Die Braut des Wuestenprinzen
hat. Sie würde gern herkommen, hat aber kein Visum bekommen. Sie hofft, dass du deshalb einmal mit der Botschaft in London sprechen könntest. Wäre das möglich?
„Ich werde mit Rusi darüber reden.“ Rusi war als Minister auch für den Tourismus zuständig. „Dann sollte es keine Probleme mehr geben. Wann will sie denn kommen?“
„Nächsten Monat. Sie sagt, sie hätte eine Überraschung für mich, müsste aber noch einiges vorbereiten.“
Darauf nickte Karim nur. Den Brief von Puran schien er vergessen zu haben, was Elenor teils erleichterte. Sie konnte den Gedanken, über diese Frau zu sprechen, nicht ertragen.
Andererseits musste sie wissen, worum es ging. Es wäre leichtsinnig, sich Informationen über Puran entgehen zu lassen.
Als Karim aufstehen wollte, bedeutete sie ihm daher, noch sitzen zu bleiben. „Ich hatte dich unterbrochen, als du von Purans Brief erzählen wolltest. Was hat sie denn geschrieben?“
„Nichts Wichtiges. Geschichten über ihre Familie und aus dem Dorf. Sie kommt nächste Woche nach Hause.“
Elenor flüchtete sich in Unverständnis. „Nach Hause? Was meinst du damit? Wo ist sie denn jetzt?“
Er lächelte. „Nach Hause, das heißt: hierher. Sie und Nargis kommen nächste Woche wieder.“
„Nein!“, rief sie entsetzt, schluckte und starrte Karim an, der sie verwundert musterte. „Nein“, wiederholte sie noch einmal. „Nein.“ Es schien das Einzige zu sein, was sie hervorbrachte.
„Was ist los?“, fragte er.
„Sie wird nicht herkommen, Kavi. Ich will es nicht. Ich werde nicht mit ihr sprechen und sie nicht ansehen. Sie soll nicht herkommen.“
„Hier ist ihr Zuhause“, erwiderte er sanft.
„Nein, hier ist mein Zuhause, meins und deins und Roshans. Und ich werde es nicht mit ihr teilen.“ Ihre Stimme klang schrill und alles andere als ruhig.
„Sie hat doch ihre eigenen Zimmer hier. Wenn du aus irgendwelchen Gründen wütend auf sie bist, kann ich dich beruhigen: Du wirst kaum mit ihr zu tun haben.“
Da sprang Elenor auf. „Ich will überhaupt nicht s mit ihr zu tun haben! Sie kommt nicht hierher! Und falls doch, dann gehe ich!“
Er atmete tief ein. „Fang nicht schon wieder damit an, Elenor.“
Was hatte sie da nur gesagt? „Es tut mir leid! Aber du musst das verstehen, Karim! Diese Frau hat mir dreieinhalb Jahre, die ich mit meinem Sohn hätte verbringen können, gestohlen. Und sie hat …“
„Elenor, hör auf!“
„Nein, ich höre nicht auf! Da mache ich nicht mit!“
Genau wie früher endete es in einem lautstarken Streit, in dem keiner von beiden auf den anderen einging oder dem anderen zuhörte. Am Ende rannte Karim aus dem Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Am ganzen Körper zitternd, sank Elenor auf ihren Stuhl.
„Mama?“ Die Tür zu Roshans Schlafzimmer stand einen Spalt weit offen. Durch diesen Spalt spähte er hindurch, als hätte er Angst, die Tür weiter zu öffnen.
„Roshan! Es ist alles in Ordnung. Komm her“, sagte sie.
In Windeseile stieß er die Tür auf, rannte zu ihr und vergrub sein Gesicht in ihrer Kleidung. Seufzend streichelte sie ihm über den Kopf.
„Hast du mich und Baba streiten gehört?“
Mit einem ernsten Nicken sah er zu ihr auf. „Warum habt ihr gestritten?“
„Weil wir wütend aufeinander waren.“
„Schreien Mütter und Väter einander an, wenn sie wütend aufeinander sind?“, fragte er, als wollte er die Grundregeln der Welt verstehen.
„Ja, manchmal. Aber sie haben sich trotzdem lieb.“
„Oh“, sagte er. „Wirst du mich auch anschreien?“
„Ich hoffe nicht, aber es kann passieren. Manchmal verliert man die Geduld, und dann schreit man diejenigen an, die man liebt.“ Sie streichelte ihm über den Kopf. „Aber mit dir würde ich nie die Geduld verlieren.“
Mit der Antwort schien er zufrieden zu sein. „Ich verliere auch manchmal die Geduld“, sagte er, als wollte er die Redewendung üben. Dann unterhielten sie sich über die verschiedenen Male, die Roshan wütend gewesen war. Bald war er ruhig genug, um zurück ins Bett zu gehen, und schlief auf der Stelle ein. Elenor ging ins Wohnzimmer und grübelte.
Was für ein Fehler, dass sie nicht längst mit Karim über Puran gesprochen hatte! Sie hätte es nicht so lange aufschieben dürfen. Hätte ihm alles erklären müssen, bevor Puran zurückzukehren drohte, und solange sie noch in der Lage war, klar zu denken.
In jedem Fall musste sie Puran davon abhalten, in den Palast zu kommen. Es war ein Fehler gewesen, sich
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