Die Blut-Prinzessin
hörte ihn scharf atmen, während wir uns durch einen düsteren Gang bewegten.
Vor uns tauchte schließlich eine weitere Tür auf. Da sie offen stand, wehte auch der Flackerschein von Kerzen durch die Öffnung und uns entgegen.
Ich ging mit leisen und trotzdem schnellen Schritten.
Der erste Blick in das Verlies.
Es war größer, als ich angenommen hatte. Ich sah zuerst zahlreiche Kerzen, von denen allerdings die wenigstens noch brannten, weil sie auf dem Boden lagen. Diejenigen, die noch ihr Flackerlicht abgaben, steckten in Haltern an den Wänden.
Die Tür zerrte ich weiter auf und sah eine Art Altar. Er war nicht leer, denn auf der Platte lag eine Männergestalt.
Man brauchte mir nicht zu sagen, wer es war. Der Bursche hatte vorhin von seinem Boss gesprochen, der alles hatte regeln wollen. Jetzt lag er auf dem Stein und bewegte sich nicht mehr.
Ich gab die Nachricht weiter, dann erst zog ich die Tür weiter auf. Das dabei entstehende Geräusch klang überlaut in meinen Ohren.
Mit vorsichtig angesetzten Schritten betrat ich das fremde Terrain und hielt dabei unwillkürlich den Atem an, denn die Stille gefiel mir immer weniger.
Das Ziel war der Altar, aber ich bewegte meinen Kopf nach links und rechts, denn ich konnte nicht glauben, dass mich nur diese starre Gestalt erwartete.
Es gab noch die drei Frauen und natürlich auch Nuba, die Blut-Prinzessin.
Sie waren nicht zu sehen. Sie kamen auch nicht, und so konnte ich ungestört weitergehen, bis ich den Altar erreichte. Ich hörte hinter mir die leisen Schritte, und wenig später standen wir zusammen vor der Altarplatte.
Wir kannten den Mann nicht, der darauf lag. Er trug einen geöffneten Pelzmantel. Die beiden Hälften waren bis über den Rand des Altars gerutscht.
Amos Durban hatte eine der Kerzen aus einer Halterung genommen, leuchtete den Toten an, holte zischend Luft und flüsterte: »Mein Gott.«
Der Mann war tot, das hatte ich schon zuvor erkannt. Aber es kam darauf an, wie man ihn umgebracht hatte. Jemand hatte ein Messer genommen und damit nicht nur einmal zugestochen, sondern mehrmals.
»Das war sie, John. Das kann nur Nuba gewesen sein. Und ich glaube nicht, dass sie nach der Tat geflohen ist. Dann hätte sie uns in die Arme laufen müssen.«
»Es sei denn, es gib eine Art Notausgang hier.«
Amos Durban hob die Schultern.
Doch ich hatte das Gefühl, dass man uns hier in diesem Keller beobachtete. Zu sehen war niemand, aber im Hintergrund ballte sich die Finsternis, denn bis dorthin reichte der Schein der Kerzen nicht.
Ich drehte mich vom Altar weg und warf einen Blick auf unsere Gefangene. Sie traf zwar keine Anstalten, sich zu befreien, aber ihre Unruhe merkte ich ihr an. Immer wieder bewegte sie den Kopf, um in eine bestimmte Richtung zu schauen, die für uns wegen der Dunkelheit nicht einsehbar war.
»Sie sind dort hinten«, flüsterte ich.
»Willst du hin?«, fragte Suko.
»Klar, aber nicht allein. Ich werde unsere Freundin hier mitnehmen.«
»Und dann?«
»Sie ist der perfekte Lockvogel, und ihr werdet mir Rückendeckung geben.«
»Das ist zu gefährlich«, flüsterte Amos Durban.
»Lassen Sie ihn, Amos«, entgegnete Suko. »John weiß, was er tut.«
Ich übernahm die Gefangene. Sie wehrte sich nicht. Wie apathisch ließ sie sich von mir nach vorne führen, wobei ich sie schob, denn ich befand mich nun in ihrem Rücken.
Ich schob sie an dem primitiven Altar vorbei, um den Weg in den hinteren Teil des Gewölbes einzuschlagen. Wir gingen sehr langsam, und ich rechnete fest damit, dass man uns erwartete. Sehr lange würden wir nicht allein bleiben.
So war es denn auch. Wir befanden uns etwa in Höhe der letzten an der Wand befestigten Kerzen, als meine Augen in der Dunkelheit eine Bewegung wahrnahmen.
Dort kam jemand.
Nicht nur eine Person, das stellte ich sehr schnell fest. Es waren mehrere, die nicht weit voneinander entfernt gingen und noch wie drei Schatten wirkten.
Ich hielt an, um sie kommen zu lassen.
Hinter mir meldete sich Suko, der sie auch gesehen hatte.
»Es sind drei, John.«
»Ich weiß.«
»Und Nuba?«
»Die sehe ich nicht.«
Auch Marlene hatte bemerkt, dass sich etwas tat. Ihre Ruhe veränderte sich. Sie bewegte ihren Körper von einer Seite zur anderen, und ich hörte, dass unartikulierte Laute ihren Mund verließen. Sie wurden lauter, je näher die drei anderen Frauen kamen.
Keine von ihnen war nackt. Sie trugen ihre normale Straßenkleidung. Durch die etwas hölzernen Bewegungen wurden ihre
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