Die blutige Sonne
sich, beinahe wie ein mahnendes Glucksen: Aber, aber, Kinder …
»Jeff hat recht«, entschied Rannirl. »Du kannst nicht so weitermachen, Auster. Beweise, was du ihm vorwirfst, oder entschuldige dich bei Jeff und halte danach den Mund. Es geht nicht nur um Jeff, du schuldest es uns allen. Wir können nicht auf diese Weise leben; wir sind ein Kreis. Ich bestehe nicht darauf, daß ihr den Eid der Bredin schwört, aber ihr müßt es irgendwie fertigbringen, in Harmonie miteinander zu leben. So geht es nicht weiter, daß wir in zwei Parteien gespalten sind, von denen jede die andere anknurrt. Elorie hat sowieso schon genug zu verkraften.«
Auster sah Kerwin an. Wenn Blicke töten könnten, dachte Kerwin, hätte Auster keine Probleme mehr. Aber als Auster sprach, war seine Stimme ruhig und vernünftig. »Du hast recht. Wir schulden es euch allen, die Wahrheit ein für alle Mal festzustellen. Und Jeff hat selbst gelobt, das Ergebnis anzuerkennen. Elorie, kannst du eine Fallenmatrix bauen?«
»Ich kann es«, flammte sie auf, »aber ich will nicht! Tut eure schmutzige Arbeit allein!«
»Kennard kann es«, sagte Neyrissa, und Auster runzelte die Stirn. »Ja. Aber er ist voreingenommen – zu Jeffs Gunsten. Er hat hier die Stellung seines Pflegevaters.«
Kennards Stimme war leise und gefährlich. »Wenn du anzudeuten wagst, daß ich, der ich schon vor dem Wechsel Mechaniker in Arilinn war, meinen Eid brechen könnte …«
Rannirl hob die Hand und gebot ihnen beiden Einhalt. »Ich baue die Fallenmatrix«, erklärte er. »Nicht weil ich auf deiner Seite stehe, Auster, sondern weil wir die Angelegenheit auf diese oder eine andere Weise regeln müssen. Jeff …« Er wandte sich Kerwin zu. »Vertraust du mir?«
Kerwin nickte. Er war sich nicht sicher, was eine Fallenmatrix war, aber wenn Rannirl sie baute, war er sicher, daß die Falle nicht für ihn aufgestellt wurde.
»Also gut«, sagte Rannirl. »Das wäre erledigt. Könnt ihr beiden einen Waffenstillstand schließen, bis wir die Fallenmatrix bei der nächsten Arbeit im Kreis aufstellen?«
Jeff hätte sich am liebsten geweigert, und von Austers verdrossenem Gesicht war abzulesen, daß der andere Mann ebenso wenig dazu bereit war. Wie konnten Telepathen einander etwas vortäuschen? Aber Taniquel war kurz davor, in Tränen auszubrechen, und da zuckte Jeff die Schultern. Zum Teufel, es tat ihm nicht weh, höflich zu sein. Auster wollte nur die Wahrheit wissen, und in dieser einen Beziehung waren sie sich ja einig. Er sagte: »Ich lasse ihn in Frieden, wenn er mich in Frieden läßt. Einverstanden?«
Austers Gesicht entspannte sich. »Einverstanden.«
Nachdem die Entscheidung getroffen war, ließ die Spannung nach, und die nächste Phase der Arbeit wurde in einer Atmosphäre begonnen, die vergleichsweise beinahe freundschaftlich war. Diesmal mußten sie ein Matrix-Gitter für die Arbeit bauen, die als »Reinigen« bekannt war. In diesem Umfang war sie seit den großen Zeiten der Comyn , als die Türme das ganze Land sprenkelten und alle Domänen mit Energie und Technik versorgten, nicht mehr durchgeführt worden.
Sie hatten Minerale und Erzlager lokalisiert und ihre Ergiebigkeit und Zugänglichkeit festgestellt. Der nächste Schritt war, die Lager von den anderen Mineralen zu trennen, die sie verunreinigten, damit das Kupfer und die anderen Metalle in reiner Form abgebaut werden konnten und nicht raffiniert zu werden brauchten. Tropfen für Tropfen, Atom für Atom sollten die reinen Metalle tief innerhalb der Erde durch winzige Veränderungen der Kraftfelder vom Erz und Gestein gelöst werden. Corus verbrachte mehr Zeit denn je mit seinen Molekül-Modellen und zerbrach sich den Kopf über die genauen Gewichte und Proportionen. Und diesmal baten Elorie und Rannirl ausdrücklich um Kerwins Hilfe bei der Einlagerung der Kristalle im Gitter. Kerwin mußte komplizierte Molekülmuster auf einem Überwachungsschirm deutlich visualisieren, damit Elorie und Rannirl die leeren Kristalle präzise in die amorphen Glasschichten einbetten konnte. Er lernte Dinge über die Atomstruktur, die selbst terranische Wissenschaftler nicht wußten. Zum Beispiel hatte er im Physikunterricht nichts über die Natur der Energonen gehört. Es war eine ermüdende Arbeit, zwar nicht körperlich anstrengend, aber monoton und nervenzerreißend, und ständig war im Hintergrund seiner Gedanken das Wissen, daß demnächst das Experiment mit der Fallenmatrix – was das auch sein mochte –
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