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Die Blutlinie

Die Blutlinie

Titel: Die Blutlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cody Mcfadyn
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bereits mit dem Messer an ihr zugange gewesen ist. Er hat ein »Vier gewinnt«-Spielbrett in die Haut ihres Bauches geschnitten. Er hat ihr eine weitere Schnittwunde oberhalb der Brüste zugefügt. Ich sehe Elaina in die Augen, und was ich dort erkenne, erfüllt mich mit Erleichterung. Sie hat Todesangst, aber sie ist noch immer trotzig. Was bedeutet, dass Hillstead noch nicht wirklich zur Sache gekommen ist. Er hat Elaina noch nicht gebrochen.
    Peter sitzt am Fußende des Bettes, in einem gepolsterten Sessel. Bonnie sitzt auf seinem Schoß. Er hält ihr ein Messer an den Hals. Sie ist ebenfalls nicht gebrochen, doch in ihren Augen ist noch etwas, das ich in Elainas Augen nicht gesehen habe. Hass. Wenn Bonnie diesen Mann töten könnte, der ihre Mutter ermordet hat, so würde sie es tun, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Ein Déjà-vu, finden Sie nicht, Agent Barrett? Sie werden bemerkt haben, dass ich Elainas Gesicht bis jetzt noch nicht angerührt habe.« Er kichert. »Ich fand es schön, verschiedene Elemente Ihrer eigenen Erlebnisse und Ihres Traumas hier mit einzubeziehen. Wir haben die Zerstörung von etwas Liebenswertem, Schönem – ein wiederkehrendes Problem, das Sie zu haben scheinen. Wir haben die Narben und die Entstellungen. Und schließlich haben wir – das Beste von allem – Ihre Tochter Alexa, den menschlichen Schutzschild.«
    Ich hebe die Pistole. Sofort zieht er Bonnies Kopf vor sein Gesicht. Die Messerspitze drückt fester zu, und an Bonnies Kehle bildet sich ein kleiner Blutstropfen.
    »Wir wollen besser nichts überstürzen«, sagt er. »Hier, ich habe einen Sessel für Sie. Nehmen Sie Platz. Lassen Sie uns reden.« Sein Gesicht taucht hinter Bonnies Kopf auf, und er lächelt. »Es wird sein wie in den alten Zeiten.«
    Zerquetsch ihn!, brüllt der Drache in mir.
    Sei still, sage ich zu ihm. Ich muss mich konzentrieren.
    Ich sehe mich um, erblicke den Sessel, auf den Hillstead deutet. Er ist ihm zugewandt, was sonst. Genau wie er gesagt hat – wie in alten Zeiten. Ich gehe hin und setze mich hinein.
    »Möchten Sie mich vielleicht noch ein wenig mehr analysieren, Peter?«, frage ich.
    Er lacht und schüttelt den Kopf. »Das haben wir hinter uns, Smoky, wir beide. Ich wüsste nicht, was ich Ihnen noch über Sie selbst erzählen könnte.«
    »Was wollen Sie dann?«
    Er blinzelt mir zu, spitzbübisch. Es ist ein scheußlicher Anblick angesichts der Umstände. »Ich möchte mit Ihnen reden, Smoky. Und ich möchte sehen, was dann passiert.«
    Ich starre auf seine Knie. Ich könnte ihm die Knie zerschießen, alle beide, in einem Sekundenbruchteil. Waffe hoch, peng-peng, und ihm dann mit einem Kopfschuss den Rest geben. Nichts weiter als kurz ein- und ausatmen, Luft anhalten, dreimal abdrücken. Bye-bye, Peter.
     
    Ich setze zur Bewegung an, noch während ich diesen Gedanken denke. Der Lauf der Waffe hebt sich, und ich weiß, dass sie richtig zielt, weiß es in meinen Eingeweiden. Ich weiß auf einer unbewussten Ebene, wie viel Druck ich auf den Abzug ausüben muss. Ich weiß, wie viele Zentimeter ich den Lauf nach dem ersten Schuss bewegen muss, um auch das zweite Knie zu treffen. All das ist geschieht auf einer unbewussten Ebene, alle Berechnungen, genau wie das Zielen.
    Nur, dass es diesmal nicht so ist.
    Weil die Hand, die den Kolben der Pistole hält … zittert.
    Und sie zittert nicht nur ein wenig, sie schüttelt sich förmlich.
    Ich schließe die Augen und senke die Waffe wieder. Peter lacht auf.
    »Smoky! Vielleicht habe ich Sie zu früh aus meiner Behandlung entlassen! Vielleicht müssen wir Sie noch ein wenig länger therapieren!«
    Ich spüre Panik in mir aufsteigen. Sie reitet in einer langsamen, dunklen Welle heran, wie an einem nächtlichen Strand. Ich sehe in Bonnies Gesicht und merke verblüfft, dass sie mich direkt anstarrt. Ihre Augen sind voller Vertrauen.
    Ich blinzle, und ihr Gesicht verschwimmt. Blinzle erneut, und sie wird zu Alexa.
    Wütende Augen. Keine Spur von Vertrauen darin.
    Alexa weiß es schließlich besser.
    Meine Ohren füllen sich mit einem fernen Klingeln.
    Klingeln? Nein … ich neige den Kopf zur Seite, lausche. Es ist eine Stimme. Zu weit entfernt und zu schwach, um zu erkennen, wer da spricht.
    »Smoky? Sind sie wach?«
    Hillsteads Stimme lässt mich in die Gegenwart und zu Bonnie zurückkehren.
    Mit Entsetzen bemerke ich, dass ich im Begriff stehe, den Verstand zu verlieren. Gleich hier an Ort und Stelle. Genau in dem Augenblick, in dem ich am meisten

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