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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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daß Taniquel versuchte, eine Begegnung unter vier Augen herbeizuführen, und es machte ihm ein perverses Vergnügen, ihr aus dem Weg zu gehen. Eines Morgens jedoch standen sie sich von Angesicht zu Angesicht auf der Treppe gegenüber.
    »Jeff …« – sie streckte ihm die Hand entgegen – »… lauf nicht fort. Bitte, weich mir nicht immer aus. Ich möchte mit dir sprechen.«
    Er zuckte die Schultern und sah über ihren Kopf ins Leere. »Was gibt es noch zu sagen?«
    Tränen traten in ihre Augen und liefen ihr über die Wangen. »Ich kann das nicht ertragen«, stieß sie mit brechender Stimme hervor. »Wir beide sind wie Feinde, und der Turm ist voll von … von Speerspitzen des Hasses und Mißtrauens! Und der Eifersucht …«
    Ihr Leid war so echt, daß das Eis in Kerwin schmolz. »Mir gefällt das auch nicht, Tani. Aber du weißt, daß nicht ich diese Situation geschaffen habe.«
    »Warum mußt du …« Sie biß sich auf die Lippe und zügelte ihr Temperament. »Es tut mir leid, daß du so unglücklich bist, Jeff. Kennard hat es mir ein bißchen erklärt, was du dabei empfunden hast, und es tut mir leid, ich hatte es nicht verstanden …«
    Kerwins Stimme troff vor Ironie. »Wenn ich unglücklich genug bin, würdest du dann zu mir zurückkommen?« Er faßte sie unsanft bei den Schultern. »Vermutlich hat Auster dich dazu gebracht, das Schlimmste von mir anzunehmen, daß ich den Spion für die Terraner mache oder etwas in dieser Art?«
    Sie hielt still unter seinen Händen und machte keinen Versuch, sich loszureißen. Sie sagte: »Auster lügt nicht, Jeff. Er sagt nur, was er glaubt. Und wenn du denkst, daß er glücklich darüber ist, dann bist du sehr im Irrtum.«
    »Ich nehme an, das Herz würde ihm brechen, wenn es ihm gelänge, mich zu vertreiben?«
    »Das weiß ich nicht, aber er haßt dich nicht auf die Weise, wie du es dir einbildest. Sieh mich an, Jeff. Erkennst du nicht, daß ich dir die Wahrheit sage?«
    »Du mußt schließlich genau wissen, was Auster empfindet«, erwiderte er, aber Taniquels Schultern bebten, und irgendwie tat ihm der Anblick Taniquels, der schalkhaften, sorglosen Taniquel in Tränen mehr weh als der Argwohn aller anderen. Das war ja das Schlimme daran, dachte er müde. Wenn Auster aus Bosheit gelogen hätte, wenn Taniquel ihn Austers wegen verlassen hätte, um ihn zu verletzen oder ihn eifersüchtig zu machen, hätte er die Motivationen wenigstens verstehen können. So, wie es war, stand er vor einem Rätsel. Taniquel griff ihn weder an noch verteidigte sie sich, nicht einmal in Gedanken. Sie teilte einfach seinen Schmerz. Schluchzend fiel sie gegen ihn und hielt sich hilflos an ihm fest.
    »Oh, Jeff, wir waren so glücklich, als du kamst, und es bedeutete uns so viel, dich hier zu haben, und jetzt ist alles verdorben! Oh, wenn wir es nur wüßten, wenn wir nur sicher sein könnten!«
    An diesem Abend stellte er die anderen zur Rede. Er wartete, bis sie sich alle für ihr abendliches Glas versammelt hatten, und dann erhob er sich aggressiv, die Hände hinter dem Rücken zu Fäusten geballt. Aus Trotz hatte er terranische Kleidung angezogen; aus Trotz sprach er Cahuenga.
    »Auster, du hast eine Anschuldigung erhoben. Ich unterwarf mich einer telepathischen Prüfung, die die Sache hätte erledigen sollen, aber du hast weder mein noch Kennards Wort gelten lassen. Welchen Beweis verlangst du? Womit würdest du dich zufriedengeben?«
    Auster stand auf, schlank, anmutig, katzengeschmeidig. »Was willst du von mir, Kerwin? Deiner Comyn -Immunität wegen kann ich dich nicht herausfordern …«
    »Die Comyn -Immunität soll …« Kerwin benutzte ein Wort, das aus den Raumhafengossen stammte. »Ich habe zehn Jahre auf Terra gelebt, und dort hat man einen Ausdruck, der ungefähr mit ›Halt die Schnauze!‹ übersetzt werden kann. Sag mir hier und jetzt, welchen Beweis du anerkennst, und gib mir hier und jetzt eine Gelegenheit, den Beweis zu erbringen. Oder schweige ein für allemal über das Thema. Glaube mir, Bruder, wenn ich noch eine verdammte Silbe höre oder eine einzige telepathische Anklage empfange, schlage ich dich zu Brei!« Er stand mit geballten Fäusten da, und als Auster einen Schritt zur Seite trat, bewegte auch Jeff sich und blieb ihm genau gegenüber. »Ich sage es noch einmal. Unterlasse dein verantwortungsloses Geschwätz ab sofort und für immer.«
    Erschrockenes Schweigen herrschte in der Halle, wie Jeff befriedigt konstatierte. Mesyr gab einen vorwurfsvollen Laut von

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