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Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007

Titel: Die Braut des Florentiners - TB 2006/2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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sind.« Er richtete sich im Sattel auf und gab sich den Anschein, besorgt in die Ferne zu spähen. »Die Schwarze Schar«, sagte er. »Niemand kann sie besiegen, niemand kann ihnen entrinnen. Wer ihnen in die Hände fällt, ist verloren. Sie nehmen den Zorn Gottes vorweg. Es heißt, ihr condottiere sei eine verdammte Seele und streife schon seit …«
    »Mit mir haben die Männer noch nicht geredet «, erklärte Lorenzo.
    Niccolò ließ sich im Sattel zurücksinken. Er presste die Lippen zusammen. Lorenzo betrachtete ihn aus dem Augenwinkel und empfand Widerwillen gegen Niccolòs weibische Mimik, mehr noch aber gegen seinen Versuch, seine eigene Furcht auf die Gruppe abzuwälzen. Niccolò wandte sich im Sattel um, auf der Suche nach einem anderen Thema, mit dem er Lorenzo beweisen konnte, dass dieser im Unrecht war.
    »Michèle fällt zurück«, sagte er. »Nicht, dass ich deshalb Überraschung heucheln würde.«
    »Weißt du, was den Menschen vom Tier unterscheidet?«, fragte Lorenzo. »Ein Tier kann nicht anders, als auf das zu reagieren, was es erlebt. Wird es angegriffen, flieht es. Wird es in die Enge getrieben, kämpft es. Läuft ihm eine saftige Beute vor die Fänge, frisst es. Ist es in der Brunft, pflanzt es sich fort. Ist seine Zeit gekommen, legt es sich hin und stirbt.«
    »Mhm«, machte Niccolò, vergeblich bemüht, Lorenzos Ansprache zu folgen oder herauszufinden, ob sie als Angriff gegen ihn gemeint war.
    »Der Mensch dagegen kann sich entscheiden. Er muss nicht fliehen, sondern kann verhandeln. Er muss nicht kämpfen, sondern kann seinen Gegner überlisten. Er muss nicht essen, sondern kann fasten, um seinen Geist zu klären. Er kann sogar über die Lust triumphieren.«
    »Aber wenn seine Zeit gekommen ist, legt er sich hin und stirbt wie alle anderen«, sagte Niccolò, erfreut darüber, eine Lücke in Lorenzos Argumentation entdeckt zu haben.
    »Nein«, sagte Lorenzo. »Er kann versuchen, seinem Tod einen Sinn zu geben.«
    Niccolò schwieg beleidigt. »Warum erzählen Sie mir das Ganze, Ghirardi?«, fragte er schließlich.
    »Weil ich möchte, dass du weißt, dass du dich stets entscheiden kannst.«
    »Wofür? Umzukehren? Das würde Ihnen so passen!«
    »Niccolò, mein Held«, sagte Lorenzo und lächelte seinen Truppführer an, »fürs Erste würde es schon reichen, wenn du dich dafür entscheiden könntest, zwei Meilen lang die Klappe zu halten.«
    Er zügelte sein Pferd, wendete es und wartete neben der Straße darauf, dass Michèle aufschloss, um eine Strecke lang neben ihm zu reiten.

Kapitel 2.
    Votum stabilitas, dachte Schwester Magdalena. Eine Stimme in ihr drängte: Halte sie auf. Rette sie. Die Stimme war leise, doch es schien, als würde sie lauter werden, wenn man sie nur ließe.
    Die Novizin kniete vor dem Altar der Klosterkirche auf dem Steinboden. Die Ordensschwestern standen in einem Halbkreis um sie herum: strenge Gesichter, beschattete Augen, grobe, abgearbeitete Hände, finstere Gestalten in den dunklen Kukullen, Trauervögel; Raben, die sich versammelten, weil sie das Aas witterten. Die Novizin war so blass wie der Tod und wagte die Augen weder zur Äbtissin noch zum Kruzifix zu heben, das mit groben Tauen an der Rückwand der Apsis befestigt war; ein krummes, knochenweißes Kreuz, das der Legende nach aus den beiden Hauptästen zweier Bäume bestand, die bei den Rodungsarbeiten während der Klostergründung genau an dieser Stelle entdeckt worden waren, an der Basis ineinander verschlungen zu einem Liebesknoten und in Schulterhöhe auseinanderstrebend, so die Form eines Gekreuzigten mit ausgebreiteten Armen nachahmend. Alle im Kloster außer Magdalena fanden das Kruzifix hässlich.
    Die Liturgie näherte sich ihrem Höhepunkt – der zeitlichen Profess der jungen Novizin vor dem Altar.
    Die Äbtissin stand vor der knienden jungen Frau wie ein vierschrötiger Racheengel in Schwarz, die Arme erhoben. Ihr Gesicht wirkte steinern. Die Lippen der Novizin bebten. Hinter der Äbtissin stand, klein und mager und zappelig wie immer, der ehrwürdige Vater Abt. Er war der Abt des benachbarten Mönchsklosters und eigentlich Vorsteher von San Paolo. Bei den Weihen der Novizinnen war er so überflüssig wie ein Hühnerauge, weil er die vorgeschriebenen Riten niemals zelebrierte, sondern stets der Äbtissin überließ – die jedoch die Jungfrauenweihe nicht selbst durchführen durfte, weil sie eine Frau war. Insofern war der Vergleich mit dem Hühnerauge nicht so weit hergeholt; seine Gegenwart

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