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Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Titel: Die Braut des Silberfinders - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Fels möge Osman auf die
Füße fallen. Immer wieder trieb er so den Meißel in die Wand, scheinbar
unermüdlich, obwohl selbst ein Mann mit seiner erstaunlichen Statur diese Art
von Arbeit unmöglich lange durchhalten konnte.
    »Lässt sich wie ein kleiner Junge von einer
Hure um den Finger wickeln – hoffentlich bist wenigstens du auf deine
Kosten gekommen, teuer genug ist uns deine Dummheit jedenfalls allemal gekommen
…«
    Wollte dieser Kerl denn
gar keine Ruhe geben? Robert schlug sein Eisen weiterhin kraftvoll in den Fels,
doch trotz seiner Wut auf Osman, das Mädchen und zuvörderst auf sich selbst,
eine Wut, die ihn anstachelte, sein Blut zum Kochen brachte und neue Kräfte
mobilisierte, wurden ihm allmählich die Arme schwer. Bald müsste er seine
Arbeit ruhen lassen und sich Osmans Fragen stellen, so wie jeden Tag zuvor in
den vergangenen vier Wochen. Das Schlimmste am ganzen Gezeter jedoch war, dass
Osman mit seinen Vorhaltungen unbestritten richtig lag.
    Teufel noch eins, wie konnte er auch so
einfältig sein, ärgerte sich Robert erneut über sich selbst, und seine Wut ließ
ihm Schlägel und Eisen für kurze Zeit leichter erscheinen.
    Osman hatte schon recht – selbst ein
kleiner Junge hätte sich nicht unbedarfter anstellen können.
    Er ließ seinen Gedanken freien Lauf, Wochen
zurück zum ersten Tag des Monats August. Wieder einmal hatte der Himmel seine
Schleusen geöffnet, wie so häufig in diesem Land, in dem er geboren und
aufgewachsen war und das er dennoch kaum kannte, da er den Großteil seines
Lebens im fernen Alexandria zugebracht hatte.
    Vor seinem geistigen Auge erschien die
Pforte des Krugschenks, eines Gasthofs einige Tagesreisen westlich von
Hildesheim. Und als wenn es gestern gewesen wäre, klang ihm erneut eine Stimme
im Ohr, so sinnlich und zart, dass sie ihn sofort in ihren Bann zog …
    »Herr, darf ich Euch aus Eurem nassen Wams
helfen?«
    Robert entsann sich, den Regen aus seinem
Gesicht gewischt zu haben. Nur einige alte Männer und ein Kaufmann mit zwei
finster dreinblickenden Gesellen, vermutlich besoldeten Aufpassern, füllten die
Schenke mit behäbigem Leben.
    Zarte Finger tippten ihm auf den Rücken.
    Er drehte sich um und es war um ihn
geschehen. Einen Kopf kleiner als er und damit immer noch ziemlich groß, erst
recht für eine Frau, stand ihm das reizendste Geschöpf gegenüber, das er jemals
zu Gesicht bekommen hatte. Ein Paar strahlend blaue Augen schauten ihn fragend
an. Sommersprossen, wildes, rot gelocktes Haar und ein schelmisches Lächeln verliehen
der Schönheit ein spitzbübisches Erscheinungsbild.
    Robert brachte kein Wort heraus und das
Lächeln auf dem Gesicht des Mädchens verschwand, machte nun einer besorgten
Miene Platz.
    »Herr, geht es Euch nicht gut?«
    Osman, der hinter Robert die Schenke
betreten hatte, verdrehte angesichts der Sprachlosigkeit seines Freundes die
Augen, während der Kaufmann für diese Szene nur einen blasierten Blick
übrighatte. Seine Begleiter indessen grinsten gehässig und begannen zu
flüstern.
    »Habt keine Sorge, liebes Kind«, beendete
Osman schließlich das unangenehme Schweigen. »Ihr müsst wissen, dass dieser
Mann im tiefsten Walde groß geworden und aufgewachsen ist. Bis eben hat der
arme Kerl außer seiner Mutter kein anderes weibliches Wesen zu Gesicht
bekommen!«
    Der Schankraum bebte vor Gelächter, nur das
Mädchen schien noch unschlüssig, was sie vom eben Gehörten halten sollte.
Robert spürte indes, wie ihm angesichts Osmans Worte das Blut in den Kopf
stieg. Ein schöner Freund, der diese ohnehin schon peinliche Situation weiter
auf die Spitze trieb.
    »Der bedauernswerte Tropf wird für den Rest
seines Lebens nur noch Enttäuschungen erleben«, ergänzte Osman und ließ einen
vielsagenden Blick folgen.
    Roberts Blut schäumte – nun begann dieser
hinterhältige Kerl sogar, sich an das Mädchen heranzumachen, und das ganz
ungeniert auf seine Kosten. Wenn nur nicht so viele andere dabei gewesen wären,
und wenn er Osman nicht doch, trotz alledem, weiterhin ein wenig gemocht hätte,
und wenn er zudem nicht eigentlich ein friedfertiger Mensch wäre, der keiner
Seele etwas zuleide tun konnte, sofern es nicht unbedingt sein musste, ja, dann
hätte er im gleichen Augenblick und ohne mit der Wimper zu zucken, Osmans
Inneres nach außen gekehrt.
    Er zwang sich zur Ruhe und langsam fiel die
bleierne Starre von ihm, ganz allmählich zwar, aber stetig, füllte sich sein
umnebeltes Hirn und seine Zunge mit neuem Leben.

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