Die Braut des Wuestenprinzen
er sich vor, um die Lampe anzuknipsen, und sah ihr direkt in die Augen. „Das ganze Land wusste es. Ist mein Volk niemand für dich? Du wolltest mich beschämen, Elenor, aber es ist dir nicht gelungen. Ich habe mich nicht geschämt, ihnen zu zeigen, was ich meiner Frau zu tun gestatte – und was nicht. Und jetzt versuchst du schon wieder, mich zu beschämen, in dem du mir erzählst, ich würde dich, eine untreue Frau, lieben! Eine Frau, die wegen eines anderen Mannes ihre Pflichten, ihr Zuhause, ihr Kind und ihr Land verlassen hat? Nein, ich liebe dich nicht.“
Entsetzt lauschte sie der Flut von Beschimpfungen und wusste nicht, welcher Anschuldigung sie zuerst widersprechen sollte.
„Wegen eines anderen Mannes? Ich habe dich nicht wegen eines anderen Mannes verlassen! Wovon redest du denn da?“
„Über den Mann, den du heiraten wolltest. Oder war er etwa nicht in der Britischen Botschaft der Stadt tätig, in die du nach der Geburt deines Sohnes geflohen bist?“
„Gabriel? Nein! Zumindest … war er etwa dort?“
„Wusstest du nichts davon?“
„Ich weiß auch jetzt nichts davon! Und ganz egal, ob er dort war oder nicht: Ich kannte ihn nicht, und ich bin auch nicht dorthin gegangen, um ihn zu treffen, falls es das ist, was du mir sagen willst.“
Er sah sie nur an.
„Um Himmels willen, Kavi“, platzte es aus ihr heraus. „Ich habe dich geliebt, weißt du das nicht mehr?“
„Ich weiß noch, dass ich es geglaubt habe. Oh ja, und du konntest dich sehr gut verstellen. Ich weiß noch, wie du mich mit diesen großen, erschrockenen Augen angesehen hast. Und dann jedes Mal Reißaus genommen hast, wenn ich mich dir genähert habe. Bis ich verrückt nach dir war. Aber ich habe auch nicht vergessen, wie du unbedingt nach Kaljukistan wolltest, sobald der Krieg begonnen hatte. Ich habe nicht vergessen, wie du mich mit Fragen gelöchert hast. Ich habe nicht vergessen, wie du warst, als du mit meinem Sohn schwanger warst. Oder wie sehr du ihn gehasst hast, als er geboren wurde …“
„Nein!“, schrie sie verzweifelt.
„… und wie du weggelaufen bist und in Kauf genommen hast, dass er stirbt. Gab es jemanden, für den du all dies getan hast?“
„Aber für wen denn?“, flüsterte sie verwirrt.
„Für wen? Ich weiß es nicht. Manche Leute haben erzählt, die Kaljuken hätten dich bezahlt.“
„Halt den Mund“, rief sie und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige. Plötzlich bekam sie Angst vor ihm. Sie stieg aus dem Bett und stellte sich daneben. „Es tut mir leid, das hätte ich nicht tun dürfen. Aber du auch nicht … Du hast kein Recht, so mit mir zu sprechen. Ich habe ebenso gelitten wie du. Das musst du respektieren.“
„Du hast gelitten?“, erwiderte er ungläubig. „Weshalb hast du gelitten?“
Sie wandte ihm den Rücken zu und verließ das Zimmer.
Stundenlang ging Elenor auf und ab und dachte nach.
Heute Nacht war ihr einiges klar geworden. Alles war noch viel schlimmer, als sie gedacht hatte. Genau wie sie hatte auch Karim alles infrage gestellt. Genauso wie sie hielt er sich für den Betrogenen. Er dachte, alles wäre von Anfang an nur Lug und Trug gewesen. Genau wie sie. Er verdächtigte sie sogar, eine Spionin zu sein!
Gern würde sie sich darüber empören, doch sie hatte ebenso schlecht von ihm gedacht. Und das alles nur wegen einer einzigen Frau.
Beide müssten viel nachdenken. Und viel miteinander sprechen. Und es würde sehr mühselig werden, denn im Gegensatz zu ihr wollte Karim sie nicht lieben. Sie hingegen liebte ihn. Zuerst hatte sie dagegen angekämpft, doch nun, wo es so eindeutig war, gab es keinen Grund mehr dafür.
Karim warf ihr viele scheußliche Verfehlungen vor; sie würde alle widerlegen. Er musste einfach auf sie hören. Er liebte sie. Er musste sie lieben, sagte sie sich verzweifelt.
Am nächsten Morgen behandelte er sie genauso wie vorher, wie eine Kollegin, auf die er sich verlassen konnte. Nichts deutete auf das hin, was in der Nacht zuvor geschehen war.
Innerlich gab Elenor auf. Wenn er wenigstens irgendeine Regung gezeigt hätte – aber er verhielt sich genau wie am Tag zuvor um die gleiche Zeit.
Ich habe mich getäuscht, dachte sie. Und auch Gabriel und Lana haben sich getäuscht. Karim liebt mich nicht. Seine Liebe ist gestorben.
17. KAPITEL
Eines Abends sagte Karim: „Ich habe heute Morgen einen Brief von Puran bekommen.“
Elenor erschrak und sagte so beiläufig wie möglich: „Ach, dabei fällt mir ein, dass Lana heute angerufen
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