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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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anderes. So ist es immer gewesen, schon in den Tagen unserer Vorfahren, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Diese Leute mögen Runen und alte Prophezeiungen dafür benutzen, um ihre Verbrechen zu legitimieren, aber das alles ist nichts als Hokuspokus und fauler Zauber.«
    »Denkst du das wirklich, Onkel?«
    Sir Walter blickte seinen Neffen an. Als er den verschreckten Ausdruck in seinem Gesicht sah, legte sich sein Zorn ein wenig. »Ja, Quentin«, lenkte er ein. »Daran glaube ich. Die Vergangenheit, die ich in meinen Romanen so gern heraufbeschwöre, liegt hinter uns. Die Zukunft gehört der Vernunft und der Wissenschaft, dem Fortschritt und der Zivilisation. Sie bietet keinen Platz für alten Aberglauben. All das haben wir längst hinter uns gelassen, und wir können das Rad der Zeit weder anhalten noch es zurückdrehen. Was immer hinter all dem steckt, hat nichts mit Zauberei oder dunkler Magie zu tun. Es ist das Werk von Menschen, mein Junge. Nichts weiter. Und genau das werde ich auch Abt Andrew sagen.«
    Quentin sah die bittere Entschlossenheit im Gesicht seines Onkels und wusste, dass es sinnlos gewesen wäre, ihn aufhalten zu wollen. Andererseits war das auch gar nicht sein Wunsch, denn Sir Walters Sicht der Dinge klang nicht nur vernünftiger, sondern auch weniger beunruhigend als das, was Quentin im Kloster mit angehört hatte.
    Er beschloss, seinen Onkel nach Kelso zu begleiten, und folgte ihm hinaus auf den Korridor, wo ihnen der Hausverwalter entgegenkam.
    »Sire!«, rief er aufgeregt.
    »Mein armer Mortimer«, sagte Sir Walter angesichts des aufgelösten Anblicks, den der alte Verwalter bot. »Was ist dir denn begegnet?«
    »Eine ganze Abteilung bewaffneter Dragoner, Sire«, erwiderte Mortimer mit vor Aufregung stockender Stimme. »Sie sind soeben in den Innenhof eingeritten. Der Engländer ist ebenfalls bei ihnen.«
    »Inspector Dellard?«, fragte Scott erstaunt.
    »So ist es, Sire, und er wünscht Sie dringend zu sprechen. Was soll ich ihm sagen?«
    Sir Walter überlegte einen Moment und tauschte mit Quentin einen vorsichtigen Blick. »Sage dem Inspector, dass ich ihn in meinem Arbeitszimmer erwarte«, teilte er dem Verwalter schließlich mit. »Und lass Anne Tee und Gebäck bringen. Unser Gast soll nicht das Gefühl haben, wir im Norden hätten keine Manieren.«
    »Sehr wohl, Sire«, sagte Mortimer und entfernte sich.
    »Was mag Dellard wollen?«, fragte Quentin.
    »Ich weiß es nicht, Neffe«, erwiderte Sir Walter, in dessen kleinen Augen es listig blitzte, »aber wenn uns der Zufall einen solchen Trumpf in die Hände spielt, sollten wir ihn nicht leichtfertig vergeben. Mit dem, was wir von Abt Andrew wissen, sollte es uns möglich sein, den guten Inspector ein wenig unter Druck zu setzen. Vielleicht wird Dellard dann gesprächiger, was diesen mysteriösen Fall betrifft …«
    Wie sich zeigte, schien Charles Dellard Sir Walter die Meinungsverschiedenheit während ihrer letzten Unterredung nicht zu verübeln. Der Inspector trug wieder die alte Überlegenheit zur Schau, als er das Arbeitszimmer Sir Walters betrat und in dem Sessel Platz nahm, den der Herr des Hauses ihm anbot.
    »Ich danke Ihnen, Sir«, sagte er, als eines der Hausmädchen ihm ein Tablett mit frisch gebrühtem Tee und Gebäck servierte. »Es ist schön zu sehen, dass die Zivilisation auch bis hierher vorgedrungen ist. Obgleich die jüngsten Ereignisse eine andere Sprache zu sprechen scheinen.«
    »Haben Sie etwas herausgefunden?«, fragte Sir Walter, der es vorgezogen hatte zu stehen und nun skeptisch auf den Besucher herabblickte.
    »Das könnte man so sagen, ja.« Dellard nickte und nahm einen Schluck vom heißen Earl Grey. »Es ist mir gelungen, den Mann zu identifizieren, den Ihr Neffe in jener Nacht erschossen hat.«
    »Tatsächlich?«
    »Sein Name ist Henry McCabe. Wie Sie richtig vermutet haben, stammte er aus einer anderen Gegend, weshalb sich die Identifizierung so überaus schwierig gestaltet hat. Sein Heimatort ist Elgin, weit oben im Norden. Er gehörte einer Bande von Aufrührern an, die dort schon seit längerem ihr Unwesen treiben und ihr Tätigkeitsgebiet nun offenbar nach Süden ausgeweitet haben. Sie sehen also, Sir Walter – wir machen durchaus Fortschritte.«
    »Ich bin beeindruckt«, sagte der Herr von Abbotsford, aber es klang nicht sehr aufrichtig. »Und was hat es mit dem Runenzeichen auf sich? Haben Sie auch darüber etwas herausgefunden, das Sie mir berichten könnten?«
    »Ich bedauere.«

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