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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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ihres Verfolgers näher kamen. Plötzlich tauchte Malcolm am Ende des Korridors auf. Seine Augen waren wie glühende Kohlen, die in der Dunkelheit leuchteten.
    »Habe ich dich endlich!«, brüllte er mit sich überschlagender Stimme, und einem jähen Impuls gehorchend, entschied sich Mary für den rechten Gang. Schon nach wenigen Schritten dämmerte ihr die Erkenntnis, dass sie sich falsch entschieden hatte: Der Korridor endete vor einer mächtigen Eichenholztür.
    Die Tür zum Westturm!
    Die verbotene Tür, wie Samuel ihr gesagt hatte.
    In ihrer Verzweiflung drückte Mary die Klinke hinunter und war überrascht, als die Tür sich öffnen ließ. Flugs huschte Mary hindurch.
    Im Mondlicht, das durch schmale Fensterschlitze fiel, konnte sie die Treppe sehen, die sich steil und eng nach oben wand. Mary machte sich keine Illusionen. Erschöpft wie sie war, würde ihr Verfolger sie rasch einholen. Sie wandte sich um und wollte zurück – um zu ihrem Entsetzen festzustellen, dass Malcolm die Mündung des Korridors bereits erreicht hatte und ihr den Weg abschnitt. Im Fackelschein, der über sein Gesicht wischte, konnte sie sein siegessicheres Grinsen sehen.
    Mary biss die Zähne zusammen und rannte los, eine andere Wahl hatte sie nicht. Schon auf den ersten Stufen trat sie auf den Saum ihres Nachthemds. Der dünne Stoff riss, und beinahe wäre sie zu Fall gekommen. Mit den Händen stützte sie sich auf den steilen Stufen ab und eilte weiter, immer weiter hinauf. In einem engen Kreis wand sich die Treppe nach oben. Atemlos folgte Mary ihr, während Malcolm weiter aufholte.
    Ihre Muskeln begannen zu schmerzen, und ihre blutigen Füße taten weh. Ein Teil von ihr wollte aufgeben. War es nicht sinnlos, die Flucht fortzusetzen? Sie hatte sich in eine Sackgasse begeben, aus der es kein Entkommen gab. Am Ende der Treppe würde auch ihre Flucht zu Ende sein – weshalb sollte sie also nicht einfach stehen bleiben und sich in ihr Schicksal ergeben?
    Nein!
    Trotzig schüttelte sie den Kopf. Wenn Malcolm of Ruthven sie mit Gewalt nähme, sollte er nicht das Gefühl haben, dass sie ihm auf halbem Weg entgegengekommen wäre. Sie wollte kämpfen bis zuletzt, und solange auch nur ein Funken Leben in ihr war, würde sie nicht aufgeben.
    Mit aller Kraft, die ihr noch blieb, erklomm sie die Stufen. Sie passierte schmale, glaslose Fenster, durch die ein eisig kalter Wind fegte, und stieg immer weiter hinauf, getrieben von schierer Verzweiflung. Unvermittelt erreichte sie das Ende der Treppe. Vor einer schweren Tür aus Eichenholz endete Marys Flucht. Bar jeder Hoffnung drückte sie die Klinke – und war maßlos überrascht, als die Tür tatsächlich aufsprang. Ihr blieb keine Zeit, um aufzuatmen. Keuchend stürzte sie in die Turmkammer, schlug die Tür hinter sich zu und schob den Riegel vor. Erschöpft sank sie nieder, der Ohnmacht nahe, während draußen bereits stampfende Schritte zu hören waren.
    Vor der Tür verstummten sie, dafür hörte Mary lüsternes Keuchen und etwas, das sich wie das Grunzen eines Schweins anhörte. Im Mondlicht, das durch das schmale Fenster der Turmkammer fiel, konnte sie sehen, wie die Klinke niedergedrückt wurde. Als Malcolm die Kammer verschlossen fand, begann er zornig an der Tür zu rütteln und mit solcher Wucht dagegen zu hämmern, dass Mary ängstlich zusammenzuckte.
    »Was soll das?«, tönte es von draußen. »Öffne sofort die Tür, hörst du!«
    Mary schwieg. Sie zitterte am ganzen Körper vor Angst und Erschöpfung und war nicht mehr in der Lage, auch nur einen Ton hervorzubringen.
    »Verdammt!« Malcolm of Ruthven vergaß alle guten Sitten und fluchte wie ein Tagelöhner. »Lass mich gefälligst ein, hörst du nicht? Ich bin dein Mann und verlange, was mir zusteht!«
    Er tobte und zeterte, während sie hinter der Tür am Boden kauerte und spürte, wie das Holz unter jedem seiner Schläge erzitterte. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus. Sie presste sich die Hände auf die Ohren, hoffte und betete, dass das alte Holz nicht nachgeben möge. Der Gedanke, was geschehen würde, wenn er sie jetzt in seinem rasenden Zorn zu fassen bekäme, versetzte sie in Panik.
    »Du undankbares Weibsstück«, hörte sie ihn wie aus weiter Ferne brüllen. »Ich habe dich in mein Haus aufgenommen. Ich biete dir meinen guten Namen und meinen Reichtum, und was gibst du mir dafür?«
    Wieder erbebte die Tür unter wuchtigen Schlägen und Tritten, aber sowohl der Riegel als auch das Türblatt hielten der

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