste nicht, was sie sagen sollte, und auch Masra Martin schien sprachlos. Schließlich räusperte er sich. Sein Blick war immer noch auf den Boden gerichtet, als er sagte:
»Eigentlich hab ich auf dich gewartet, weil ich dir sagen wollte, dass wir morgen in aller Frühe anfangen zu packen. Wir fahren zur Plantage.«
Karini war überrascht. »Nach Rozenburg? Aber eigentlich sind doch noch ein paar Wochen Zeit? Warum?«
»Tante Juliette hat ihr Baby bekommen. Onkel Jean hat einen Boten geschickt und erlaubt, dass wir eher anreisen, und einen Brief an die Schule hat er wohl auch schon geschickt. Henry will natürlich sein Geschwisterchen sehen, und er will sofort morgen losfahren.«
»Ja, aber …«
Kapitel 19
W ie klein ihre Fingerchen waren, die Nase so zart und erst der Flaum auf ihrem Köpfchen! Julie konnte sich an dem kleinen Wunder, das sie in den Armen hielt, kaum sattsehen. Helena – Julie hatte ihre Tochter nach ihrer Mutter benannt.
»Ist sie nicht wunderschön?«
»Ganz die Mutter.« Jean streichelte seiner wenige Tage alten Tochter zärtlich das Köpfchen.
Es war alles sehr schnell gegangen. Nach der Geburt war das Kind zwar wohlauf, Julie aber maßlos erschöpft.
Julie schlief viel, stillte das Kind und genoss die Nähe des Neugeborenen. Erleichtert stellte sie fest, dass sie sich langsam erholte. Sie wusste, dass Jean sich große Sorgen um sie gemacht hatte. Seit der Geburt stürmte er mehrmals in der Stunde in den Raum und fragte, ob alles in Ordnung sei.
»Jean, du warst gerade mal ein paar Minuten fort! Ja, es ist alles in Ordnung.« Julie lachte, aber ihr Herz war sehr gerührt. Dieses kleine, zarte Baby in ihren Armen brachte ihn aus dem Konzept. Er machte einen hilflosen und verlorenen Eindruck, er wollte sie beschützen und umsorgen, in jeder Sekunde. Das Wunder der Geburt von Helena hatte ihn in den letzten Tagen völlig in seinen Bann gezogen. Aber nun war es an der Zeit, ihn wieder ins Hier und Jetzt zu holen. »Hast du die Männer schon losgeschickt, um nach Inika zu suchen?«
Sein Gesichtsausdruck verriet ihr sofort, dass sie mit ihrer Vermutung richtiglag: Es war nichts passiert. »Dann los! Es ist schon viel zu viel Zeit vergangen.«
»Wir werden sie schon finden, momentan ist es wichtig, dass du wieder auf die Beine kommst und es der Kleinen gut geht.«
Doch das
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