Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
überreagierst? «
    » Ich will ihn mir ansehen. «
    Caroline versuchte ihre Hand wegzuziehen, aber Janie ließ nicht los.
    » Also wirklich, Janie … das ist nicht nötig. «
    » Das zu beurteilen solltest du mir überlassen. «
    In der Küche zog Janie das Pflaster ab und untersuchte den Finger unter einer starken Lampe. » Zeig mir den gleichen Finger an der anderen Hand «, bat sie.
    Unwillig hielt Caroline ihn neben seinen Bruder.
    Der Niednagel war deutlich zu sehen, eine kleine Erhebung im Fleisch rund um die Nagelhaut des Zeigefingers. Die Umgebung war gerötet und geschwollen. »Seit wann hast du die Rötung? « f ragte Janie schar f .
    » Erst seit gestern. « Caroline versuchte, unbefangen und unbesorgt zu klingen, doch das mißlang ihr jämmerlich. » Ich glaube, ich habe den Nagel zu kurz geschnitten. «
    » Die Pest kann einen lange Zeit sehr anfällig für Infektionen machen «, predigte Janie ihrer Freundin. » Ich möchte, daß du geradezu zwanghaft reinlich bist. «
    Caroline runzelte die Stirn und wirkte etwas beleidigt. » Das weiß ich. Du hast es mir tausendmal gesagt. «
    » Ich möchte einfach gewährleistet sehen, daß du vorsichtig genug bist «, beharrte sie. » Obwohl es nicht wirklich eine Garantie gibt, daß das möglich ist. «
    Während sie zusammen am Spülbecken standen und ihre Hände mit starker Seife und dampfend heißem Wasser schrubbten, sagte Caroline: » Herrjemine! Du mußt es leichter nehmen. Es ist nicht die Pest, und auch nicht MR SAM. «
    Sie trockneten ihre Hände mit Papiertüchern ab, die sofort weggeworfen wurden. » Was ist es dann? «
    » Ein Niednagel «, blaffte Caroline. » Bloß ein Niednagel. «
     
    D ie Stimmung in der Stiftung war so gehetzt und unsicher wie überall. Menschen eilten ein und aus, es herrschten Lärm und Verwirrung; die Sicherheitsleute hielten jeden an, der auch nur entfernt verdächtig aussah. Das erste, was Janie bemerkte, als sie in das Gedränge beim Haupteingang geriet, waren die wieder in Betrieb genommenen Bakterienscanner.
    Janie bewegte ihre Hand über dem Identifikationssensor und passierte die Schleuse. Nachdem sie für sauber befunden worden war, wartete sie auf der anderen Seite, während Kristina durch die Sperre des Geräts ging. Sie sah die metallenen Autoschlüssel in Kristinas Hand glänzen und hörte den Metalldetektor anschlagen. Als die Wachleute sich in Kristinas Richtung drehten, lächelte die junge Frau sie an und zuckte bedauernd mit den Schultern. Sie hielt ihre Autoschlüssel hoch, und nach kurzem Zögern winkte einer der Wachmänner sie durch.
    Janie beobachtete den ganzen Vorgang mit leisem Unbehagen. Sie steht nicht in Big Dattie. Sie hat ihre Autoschlüssel in der Hand mit dem Implantat gehalten, als sie durchging. Ein weiteres Fragezeichen – aber sie hatte keine Zeit, sich zu überlegen, was da soeben deutlich geworden war. Das würde warten müssen.
    » Wir wollen uns nicht zu lange aufhalten «, sagte Janie, als sie Kristina die Treppe hinunter zu einem der Kellerlabors führte.
    » Mein Supervisor ist nicht sehr glücklich mit mir. «
    » Wenn man bedenkt, was jetzt los ist, hat er wahrscheinlich im Moment andere Sorgen «, meinte Kristina.
    » Da könnten Sie recht haben, aber trotzdem … wir sollten so schnell wie möglich wieder von hier verschwinden. «
    Sie hatte den Korridor noch nie bei solchen Gefahren in der Luft passiert. Als sie nach oben und um sich schaute, hatten die Wände und die Decke etwas seltsam Vertrautes, und Janie sah auf einmal wieder vor sich, wie sie in London durch einen ähnlichen Gang gelaufen war und ähnlich entsetzt auf die damalige Schreckenssituation reagiert hatte.
    Nein, sagte sie entschlossen zu sich selbst. Nicht jetzt.
    Sie versuchte, die Erinnerung abzuschütteln; aber das Bild hielt sie erbarmungslos gefangen, sie konnte es nicht loswerden: Während sich auf ihrer Stirn Schweißperlen bildeten, sah sie sich im Korridor eines Gebäudes, das früher einmal ein Krankenhaus gewesen war; hier lagen an der Schweinepest erkrankte Patienten und stöhnende Soldaten des Ersten Weltkriegs im Sterben. Noch hundert Jahre später hatten die unheimlichen Schatten nach ihr zu greifen versucht.
    Janie schwankte leicht. Sie blieb stehen und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab, während die Vergangenheit sie überwältigte.
    Kristina bemerkte das und kam näher, um sie zu halten.
    » Alles in Ordnung? « fragte sie.
    Nach einem kräftigen Atemzug zwang sie sich, sich auf

Weitere Kostenlose Bücher