Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
Mund bewegte sich in einem fort,
offenbar redete sie unentwegt auf ihn ein. Der Vogt nickte nur, während er
strammen Schrittes auf die Kapellenpforte zustrebte. Kaum im Inneren, hörte man
schon seinen dröhnenden Bass.
»Nun lasst uns schon beginnen, das Kind
muss schlafen und ich hab Hunger!« Alfred hatte recht, diese Stimme war
unnachahmlich.
Blutrot schien inzwischen die Sonne durch
die Westfenster der Kapelle, es war allerhöchste Zeit.
Zufrieden mit sich und der Welt lehnte sich Theodor auf der
Kirchenbank zurück und beobachtete durch das Loch in der Decke, wie immer
weniger Sonnenlicht durch die Fenster in die Kapelle eindrang.
Nur noch einige Augenblicke und Leonhardt
wäre nicht mehr. Er konnte den vorlauten Bengel seines Bruders nie leiden.
Seitdem er sich mit ihm eine Mine teilen musste, wurde er zum Ärgernis, doch
spätestens als er ihm Adara abspenstig gemacht hatte, begann er ihn aus
tiefsten Herzen zu hassen.
Mit dem Tode Leonhardts würde ihm dessen
Minenanteil zukommen, zudem nannte er die vom armen Anton sein eigen,
schließlich hatte er sie ihm vor einigen Tagen abgekauft, wenn er auch keinen
Groschen dafür bezahlt hatte. Es der treulosen Adara heimzuzahlen, befriedigte
Theodor jedoch am meisten. Wochenlang ließ sich das Luder von ihm aushalten und
dabei durfte er sie nicht einmal anfassen. Ganz im Gegensatz zu seinem Neffen –
kaum gesehen, kroch sie ihm unter die Decke, die schamlose Hure.
Theodor schrak zusammen. Er meinte, auf dem
oberen Geschoss eben einen Schatten gesehen zu haben. Und hatte dieser Schatten
nicht eine frappierende Ähnlichkeit mit Adara?
Nein, er musste träumen, was hätte sie
schon da oben zu suchen. Und doch, wenn man genau hinsah, konnte man dort, wo
niemand zu sein hatte, wenn nicht gerade kaiserlichen Geblüts, nicht nur eine,
sondern gleich drei Gestalten herumhuschen sehen.
Gerade hatte der Vogt die Kapelle betreten,
um sogleich den Pfaffen lautstark aufzufordern, mit der Taufe zu beginnen, da
stellte sich eine der drei Gestalten ganz offen ans Loch.
»Herr Vogt, auf ein Wort!«
Theodor erkannte den Mann, es war Alfred
von der Stadtwache.
Das Volk unten in der Kapelle war zutiefst entrüstet.
Wie konnte es jemand wagen, die Kaiserloge
zu betreten und überdies noch den Vogt zu stören bei der bedeutendsten
kirchlichen Zeremonie zu Ehren seines Enkels? Lautes Rufen und Geschreie war
die Folge.
»Still – gebt Ruhe!«, dröhnte die Stimme
des Vogts und schlagartig verstummte die aufgewühlte Menge. »Alfred, was fällt
dir ein?«
»Herr, in dieser Stadt wird ein
unschuldiger Mann gehängt!«
»Aber hat das nicht noch Zeit?«
»Nein, es eilt!«
»Wie kommt’s, dass ich nichts davon weiß?«,
wandte sich der Vogt an den Hauptmann.
»Aber der Mann ist eindeutig schuldig!«
»So eindeutig, wie du meinst, ist der Fall
offensichtlich nicht, Sohn! Der Leutnant ist mir als untadeliger Soldat
bekannt. Wenn er behauptet, der Mann ist unschuldig, so will ich mir doch
zumindest selbst ein Bild davon machen. Immerhin ist er mein bester Mann in der
Stadt!«
Ein Raunen erfüllte die Kapelle. Der
Hauptmann lief rot an, ebenso wie seine Mutter. Wütend stolzierte sie auf ihren
Mann zu.
»Halt du den Mund, Waltraud!«, fuhr der
Vogt sie an, bevor er sich wieder Alfred zuwandte. »Nun, wer ist der Beklagte
und was wird ihm zur Last gelegt?«
»Es ist der Prospektor. Er soll eine Mine
gesalzen haben.«
»Ein schweres Verbrechen. Wie kommst du
darauf, dass er unschuldig ist?«
»Er teilt sich eine Mine mit seinem Oheim.
Sollte er gerichtet werden, so fiele sein Anteil Theodor zu. Fragt Euren Sohn,
wer der Kläger und der Käufer der angeblich gesalzenen Mine ist«, erwiderte
Alfred und betete, mit seiner Vermutung recht zu haben.
»Nun, Sohn, die Frage ist berechtigt. Wer
ist der Kläger?«
»Theodor«, antwortete dieser kleinlaut.
Alle Blicke richteten sich auf Theodor,
Rufe wurden laut.
»Ruhe, verdammt!«, verbat sich der Vogt
lautstark jegliche Kommentare. Wieder verstummte die Menge, während die
anwesenden Geistlichen wegen des Fluches die Augen verdrehten.
»Nun, Sohn, angesichts des Zugewinns des
Klägers halte ich zumindest eine Überprüfung der Fakten für angemessen! Was
meinst du?«
Der Hauptmann nickte stumm.
»Wann soll die Hinrichtung stattfinden?«,
wandte sich der Vogt wieder an Alfred.
»Heute, bei Sonnenuntergang!«
»Heilige Maria, das ist ja jetzt!« Der Vogt
war entsetzt. »Rasch, gebt mir etwas zu schreiben! Habt Ihr
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