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Die Bruderschaft

Die Bruderschaft

Titel: Die Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Jammer, wenn der Rest des Landes denselben Fehler begehen würde.«
    Den sofort nach der Sendung vorgenommenen Umfragen zufolge lag Lake weit in Führung. Der IVR rief unmittelbar nach der Debatte 1000 Wähler an. Beinahe 70 Prozent fanden, Lake sei der bessere Kandidat.
    An Bord von Lakes Maschine, die am späten Abend von Pittsburgh nach Wichita gestartet war, knallten die Korken, und eine kleine Party begann. Nach und nach wurden die Umfrageergebnisse - eins besser als das andere - durchgegeben, und es herrschte Siegesstimmung.
    Alkohol war an Bord der Boeing zwar nicht verboten, aber auch nicht erwünscht. Wenn einer von Lakes Mitarbeitern einen Drink nehmen wollte, musste er es schnell und diskret tun. Doch gewisse Augenblicke musste man einfach feiern. Auch Lake trank zwei Gläser Champagner. Nur seine engsten Vertrauten waren anwesend. Er dankte und gratulierte ihnen, und während die nächste Flasche geöffnet wurde, sahen sie sich noch einmal die Höhepunkte der Debatte an. Das Video wurde jedes Mal angehalten, wenn Gouverneur Tarry besonders verwirrt aussah, und jedes Mal wurde das Gelächter lauter.
    Die kleine Feier dauerte jedoch nicht lange. Nach und nach wurden alle von ihrer Müdigkeit eingeholt. Diese Leute hatten wochenlang nur fünf Stunden pro Nacht geschlafen, die meisten in der Nacht vor der Debatte sogar noch weniger. Auch Lake war erschöpft. Er trank sein drittes Glas Champagner aus - es war das erste Mal seit vielen Jahren, dass er so viel getrunken hatte -, setzte sich in den Ledersessel mit der verstellbaren Lehne und deckte sich mit einer Steppdecke zu. Auch die anderen hatten sich auf den Liegesitzen in der abgedunkelten Kabine ausgestreckt.
    Im Flugzeug konnte er meist nicht schlafen. Auch jetzt tat er es nicht. Es gab zu viele Dinge zu bedenken und zu erwägen, und er genoss seinen Sieg in der Fernsehdebatte. Während er die Decke zurechtstrich, wiederholte er in Gedanken noch einmal seine besten Sätze. Er war brillant gewesen, auch wenn er das niemandem gegenüber zugegeben hätte.
    Die Nominierung war ihm sicher. Auf dem Parteitag würde man ihn wählen, und dann würden er und der Vizepräsident sich nach bester amerikanischer Tradition ein viermonatiges Duell liefern.
    Er schaltete das kleine Leselicht ein, das über seinem Sitz montiert war. Weiter vorn, in der Nähe des Cockpits, leuchtete ein zweites Leselicht. Noch ein Schlafloser. Die anderen schnarchten unter ihren Decken und schliefen den Schlaf junger Leute, die mit hochoktanigem Treibstoff angetrieben wurden. Lake öffnete seinen Aktenkoffer und holte eine kleine Ledermappe hervor, in der sich seine privaten Briefkarten befanden. Sie waren zehn mal fünfzehn Zentimeter groß, aus handgeschöpftem, leicht getöntem Bütten und links oben in einer halbfetten Antiquaschrift mit dem Namen »Aaron Lake« bedruckt. Mit einem dicken, altmodischen Füller schrieb Lake einige Zeilen an seinen Zimmergenossen aus Collegezeiten, der jetzt an einer kleinen Universität in Texas Professor für Latein war. Er schrieb eine Dankeskarte an den Moderator der Fernsehdebatte und eine an seinen Wahlkampfkoordinator in Oregon. Lake liebte die Romane von Tom Clancy. Er hatte kürzlich das neueste und bislang dickste Buch von ihm gelesen und schrieb einen kurzen Glückwunsch an den Autor.
    Manchmal reichte eine Karte nicht aus, und darum hatte er noch andere von derselben Größe und Farbe, jedoch ohne Namensaufdruck. Auf eine dieser Karten schrieb er, nachdem er sich mit einem kurzen Blick vergewissert hatte, dass seine Mitarbeiter fest schliefen:

    Lieber Ricky!
    Ich glaube, es ist am besten, wenn wir unseren Briefwechsel beenden. Ich wünsche dir alles Gute.
    Herzliche Grüße, AI

    Die Adresse in Aladdin North hatte er im Kopf. Er schrieb sie auf einen ebenfalls unbedruckten Umschlag. Dann nahm er einige mit seinem Namen versehene Karten und formulierte Dankschreiben an Leute, die größere Summen gespendet hatten. Nach zwanzig Karten übermannte ihn die Müdigkeit. Die Karten lagen vor ihm auf dem Tischchen, und das Licht brannte noch, als er sich zurücklehnte. Innerhalb weniger Minuten war er eingeschlafen.
    Nach nicht einmal einer Stunde wurde er von panischen Schreien geweckt. Die Kabinenbeleuchtung war eingeschaltet, Menschen eilten umher, und überall war Rauch. Aus dem Cockpit drang ein lautes Alarmsignal, und als Lake den Schlaf abgeschüttelt hatte, wurde ihm bewusst, dass die Boeing sich in einem steilen Sinkflug befand. Die Panik

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