Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brücke

Die Brücke

Titel: Die Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
befallen und siechte langsam dahin… und
dann ich. Wieder ein Wagen, wieder ein Autounfall, wieder ein Mann,
den sie liebte. Oh, ich bezweifle nicht, daß Gustave und ich
uns sehr ähnlich sind und daß wir uns gegenseitig
sympathisch finden könnten, und ich bin sicher, er wäre mit
dem Rechtsanwalt ebensogut zurechtgekommen wie ich und das aus dem
gleichen Grund… aber wenn ich mit den Ähnlichkeiten hier
aufhören kann, dann, bei Gott, werde ich es tun. Ich will nicht
der dritte Mann sein! (Blasse Finger erheben sich von dem schwarzen
Gitter des Schirms, zittern im Nachtwind wie weiße
Knollen… das verdammte Ding ist schon wieder kaputt. Das
Schwarzweiß-Bild schält sich ab und explodiert, dahinter
weißes Licht. Wieder zu spät, der Scharfschütze
muß erst sehen, dann zielen, dann feuern, und der
dritte…)
    Nein, diese Serie endet nach zweien, sofern ich irgend etwas damit
zu tun habe. (Und dabei kommt mir noch ein etwas gemeiner Gedanke,
jetzt, wo ich festgestellt habe, wie ähnlich Gustave und ich uns
möglicherweise sind: Ich weiß, was ich Andrea sagen
würde, wenn ich der langsam Sterbende wäre und sie
vorhätte, sich bei meiner Pflege aufzuopfern…)
    Ich werde in diese andere Stadt reisen, das habe ich schon immer
gewollt, wirklich. Ich möchte diesen Mann kennenlernen. Verdammt, ich will etwas tun! Ich will mit der
transsibirischen Eisenbahn fahren, ich will Indien besuchen, auf
Ayers Felsen stehen, in Machupicchu patschnaß werden! Ich will
surfen! Ich will mir ein Segelflugzeug anschaffen, ich will zum Grand
Canon zurückkehren und diesmal weiter als nur bis zum Randfelsen
kommen, ich will die Nordlichter von Svalbard oder Grönland
sehen, ich will eine totale Sonnenfinsternis erleben, ich will dabei
sein, wenn ein Vulkan ausbricht, ich will durch einen Lavatunnel
laufen, ich will die Erde aus dem Weltraum betrachten, ich will den
Amazonas hinunter- und den Yangtse hinauffahren und über die
Große Mauer wandern, ich will Azania besuchen! Ich will sehen,
wie Hubschrauber von Flugzeugträgern geschoben werden! Ich
will mit drei Frauen auf einmal ins Bett gehen!
     
    O Gott, zurück in Maggie Thatchers Britannien und Ronny
Reagans Welt, zurück zu all dem üblichen Quatsch. Die
Brücke war in ihrer Seltsamkeit wenigstens vorhersehbar, sie war
wenigstens verhältnismäßig sicher.
    Nun, vielleicht auch nicht. Ich weiß es nicht.
     
    Eines weiß ich: Ich brauche die Maschine nicht, daß
sie mir sagt, welche Wahl ich treffen soll. Die Wahl ist nicht die
zwischen Traum und Realität, sondern die zwischen zwei
verschiedenen Träumen.
    Der eine ist mein eigener, die Brücke und alles, was ich
daraus gemacht habe. Der andere ist unser kollektiver Traum, unsere
vereinigten Vorstellungen. Wir leben den Traum, nennen ihn den
amerikanischen, den westlichen, den nördlichen oder einfach den
von uns Menschen, den des Lebens. Ich war Teil des einen Traums, ob
ich wollte oder nicht, und es war ein halber Alptraum, und ich
hätte beinahe zugelassen, daß er mich umbrachte, aber das
ist nicht passiert.
    Was hat sich verändert?
    Nicht der Traum, nicht das Ergebnis unserer Träume, die wir
die Welt nennen, nicht unser Hi-Tech-Leben. Also ich selbst?
Vielleicht, wer weiß, es könnte irgend etwas sein, hier
drinnen. Ich kann es nur nicht sagen, bis ich wieder hinauskomme und
anfange, den geteilten Traum zu leben, statt meines eigenen von dem
Ding, das ein Ort wird, dem Mittel, das zum Zweck wird, dem Weg, der
ein Ziel wird… Karo-Drei, in der Tat, und eine
Qualitätsbrücke, eine ewig haltende Brücke, eine
niemals ganz die gleiche Brücke, deren großer,
rötlicher Rahmen sich ständig abschuppt und erneuert wie
bei einer Schlange, einem einer Metamorphose unterworfenen Insekt,
das sein eigener Kokon ist und sich andauernd
verändert…
     
    All diese Züge. Und in Zukunft werden es noch ein paar mehr
sein. Bestimmt wird mir der Führerschein weggenommen. Ich
Dummkopf. Den Wagen kann ich auch abschreiben. Fahre ich da betrunken
kurz vor Weihnachten; wie peinlich, darauf zurückkommen zu
müssen. Wenigstens ist sonst niemand in Mitleidenschaft gezogen
worden, nur ich und die beiden Autos. Ich bin mir nicht sicher, ob
ich hätte zurückkehren wollen, wenn ich jemanden
getötet oder auch nur schwer verletzt hätte. Hoffe, der
Besitzer des Mg’s hatte sein Herz nicht zu sehr an seinen Wagen
gehängt. Armer Jaguar. Nach soviel Aufwand an Zeit und Geld,
nach all der sorgfältigen, fachmännischen Arbeit, die Leute
in

Weitere Kostenlose Bücher