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Die Botschaft Der Novizin

Die Botschaft Der Novizin

Titel: Die Botschaft Der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Bezirks San Polo hinaus und hinein in einen Wald aus Duckdalben, der sich die Reihen der Palazzi entlangzog wie Schilf. Die in die Stadt hineindrückende Flut nahm das Boot auf, und der Gondoliere hatte Mühe, dem schlanken Bootskörper die Richtung zu geben. Aus dem Rio delle Beccarie ging es hinaus auf den Canal Grande und auf die gegenüber liegende Seite. Kräftig krängte die Gondel, und nur die raschen, sicheren Ruderschläge ihres Führers verhinderten, dass sie umschlugen. Isabella und der Lehrling des Vaters mussten sich festhalten. Das Mädchen starrte düster auf die Einfahrt in den Rio San Giovanni, der sie zu ihrem Bestimmungsort führen würde. »Mach kein so finsteres Gesicht, Kind. Isabella! Es wird nicht für ewig sein.«
    »Ihr bleibt in Freiheit, Vater. Für Euch ist das keine Belastung.« Sie senkte den Kopf dabei und murmelte die Antwort in den Kragen ihres Mantels, den sie um sich geschlungen hatte. Noch bliesen die Seewinde am Morgen einen eisigen Atem in die Stadt, als müssten sie einen durch die nächtliche Freizügigkeit verdorbenen Ort lüften. Doch allein der Gedanke an ihre Zukunft ließ sie frösteln.
    »Meine Schwester hat nach dir gerufen. Sie ist gebrechlich und benötigt jemanden, der ihr zur Hand geht. Das verstehst du doch? Außerdem wird es nicht für immer sein.«
    Isabella Marosini betrachtete den Mann, der ihr gegenüber im Boot saß, als sähe sie ihn zum ersten Mal. Ihr Vater bot eine stattliche Figur. Er führte eine gutgehende Offizin im Viertel San Polo; seine Druckerzeugnisse wurden in alle Welt verbreitet. Seine grauen Haare machten den Altersunterschied zwischen ihrem Vater und ihr offenkundig; Isabella war die Frucht einer dritten Ehe Giuseppe Marosinis, die dieser mit einer um viele Jahre jüngeren Frau eingegangen war. Tiefe Falten hatten sich links und rechts des Mundes eingegraben. Sie zeugten von einem Leiden, das ihm mehr und mehr zu schaffen machte. Die rechte Seite schmerzte, und Giuseppe befürchtete, bald vor den ewigen Richter treten zu müssen. Da er diesen Jammer jedoch seit gut zehn Jahren in regelmäßigen Abständen der Tochter und seinem Sohn unterbreitete und sie so auf sein plötzliches Ableben vorbereitete, glaubte keines der Kinder mehr recht an dieses baldige Ereignis.
    »Die Tante ist nicht gebrechlich. Sie ist erst Mitte fünfzig, aber sie bewegt sich wie ein junges Mädchen«, dachte Isabella. Sie getraute sich nicht laut und offen zu widersprechen, aus Angst vor Schlägen. Vater geriet außer sich vor Zorn, wenn eine einmal von ihm getroffene Entscheidung in Frage gestellt wurde. Seine Schwester hatte gerufen – und er folgte ihrem Wunsch. Isabella selbst hatte dabei nichts zu sagen. Vater schien sogar froh über diese Entscheidung zu sein, denn ihr Bruder Stefano hatte eben einen Meistertitel erworben, die Gesellenzeit beendet und würde wohl bald die Offizin des Vaters übernehmen. Endlich war die Nachfolge der Druckerei gesichert. Nur sie, Isabella, war keine Größe in diesem Handel. Sie verursachte Kosten, die mit dem Ruf der Offizin nicht Schritt halten konnten. Missmutig trat sie gegen die Truhe, die Vater ihr ins Kloster mitgeben würde. Der Lehrling rutschte erschrocken zur Seite und brachte so den Kahn zum Schaukeln. Isabella störte sich nicht daran. Ihre Mitgift für eine Verehelichung betrug mindestens die Hälfte der Einlagen in die Druckerei. Weder derVater noch der Bruder konnten und wollten dieses Handgeld für eine standesgemäße Hochzeit bezahlen. Da kam der Ruf der Tante gerade recht. Man brachte sie als Educanda, als Pensionatsschülerin, ins Kloster und ließ sie dort, bis sie zu alt für eine Heirat war. Schließlich würde ihr nichts anderes übrig bleiben, als die Profess zu nehmen und Nonne zu werden.
    Als Isabella den Blick hob, schaukelte die Gondel bereits auf der Höhe des Klosters, eines auf das Wasser hinaus fensterlosen und düsteren Baus. Sie bogen nach Süden hin ab. Kurz blinkte die Sonne in den Kanal hinab und beschien ihr Gesicht, dann verschwand sie hinter dem Baukörper der Kirche, und eine kühle Frische ließ sie schaudern.
    Sie fuhren auf eine Brücke mit drei Bögen zu, die sich über den Kanal spannte, den Ponte di San Lorenzo. Kurz sah Isabella auf. Mitten auf der Brücke stand, als erwarte er das berühmte Kreuzwunder, das sie in seine Arme führen würde, Marcello Tanti. Er trug einen schwarzen Mantel, der sich im Wind leicht bauschte, über einem weißen Rüschenhemd. Auf dem Kopf saß ein

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