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Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)

Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)

Titel: Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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aufzusteigen, hingen also davon ab, dass sich seine Gesinnungsgenossen, Nachahmer und Bewunderer im Kardinalskollegium durchsetzen konnten. Auch dafür standen die Chancen seit der Regierungszeit Sixtus’ IV. nicht schlecht – allerdings mit einer Einschränkung: In Giuliano della Rovere war ihm ein ebenbürtiger Konkurrent erwachsen. Auch dieser Nepot war entschlossen, selbst Papst zu werden, koste es, was es wolle. Auch er war reich, optimal vernetzt, skrupellos und in allen Künsten der Parteibildung und politischen Aushandlung beschlagen. Ich oder er – spätestens mit dem Tod Sixtus’ IV. im August 1484 lief es aus der Sicht Rodrigo Borgias auf diese Alternative und damit auf ein «Alles oder nichts» hinaus.

4. Kardinal Rodrigo Borgia im Kreis der Seinen
    Im Kampf um das Papsttum konnte Rodrigo Borgia auf eine ansehnliche Gefolgschaft zurückgreifen. Seine Klienten rekrutierten sich ganz überwiegend aus der alten Heimat Spanien, die die Borgia zu keinem Zeitpunkt aus dem Auge verloren hatten. Auch wenn Rodrigo sein Amt in Rom ausübte und seine Einkünfte zum großen Teil aus Italien bezog, fuhr er strategisch konsequent zweigleisig. Um sich die Anwartschaft auf das Papsttum zu sichern, erwarb er in Rom immer mehr Immobilien und in der Umgebung der Ewigen Stadt politische und militärische Schlüsselpositionen wie die Lehen Nepi und Civita Castellana. Dorthin konnte man sich zurückziehen, wenn es im Kampf um die Macht opportun war; von dort aus aber ließen sich auch eigene Vorstöße zur Eroberung der Herrschaft unternehmen. Parallel dazu kaufte sich der reiche Kirchenfürst in Spanien ein. Auch dort wurden wohlklingende Herrschaftsrechte und Latifundien erworben, um die künftige Größe der Familie zu sichern. Doch auch menschliche Ressourcen bezog der vorausschauende Kardinal ganz überwiegend aus seinem Bistum Valencia, das er 1472 zur Anwerbung vielversprechender junger Prälaten besuchte.
    Offiziell reiste Rodrigo Borgia im Auftrag des Papstes nach Spanien. Dieser hatte eine Dispensbulle ausgefertigt, die die Eheschließung zwischen der kastilischen Thronerbin Isabella und dem aragonesischen Kronprinzen Ferdinand und damit die Vereinigung beider Königreiche erlauben sollte. Auf dieser Dienstreise machte Rodrigo Borgia wie bei allen ähnlichen Gelegenheiten eine glanzvolle Figur: Hochgewachsen, mit markanten, von der «römischen» Adlernase geprägten Gesichtszügen trat er nicht nur würdevoll, sondern auch mit extrem gesteigertem Prunk auf. Um die vielen kostbar gewandeten Pagen, die golddurchwirkten Kostüme, die Musikkapellen und Dekorationen zu bezahlen, die seinen feierlichen Einzug in sein Bistum Valencia begleiteten, reichten selbst seine hohen Jahreseinkünfte von 35.000 Golddukaten nicht aus. (Zum Vergleich: Ein gut situierter römischer Handwerker verdiente etwa ein Tausendstel dieser Summe.) Die Verschuldung lohnte sich: Borgia machte Eindruck und profilierte sich mehr denn je als der Sachwalter Spaniens an der Kurie.
    Doch für den innersten Kreis seines Beziehungs- und Loyalitätsnetzwerks hatte der Kardinal andere Pläne. Er selbst war als Neffe eines Papstes nach oben gekommen. Familiäre Solidarität war der Schlüssel zu allem, darin waren sich Italiener und Spanier, die sich ansonsten von Herzen verabscheuten, einig. Warum sollte ein Kirchenfürst auf das verzichten, was weltlichen Fürsten nicht nur recht und billig, sondern auch vor allem anderen lieb und teuer war? Warum sollte man Neffen fördern, wenn man auch eigene Söhne haben konnte? So dürfte Rodrigo Borgia sinniert haben. Das legen zumindest seine Handlungen und Zeugnisse nahe. Seine Vorliebe für das schöne Geschlecht war an der Kurie notorisch. Sie tritt erstmals in einer ironisch gebrochenen Mahnepistel hervor, die Pius II. 1460 an den damals neunundzwanzigjährigen Kardinal richtete: Es sei ihm zu Ohren gekommen, dass er auf einem Gartenfest zu Siena wie ein liebestoller Galan in Erscheinung getreten sei; Auftritte dieser Art solle er bitte im Interesse seiner eigenen Reputation und der Würde des Heiligen Stuhls künftig unterlassen. Doch daran dachte Borgia nicht im Entferntesten.
    Kurz nach dieser Ermahnung richtete er sich in Sichtweite des Vatikans einen Palast ein, der von den Zeitgenossen wie das Liebesnest eines lüsternen Junggesellen beschrieben wird: überall luxuriöse Ruhebetten, verschwiegene Boudoirs, Spiegel und samtige Teppiche, dazu Gold- und Silbergeschirr in Hülle und Fülle. Diese

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