Die Bruderschaft
Sicherheit des Landes hing davon ab.
Andererseits wäre ein Absturz keine Katastrophe gewesen. Lake und sein Doppelleben wären verschwunden, und ein gewaltiges Problem wäre erledigt gewesen. Gouverneur Tarry hatte am eigenen Leib erfahren, welche überragende Bedeutung unbegrenzte finanzielle Mittel spielten. Teddy hätte noch rechtzeitig eine Abmachung mit ihm treffen können, um den Wahlsieg im November zu sichern.
Aber Lake war unversehrt geblieben und dominierte die politische Landschaft noch mehr als zuvor. Sein sonnengebräuntes Gesicht war auf den Titelseiten aller Zeitungen, und wohin er auch ging, war eine Fernsehkamera nicht weit. Sein Wahlkampf war erfolgreicher, als Teddy es sich hatte träumen lassen.
Warum also diese Angst im Bunker? Warum feierte Teddy nicht?
Weil das Rätsel um die Richter noch immer nicht gelöst war. Und weil er diese Leute nicht einfach umbringen konnte.
FÜNFUNDZWANZIG
Das Team in der Abteilung Dokumente benutzte denselben Laptop wie für den letzten Brief an Ricky. Der Brief war von Deville persönlich entworfen und von Mr. Maynard gutgeheißen worden.
Lieber Ricky!
Ich habe mich gefreut, als ich las, dass du demnächst in ein Offenes Haus in Baltimore entlassen wirst. Gib mir ein paar Tage Zeit - ich werde mich um einen
Vollzeitjob für dich kümmern. Der Arbeitgeber ist eine Kirchengemeinde, und du wirst nicht sehr viel verdienen, aber für einen Neuanfang ist es genau das Richtige.
Ich schlage vor, dass wir uns ein bisschen mehr Zeit lassen. Vielleicht treffen wir uns erst einmal zum Mittagessen und sehen dann weiter. Ich bin nicht der Typ, der die Dinge überstürzt.
Ich hoffe, es geht dir gut. Ich lasse dich nächste Woche die Einzelheiten über den Job wissen. Halt die Ohren steif.
Liebe Grüße, AI
Nur das »AI« war handgeschrieben. Der Umschlag wurde mit einem Washingtoner Poststempel versehen und dann per Kurier an Klockner in Neptune Beach weitergeleitet. Trevor war in Fort Lauderdale, wo er erstaunlicherweise normale anwaltliche Dinge zu erledigen hatte, und so lag der Brief zwei Tage lang im Postfach von Aladdin North. Als Trevor erschöpft nach Neptune Beach zurückkehrte, blieb er nur lange genug in seiner Kanzlei, um einen heftigen Streit mit Jan vom Zaun zu brechen; dann stürmte er hinaus, setzte sich in seinen Wagen und fuhr zum Postamt. Zu seiner Freude war das Postfach voll. Er sortierte die Reklamesendungen aus, fuhr zum einen Kilometer entfernten Postamt von Atlantic Beach und sah im Postfach von Laurel Ridge nach, der teuren Drogenklinik, in der Percy saß.
Nachdem er die Post abgeholt hatte, fuhr Trevor, sehr zu Klockners Enttäuschung, direkt nach Trumble. Unterwegs telefonierte er nur einmal, und zwar mit seinem Buchmacher. Er hatte innerhalb von drei Tagen 2500 Dollar beim Eishockey verloren, einem Sport, für den Spicer sich nicht interessierte. Trevor hatte seine Favoriten selbst ausgesucht - mit vorhersehbarem Ergebnis.
Spicer wurde zwar ausgerufen, erschien aber nicht, und so kam Beech ins Anwaltszimmer und tauschte mit Trevor die Post aus: Acht Briefe gingen hinaus, und vierzehn Briefe kamen herein.
»Was ist mit Brant in Upper Darby?« fragte Beech und sah die Umschläge durch. »Was soll mit ihm sein?«
»Wer ist er? Wir wollen ihn bluten lassen.«
»Ich hab’s noch nicht rausgekriegt. Ich war ein paar Tage weg.«
»Beeil dich damit. Der Typ könnte der bislang dickste Fisch sein.«
»Ich werde mich morgen darum kümmern.«
Beech hatte keine Quoten aus Las Vegas zu bedenken und wollte nicht Karten spielen. Trevor ging nach zwanzig Minuten. Lange nach dem Abendessen, das sie hatten ausfallen lassen, und lange nach der Schließungszeit der Bibliothek saßen die Richter hinter verschlossener Tür in ihrem kleinen Zimmer. Sie sprachen wenig, sahen einander nicht an und starrten, tief in Gedanken versunken, an die Wand.
Auf dem Tisch lagen drei Briefe. Einer war mit Als Laptop geschrieben und vor zwei Tagen in Washington abgestempelt worden. Der zweite war Als handgeschriebene Karte, mit der er den Kontakt zu Ricky abbrach. Der dazugehörige Umschlag war vor drei Tagen in St. Louis abgestempelt worden. Diese beiden Nachrichten widersprachen sich und stammten offensichtlich von verschiedenen Leuten. Jemand hatte ihre Post manipuliert.
Der dritte Brief jedoch hatte sie wirklich alarmiert. Sie hatten ihn immer wieder gelesen, einzeln, gemeinsam, stumm und unisono. Sie hatten die Karte an den Ecken hochgehoben, sie gegen das
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