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Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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ab, fand seine Zigaretten und zündete sich eine an.
    »Auch wenn Sie ein Wichser sind und trotz erdrückender Gegenbeweise glauben, dass Sie alles besser wissen, denke ich, dass Sie auf der Seite der Guten kämpfen. Wir reden morgen miteinander, falls ich über Nacht irgendwas Geniales und Scharfsinniges in mein Notizbuch kritzeln sollte oder die Spurensicherung ein paar Fragen zu einem Teil des Tatorts haben sollte, den Sie verunreinigt haben, aber danach können Sie sich wieder Ihren Angelegenheiten widmen. Dafür erwarte ich, dass ich irgendwann in naher Zukunft einen Anruf von Ihnen bekomme, weil Sie alles loswerden wollen, was Sie wissen oder erfahren haben. Und danach, vorausgesetzt, es ist nicht zu spät, um irgendwas anderes zu machen, als eine Leiche in Augenschein zu nehmen, werde ich eine Erklärung dafür haben, was hier vorgefallen ist, und vielleicht werde ich sogar befördert, weil ich den Fall abgeschlossen habe. Wie klingt das?«
    »Das klingt vernünftig.«
    »Das will ich doch meinen. Und jetzt dürfen Sie sich in Ihren schicken Lexus setzen und wegfahren. Ein paar von uns müssen Überstunden schieben. Ich habe Sie übrigens nie für einen Typ gehalten, der einen Lexus fährt. Soweit ich gehört habe, fahren Sie einen Mustang, genau wie Steve McQueen.«
    »Der Mustang ist in der Werkstatt«, log ich. »Das ist ein Mietwagen.«
    »Ein Mietwagen aus New York? Geben Sie mir keinen Anlass, die Nummernschilder zu überprüfen. Nun ja, falls Sie in Rangeley kein Zimmer finden, können Sie ja im Auto schlafen. Groß genug ist es. Fahren Sie vorsichtig.«
    Ich fuhr zurück nach Rangeley und nahm mir im Rangeley Inn ein Zimmer. Das Hauptgebäude, dessen Lobby mit Hirschköpfen und einem ausgestopften Bären ausstaffiert war, war saisonal bedingt noch geschlossen, deshalb bekam ich ein Motelzimmer in der Lodge hinter dem Haus. Zwei andere Autos standen in der Nähe. Auf dem Beifahrersitz des einen lag eine Landkarte von der Gegend, und am Armaturenbrett pappte ein Aufkleber eines Fernsehsenders aus Bangor, an dem ein handschriftlicher Zettel mit der Bitte »Nicht abschleppen!« befestigt war. Ich duschte, zog mein Hemd aus und ein frisches T-Shirt an, das ich mir an einer Tankstelle besorgt hatte. Proctors Verwesungsgeruch hing mir immer noch an, was größtenteils auf Einbildung und Erinnerung beruhte. Viel mehr störte mich das unbehagliche Gefühl, das ich in dem angrenzenden Zimmer gehabt hatte. Es kam mir vor, als wäre ich in ein Streitgespräch geraten, das gerade zu Ende ging, so dass ich nur noch den Widerhall der letzten Worte hörte, deren ganze Gehässigkeit und Boshaftigkeit. Ich fragte mich, ob das die letzten Worte waren, die Harold Proctor vor seinem Tod gehört hatte.
    Ich ging rüber zu Sarge’s Pub, um mir etwas zu essen zu besorgen. Die Wahl war mir nicht schwergefallen, da allem Anschein nach kein anderes Lokal in der Nähe geöffnet hatte. Im Sarge’s gab es eine lange, geschwungene Bar mit fünf Fernsehapparaten, auf denen vier Sportsendungen liefen und auf dem letzten, hinter der Bar, die Lokalnachrichten. Die Sportsendungen waren leise gestellt, und eine Gruppe Männer verfolgte schweigend die Nachrichten. Proctors Tod war das Hauptthema, was einerseits daran lag, dass der Vorfall höchst sonderbar war, und andererseits an diesem Abend nachrichtentechnisch nicht viel los war. Normalerweise wurde über einen Selbstmord nicht so ausführlich berichtet, und die Lokalsender nahmen für gewöhnlich eher Rücksicht auf die Verwandten der Toten, aber ein paar Einzelheiten von Proctors Tod waren ihnen eindeutig zu Ohren gekommen: ein Mann, der sich in einem Zimmer eines stillgelegten Motels verbarrikadiert und sich offenbar das Leben genommen hatte. In dem Bericht wurden die Schüsse nicht erwähnt, die er auf jemand draußen vor der Tür abgegeben hatte, bevor er sich umbrachte.
    Ich hörte Gemurmel, als ich mich abseits der Bar hinsetzte, und zwei, drei Köpfe drehten sich nach mir um. Einer davon gehörte Stunden, dem Tierpräparator. Ich bestellte mir bei der Bedienung einen Burger und ein Glas Wein. Der Wein kam schnell, kurz darauf gefolgt von Stunden. Ich verfluchte mich stillschweigend. Ich hatte mein Versprechen ihm gegenüber vergessen. Das mindeste, was ich ihm aufgrund seiner Sorge um Harold Proctor und für die Informationen, die er mir hatte zukommen lassen, schuldete, war ein persönlicher Besuch samt einer Klarstellung dessen, was vorgefallen war.
    Die Leute, die sitzen

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