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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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bruchstückhaft zum Gesprächsstoff fand und dessen andere Gedanken für Magdalenas besonderen Sinn durch die Luft wehten wie kleine panische Schreie: Rom! Ich muss hier weg! Rom! Es war nicht so, dass Magdalena tatsächlich Gedanken lesen konnte; aber die Wellen und Signale, die sie von manchen Menschen auffing, ließen sich deuten. Die Signale, die der Abt sendete, bedurften allerdings keinerlei Interpretation.
    »Nicht von allen Menschen, ehrwürdiger Vater. Nur von denen, die sich auserwählt fühlen und Gottes Namen für ihr Werk missbrauchen«, sagte die Äbtissin. »Ob der deutsche Kaiser, der französische oder der spanische König – all die gesalbten Häupter, die ihre Armeen durch unser Land trampeln lassen!«
    »Und doch sind das nur Schafe im Vergleich zu den Wölfen, die die Menschen aus purer Mordlust quälen«, erwiderte Bruder Girolamo mit seiner brüchigen, aggressiven Stimme und im toskanischen Dialekt.
    »Welche Wölfe, Bruder Girolamo?«
    »Die Söldner, ehrwürdige Mutter«, sagte Bruder Girolamo. »Die Mordhaufen. Die condottieri und ihre fleischgewordenen Monstren. Die Schwarze Schar!«
    »Bruder Girolamo«, sagte der Abt, »berichte uns, was du erfahren hast, und lass nichts aus.«
    Bruder Girolamo setzte sich zurecht. Er hatte ein blasses, nichtssagendes Gesicht, aber seine Gedanken waren eine Art weißer Flamme in Magdalenas besonderem Sinn; so wie die Signale, die sie vom Vater Abt spürte, kleine hektisch umherflatternde Vögel waren und die der Mutter Oberin ein unverständliches, unartikuliertes Geräusch, als würde jemand hinter einer dicken Mauer flüstern.
    »Ich bin überzeugt, dass die Hand Gottes nicht schwer auf Norditalien ruht«, sagte Bruder Girolamo. »Sicher, die Menschen in diesem Land blicken zu Gott auf und fragen ihn: Warum folgt stets auf einen kurzen Sommer des Friedens ein langer Herbst des Mordens? Warum werden die Kinder, die die Fülle des einen Jahres ihnen geschenkt hat, in der Not des folgenden Jahres wieder abberufen? Es gibt zwei Antworten auf diese Fragen, ehrwürdige Mutter. Die eine ist theologischer Natur und könnte lauten, dass es vielleicht daran liegt, dass all die Gebete von den kleinen Flüssen zum Strom getragen und dort ins Meer geschwemmt werden, ohne Gott jemals zu erreichen.«
    »Der Strom bringt den Segen, er nimmt ihn nicht mit sich fort«, hörte Magdalena jemanden sagen und stellte überrascht fest, dass sie es selbst gewesen war. Die Äbtissin warf ihr einen scharfen Seitenblick zu.
    »Nun, so ist es hier«, sagte sie. »Wer auch immer festgestellt hat, dass Gottes Wege unergründlich sind, war vermutlich ein Piemonteser, ein Veneter, ein Lombarde … eben ein Norditaliener.«
    »Ich komme aus den Bergen, Schwester«, sagte Bruder Girolamo. »Dort sind die Flüsse die, die unsere Felder unterhöhlen, unsere Brücken mit sich fortreißen, unsere Dörfer überschwemmen und die Frucht unserer Arbeit stehlen.«
    »Der große Strom gibt uns mehr, als er nimmt.«
    »Ja – Fieber, Schwüle, schwarze Gedanken …«
    »Bruder Girolamo«, sagte die Äbtissin, »ich bitte dich, in deinem Bericht fortzufahren. Teile dein Wissen mit uns, die wir hinter diesen Mauern das Gefühl für die Weisheit derjenigen, die die Welt gesehen haben, zu verlieren drohen.«
    »Die andere Antwort lautet … nun, ehrwürdige Mutter, Sie wissen, dass Norditalien von jeher den Neid all seiner Nachbarn erweckt hat. Sie zerren alle an diesem Land – sie halten sich für Jagdhunde, die einen geflohenen Hirsch aufgespürt haben, dabei sind sie schlimmer als Straßenköter, die sich um eine Ratte balgen. Und ich bitte um Verzeihung …«, Bruder Girolamo machte eine kleine Verbeugung in Magdalenas Richtung, die zwar nicht spöttisch aussah, aber die junge Nonne fühlte, wie sie gemeint war, »… wenn ich anmerke, dass die Ratte in diesem Fall halb verhungert ist. Die spanischen hidalgos und ihre Truppen sind verarmt, verblendet und allesamt syphilitisch, und sie liefern sich unwichtige, aber grausige Scharmützel mit den nur ein bißchen weniger verarmten, ein bißchen weniger verblendeten, aber mindestens genauso syphilisverseuchten französischen Generälen, wenn sich nicht beide Seiten ihrer Lieblingsbeschäftigung hingeben, nämlich ihre Krankheit emsig zu verbreiten.« Bruder Girolamos Gedanken loderten hell vor Zorn. In Friedenszeiten verbrennen in diesem Feuer Bücher, dachte Magdalena.
    »Daneben geraten sich beide Seiten mit den deutsch-habsburgischen

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