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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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am besten gewesen wäre, Niccolò dort zu belassen, wo er sonst auch immer war, nämlich zu Hause.
    Lorenzo schwang sich in den Sattel. »Langsamer Trab«, sagte er. »Wenn Michèles Gaul sich ein paar Meilen bewegt hat, wird die Schwellung zurückgehen. Der Treffpunkt liegt ein kleines Stück nordwestlich von Castelfranco. Länger als bis zum Mittag dürfte die Reise nicht mehr dauern.«
    Er setzte sich an die Spitze seines Trupps und ritt in den beginnenden Morgen hinaus. Von Nordwesten bis Südosten hin erstreckte sich die Ebene des Po, begrenzt von der Horizont umspannenden Bergkette der Alpen: Reisfelder, auf die Ernte wartend, Obstbaumwiesen, vereinzelte Weinanbaugebiete, Gerste- und Haferinseln, baumbestandene Flächen, Wiesen … majestätisch durchzogen vom Po und seinen Nebenflüssen, akribisch durchkreuzt von Dämmen und Bewässerungskanälen, behütet von den fernen Kränzen der Alpenkette. Nach Süden erhoben sich die von Weitem harmlos scheinenden Hügel des nördlichen Appenin, durch deren Täler sie in den letzten zwei Tagen schweigend geritten und deren Kämme sie schwitzend erklommen hatten, ruhend auf einem Kissen aus Morgennebel und Dunst, vor allem aber ruhend in sich selbst. Die Vogelstimmen verkündeten schrill, dass es immer noch Sommer war, und verstummten nur kurz beim Vordringen der Männer. Aufgereiht auf und neben der Straße, die der alten Via Claudia folgte, lagen die Orte, die den letzten Teil ihrer Reise in übersichtliche Wegabschnitte eingeteilt hatten: Oberhalb von Bologna waren sie aus den Bergen gekommen, hatten sich nach Nordwesten gewandt, Zola Predosa nahe im Süden, Anzola fern im Norden.
    Lorenzo versuchte vergeblich, die lässige Schönheit der Umgebung nicht auf sich wirken zu lassen. Florenz war herrlich, aber der Anblick der Natur in ihrer letzten Pracht vor dem Eintreffen des Herbstes war göttlich. Florenz war ein Wunder an Schönheit, das die Menschen geschaffen hatten, um die Natur auszuschließen. Die Landschaft, durch die er ritt, war ebenfalls von Menschen geschaffen worden, aber über Jahrhunderte und um mit den Früchten der Natur vereint zu leben. Selbst die ausgetretene Straße, die hindurchlief und deren Staub den Duft von trocknendem Gras, reifem Laub und verwehendem Dunst überdeckte, konnte daran nichts ändern. Daran nicht und nicht an den Bildern, die aus Lorenzos Geist emporstiegen, so unwillkommen sie auch waren. Er erinnerte sich an viele Morgende, die wie der heutige von den Sinneseindrücken des freien Landes um ihn herum und von den halb ernst, halb spöttisch gemeinten Sticheleien der Männer geprägt gewesen waren; sie waren vorbei, und wenn sie bisher – so wie jetzt – unerwartet in seine Seele zurückkehrten, dann hatte er stets gewusst, wie er sie wieder daraus verdrängen konnte. Sie gehörten zu einer anderen Zeit, zu einer anderen Person; zu einem anderen Leben. Anfangs, nach seiner Wiedergeburt, hatte er die Tage gezählt, dann die Wochen, schließlich die Monate: sechsunddreißig an der Zahl. Sechsunddreißig Monate in einem neuen Leben, die er gegen die ungezählten anderen aufrechnen konnte, die aus seiner Seele zu tilgen und für immer in sich abzutöten er sich vorgenommen hatte. Alles in allem war er schon recht weit damit gekommen. Namen verwehten, Gesichter verblassten, Geschehnisse verwirrten sich … die guten jedenfalls; die schlechten hatten eine Tendenz zum Überleben. Aber auch sie würde die Zeit ausradieren, jeder Tag, an dem er nicht an sie dachte, war ein Sieg, und es hatte doch den einen oder anderen solchen Tag gegeben in den letzten tausend. In der Tat, ich habe Glück gehabt, dachte Lorenzo und stellte im gleichen Augenblick fest, dass die Namen und Orte und Begebenheiten nur darauf gewartet hatten, bis er in die große Ebene zurückkehrte, um sich auf dem Pergament seiner Erinnerung wieder von selbst aufzufrischen.
    Niccolò schloss auf.
    »Die Männer reden «, sagte er mit einem Anstrich von mühsam errungener Vertraulichkeit. Lorenzo schwieg.
    »Es geht um diese Ausgeburt der Hölle und seine Teufel«, fuhr Niccolò fort. Er spuckte aus und bekreuzigte sich dann. »Sie sollen hier in der Gegend gesichtet worden sein. Die Schwarze Schar. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was geschieht, wenn wir auf sie stoßen! Oder wenn sie monna Clarices Treck sichten. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir uns beeilen; nur deshalb. Wir sind erst wieder sicher, wenn wir zusammen mit der jungen Herrin zurück in den Bergen

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