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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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werde mir nehmen, was mir zusteht«, murmelte er zwischen keuchenden Atemstößen. »Sie gehören mir, Mary, mir ganz allein.«
    Für einen Augenblick wollten ihr die Sinne vergehen vor Abscheu, Furcht und Scham. Dann aber regte sich ihr Widerstand.
    Sie gehörte diesem Scheusal in Menschengestalt nicht, war nicht sein Eigentum, und wenn sich Malcolm gewaltsam nehmen wollte, was sie ihm aus gutem Grund verweigert hatte, so verdiente er nichts anderes als ihre Verachtung.
    Ihr Leben lang war Mary dazu erzogen worden, sich zu fügen und zu gehorchen. In einer von Männern dominierten Gesellschaft war es für eine Frau der schnellste und leichteste Weg, zu Wohlstand und Ansehen zu gelangen, wenn sie sich an die Regeln des Spiels hielt, die von Männern vorgegeben wurden. Auch wenn Mary hin und wieder dagegen rebelliert hatte, war es nur ein schwaches, halbherziges Aufbäumen gewesen. Das System selbst hatte sie nie wirklich angezweifelt.
    In dem Augenblick, als Malcolm of Ruthven keuchend über sie herfiel, ihre Brust befühlte und seine Leibesmitte gegen ihren Schoß drängte, war es damit vorbei. Eine Stimme in ihr erwachte, die bislang geschwiegen hatte und die ihr sagte, dass sie sich zur Wehr setzen musste – und Mary handelte.
    Später wusste sie nicht mehr zu sagen, wie sie den Mut dazu aufgebracht hatte; vielleicht war es auch nur pure Verzweiflung gewesen. Aber kaum hatte Malcolm of Ruthven ihre Arme losgelassen, um sich schnaubend wie ein Ross über ihre Brüste herzumachen, holte sie aus und versetzte ihm zwei schallende Ohrfeigen.
    Der Laird ließ von ihr ab und starrte sie verblüfft an, nicht so sehr wegen des Schmerzes als wegen des Umstands, dass sie sich überhaupt zur Wehr gesetzt hatte. Von seinen Dirnen war er anderes gewohnt.
    Mary wartete nicht, bis er seine Überraschung überwunden hatte und sich erneut auf sie stürzen konnte. Ihr rechtes Knie schnellte empor und traf den Burgherrn in den Unterleib, dorthin, wo sich die Quelle seines dreisten Begehrens befand. Daraufhin fuhr sie herum, öffnete die Tür der Kammer und stürzte hinaus auf den von Fackelschein beleuchteten Gang.
    Sie konnte sein Stöhnen und Fluchen hinter sich hören und rannte, so schnell sie nur konnte. Als sie die Seidenpantoffeln verlor, lief sie mit nackten Füßen über kalten Stein, während ihr Nachtgewand und der Morgenrock sie wie Schleier umwehten. Gehetzt wie ein Reh, das von Weidmännern gejagt wurde, blickte sie zurück und sah den Laird als dunklen Schatten am Ende des Korridors. Sie hörte die wüsten Flüche, mit denen er sie überhäufte, ehe er mit schwerfälligen, stampfenden Schritten die Verfolgung aufnahm.
    Mit pochendem Herzen eilte Mary durch die nächtliche Burg. Am Ende des Ganges bog sie in einen schmaleren Korridor, über dem sich eine niedere, halbrunde Decke wölbte. In gebückter Haltung rannte Mary hindurch, doch sie schnitt sich die Fußsohlen an den scharfkantigen Steinen und hinterließ eine blutige Spur, der Malcolm leicht folgen konnte. Marys einziges Glück war, dass der Laird zu viel getrunken hatte und sich nur träge bewegte, andernfalls hätte er sie längst eingeholt.
    In kopfloser Flucht lief sie durch lange Korridore und über Treppen, die bald nach oben und bald nach unten führten. Schon nach kurzer Zeit wusste sie nicht mehr, wo sie sich befand. Längst hatte sie noch nicht alle Bereiche der Burg gesehen, und in den letzten Tagen war ihr auch nicht der Sinn nach Exkursionen gestanden. Doch wohin sie auch lief: Die stampfenden Schritte und der keuchende Atem ihres Verfolgers blieben hinter ihr.
    Mary kam sich vor, als spielte sie die Hauptrolle in ihrem schlimmsten Albtraum. Ziellos rannte sie durch halbdunkle Gänge und Korridore, immer auf der Flucht vor ihrem Häscher. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, Furcht schnürte ihr die Kehle zu. Immer wieder schaute sie zurück und erheischte flüchtige Blicke auf den langen Schatten, den Malcolm of Ruthvens Gestalt im Schein der Fackeln warf.
    Hier und dort versuchte sie, die Türen zu öffnen, die zu beiden Seiten auf die Gänge mündeten. Doch entweder waren sie verschlossen, oder sie gingen in weitere Korridore über, die nur noch tiefer ins Herz der düsteren Festung führten.
    An einer Kreuzung blieb Mary stehen. Ihr Atem ging heftig, und ihr Pulsschlag hämmerte, während sie sich verzweifelt zu orientieren versuchte. Eine Richtung erschien ihr so wenig aussichtsreich zu sein wie die andere, und schon hörte sie, wie die Schritte

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