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Die Bruderschaft

Die Bruderschaft

Titel: Die Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Zwar gewann er Woche um Woche, doch gegen einen Konkurrenten, der schon seit geraumer Zeit immer schwächer wurde. Sowohl die von ihm selbst als auch die vom IVR in Auftrag gegebenen Umfragen zeigten, dass die Wähler sich ziemlich stark für ihn interessierten, allerdings hauptsächlich, weil er neu war, gut aussah und anscheinend die Qualifikationen für ein hohes Amt besaß.
    Und was nur Eingeweihte wussten: Die Umfrageergebnisse enthüllten auch einige Bereiche, in denen Lake nicht sehr gut aussah. Der erste betraf Lakes Beschränkung auf ein einziges Thema. Der Rüstungsetat war für die Wähler nur für eine begrenzte Zeit von Interesse, und die Umfragen zeigten, dass viele wissen wollten, welche Haltung er zu anderen Fragen einnahm.
    Zweitens lag Lake bei einer hypothetischen Gegenüberstellung noch immer fünf Prozent hinter dem Vizepräsidenten. Dem waren die Wähler zwar nicht sonderlich zugeneigt, doch immerhin wussten sie, wer er war. Lake dagegen war den meisten ein Rätsel. Außerdem würden Lake und der Vizepräsident vor den Wahlen im November einige Male aufeinander treffen. Lake, dessen Nominierung schon beinahe sicher war, brauchte Übung.
    Tarry verschlimmerte die Sache, indem er ständig fragte:
    »Wer ist Aaron Lake?« Mit einem Teil seines verbleibenden Geldes ließ er Aufkleber drucken, auf denen diese mittlerweile viel zitierte Frage stand: Wer ist Aaron Lake?
    (Es war eine Frage, die auch Teddy sich inzwischen fast stündlich stellte, wenn auch aus anderen Gründen.)
    Die Debatte sollte in einem kleinen Lutheranischen College in Pennsylvania stattfinden, das über ein Auditorium mit guter Akustik und Beleuchtung verfügte. Die Zahl der Zuschauer würde begrenzt bleiben. Die Mitarbeiter der gegnerischen Kandidaten stritten sich über die winzigsten Details, doch weil beide eine öffentliche Auseinandersetzung brauchten, einigte man sich schließlich. Bei der Festlegung des genauen Ablaufs wäre es fast zu Handgreiflichkeiten gekommen, doch als alles besprochen und geregelt war, war für jeden etwas dabei. Die Medien durften drei Journalisten auf die Bühne schicken, die beide Kandidaten gezielt befragen sollten. Die Zuschauer bekamen zwanzig Minuten, um unzensierte Fragen zu jedem beliebigen Thema zu stellen. Tarry, der eigentlich Anwalt war, forderte fünf Minuten Redezeit als Einleitung und zehn Minuten für eine Schlusserklärung. Lake wollte eine halbstündige, unmoderierte Diskussion mit Tarry: keine Regeln, kein Schiedsrichter - nur die beiden Kandidaten, die einander Zunder gaben. Das hatte Tarrys Leute hellauf entsetzt, und um ein Haar wäre die Vereinbarung daran gescheitert.
    Der Moderator war ein örtlicher Rundfunkjournalist, und als er sagte: »Guten Abend, meine Damen und Herren, und herzlich willkommen zu der ersten und einzigen Debatte zwischen Gouverneur Wendeil Tarry und dem Kongressabgeordneten Aaron Lake«, sahen etwa 18 Millionen Menschen zu.
    Tarry trug einen dunkelblauen Anzug, den seine Frau ihm ausgesucht hatte, dazu das übliche hellblaue Hemd und die übliche rot-blau gestreifte Krawatte. Lake trug einen schicken hellbraunen Anzug, ein weißes Hemd mit Haifischkragen und eine Krawatte, in der ein halbes Dutzend Farben vorkamen, vornehmlich aber Rot und Rotbraun. Das Ganze war von einem Modeberater zusammengestellt und auf die Farben des Sets abgestimmt worden. Man hatte Lakes Haar getönt und seine Zähne gebleicht. Er hatte Stunden auf einer Sonnenbank gelegen. Er wirkte frisch und durchtrainiert und schien es eilig zu haben, auf die Bühne zu kommen.
    Auch Gouverneur Tarry war ein gut aussehender Mann. Obgleich er nur vier Jahre älter als Lake war, forderte der Wahlkampf von ihm einen schweren Tribut. Seine Augen waren müde und gerötet. Er hatte ein paar Pfund zugenommen, und das zeigte sich vor allem im Gesicht. Bei seiner Einleitung erschienen Schweißperlen auf seiner Stirn und glitzerten im Scheinwerferlicht.
    Man war allgemein der Ansicht, dass für Tarry mehr auf dem Spiel stand, weil er bereits so viel verloren hatte. Anfangjanuar hatten so unfehlbare Propheten wie die Redakteure des Time Magazine bereits verkündet, seine Nominierung sei zum Greifen nah. Seit drei Jahren strebte er die Präsidentschaftskandidatur an. Sein Wahlkampf basierte auf Laufarbeit und Präsenz an der Basis. Jeder Wahlkampfhelfer, jeder Revierleiter in lowa und New Hampshire hatte schon Kaffee mit ihm getrunken. Seine Organisation war perfekt.
    Und dann kam Lake mit seinen

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