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Die blutige Sonne

Die blutige Sonne

Titel: Die blutige Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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empfinde – Ihr auch, Lord Hastur.«
    Hastur wandte sich dem jüngeren Mann zu. »Ist das ein blindes Vorurteil gegen Terraner, Auster?« Sein ruhiges Verhalten stand in auffälligem Gegensatz zu Austers angespanntem, verzerrtem Gesicht und seiner zornigen Stimme. »Oder hast du einen Grund?«
    »Das ist nichts als ein Vorurteil«, fuhr Taniquel dazwischen, »und Eifersucht!«
    »Ich habe ein Vorurteil«, räumte Auster ein, »aber ich halte es nicht für ein blindes. Es war viel zu leicht, ihn von den Terranern zu bekommen. Woher sollen wir wissen, ob die ganze Sache nicht ausgekocht worden ist, um uns zu täuschen?«
    Valdir fragte mit seiner tiefen Stimme: »Obwohl wir Cleindoris Züge auf seinem Gesicht sehen? Er hat Comyn -Blut.«
    »Mit Eurer Erlaubnis«, entgegnete Auster, »ich finde, daß auch Ihr ein Vorurteil habt, Lord Valdir. Ihr mit Eurem terranischen Pflegesohn und Eurem Halbblut-Enkel …«
    Kennard sprang auf die Füße. »Verdammt noch mal, Auster, das reicht …«
    »Und du sprichst von Cleindori!« Auster sprach den Namen wie ein Schimpfwort aus. »Sie, die Dorilys von Arilinn war – eine Renegatin, eine Häretikerin …«
    Elorie erhob sich, zornig und bleich. »Cleindori ist tot. Laß sie in Frieden ruhen! Und Zandru züchtige mit Skorpionpeitschen die, die sie ermordet haben!«
    »Und ihren Verführer – und alle seine Nachkommen! « schleuderte Auster ihr entgegen. »Wir alle wissen, daß Cleindori nicht allein war, als sie aus Arilinn floh …«
    Neue, ungewohnte Empfindungen tobten in Jeff Kerwin. Es waren sein Vater und seine unbekannte Mutter, die sie verfluchten! Zum ersten Mal in seinem Leben quoll Sympathie für seine terranischen Großeltern in ihm auf. Kühl, wenig liebevoll waren sie ihm vorgekommen, und doch hatten sie ihn als Sohn aufgenommen und ihm seine unbekannte, einer fremden Rasse angehörige Mutter und sein gemischtes Blut nicht ein einziges Mal zum Vorwurf gemacht. Er wollte aufspringen, wollte Auster herausfordern, und halb hatte er sich schon erhoben. Aber Kennards zorniger Blick hielt ihn auf seinem Platz zurück, und Hastur befahl energisch: »Genug!«
    »Lord Hastur …«
    »Kein Wort mehr!« Hasturs klingende, autoritätsgewohnte Stimme brachte sogar Auster zum Schweigen. »Wir sind nicht hier, um über die Taten oder Untaten von Männern und Frauen zu Gericht zu sitzen, die seit einer Generation tot sind!«
    »Dann, bitte, Lord Hastur, sagt uns doch, warum wir hier sind?« fragte Neyrissa. »Ich habe Kerwin den Überwacher-Eid abgenommen; für einen Mechanikerkreis ist er jetzt qualifiziert.«
    »Aber auch für einen Bewahrerinnenkreis?« wollte Hastur wissen. »Seid ihr alle bereit, ihm das zuzutrauen? Meint ihr, das tun zu können, was Arilinn zu Leonies Zeit vollbracht hat und seitdem nie wieder? Wollt ihr das wagen?«
    Schweigen entstand, tiefes Schweigen, und Kerwin spürte, daß Furcht darin lag. Selbst Kennard verhielt sich still. Schließlich drängte Hastur: »Nur die Bewahrerin kann diese Entscheidung fällen, Elorie. Und die Delegation wartet auf das Wort der Lady von Arilinn.«
    »Meiner Meinung nach sollten wir es nicht riskieren«, sagte Auster. »Was bedeutet uns die Delegation? Die Bewahrerin sollte den Zeitpunkt selbst bestimmen können!«
    »Meine Sache ist es, anzunehmen oder zu verweigern!« Zwei zornige rote Flecken brannten auf Elories Wangen. »Ich habe noch nie zuvor meine Autorität geltend gemacht. Ich bin keine Hexe, keine Zauberin, ich will nicht, daß die Menschen mir übernatürliche Kräfte zuschreiben …« Sie spreizte die Hände in einer kleinen hilflosen Geste. »Aber wie dem auch sei, ich bin Arilinn; das Gesetz gibt mir, Elorie von Arilinn, die Autorität. Wir wollen die Delegation anhören. Mehr ist nicht zu sagen; Elorie hat gesprochen.«
    Köpfe neigten sich, Zustimmungen wurden gemurmelt. Für den beobachtenden Kerwin war es ein Schock. Unter sich stritten sie sich mit Elorie herum und diskutierten ohne Hemmungen. Diese öffentliche Zustimmung machte den Eindruck eines Rituals.
    Hoch aufgerichtet schritt Elorie zur Tür. Kerwin sah ihr nach, und plötzlich fühlte er sich eins mit ihrer Unruhe. Ohne recht zu wissen, woher ihm die Erkenntnis kam, war ihm klar, wie sehr Elorie es haßte, auf ihre rituelle Unfehlbarkeit zu pochen, wie zuwider ihr die abergläubische Eifersucht war, die ihr hohes Amt umgab. Plötzlich kam ihm dies blasse, kindliche Mädchen wirklich vor. Ihre Ruhe war nur eine Maske für leidenschaftliche

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