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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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redeten ihm freundlich zu. So verging einige Zeit, ungefähr zehn Minuten.
    Dann kam Michail Makarowitsch, der sich eine Weile fortbegeben hatte, wieder ins Zimmer und sagte laut und aufgeregt zum Staatsanwalt: »Sie ist entfernt worden, sie ist unten. Würden Sie mir erlauben, meine Herren, diesem unglücklichen Menschen ein Wort zu sagen? In Ihrer Gegenwart, meine Herren, in Ihrer Gegenwart?«
    »Bitte, Michail Makarowitsch«, antwortete der Untersuchungsrichter. »Unter diesen Umständen haben wir nichts dagegen.«
    »Dmitri Fjodorowitsch, lieber Freund!« begann Michail Makarowitsch, und sein erregtes Gesicht drückte warme, beinahe väterliche Teilnahme aus. »Ich habe deine Agrafena Alexandrowna selbst nach unten gebracht und sie den Töchtern des Wirtes anvertraut, und auch dieser alte Maximow ist jetzt mit ihr unzertrennlich zusammen. Ich habe ihr gut zugeredet, hörst du? Ich habe ihr gut zugeredet und sie beruhigt. Ich habe ihr klargemacht, daß du dich rechtfertigen mußt, sie soll dich daher nicht stören und dich nicht traurig machen, sonst könntest du in Verwirrung geraten und zu deinem Nachteil falsch aussagen, verstehst du? Na, kurz, ich habe mit ihr geredet, und sie hat mich verstanden. Sie ist ein kluges Mädchen, lieber Freund, ein gutes Mädchen! Sie wollte mir altem Mann die Hände küssen! Und für dich gebeten hat sie! Sie selbst hat mich hergeschickt und mir aufgetragen, dir zu sagen, du möchtest ihretwegen ruhig sein. Und ich soll unbedingt wieder zu ihr kommen und ihr sagen, daß du ruhig und getröstet bist. Also beruhige dich! Sieh ein, daß es das beste ist! Ich habe ihr unrecht getan, sie ist eine christliche Seele. Ja, meine Herren, sie ist eine fromme Seele und hat keinerlei Schuld. Also was soll ich ihr sagen, Dmitri Fjodorowitsch? Wirst du ruhig sein oder nicht?«
    Der gute Mensch hatte viel Überflüssiges geredet; doch Gruschenkas Kummer war ihm eben zu Herzen gegangen, und ihm standen sogar Tränen in den Augen. Mitja sprang auf und stürzte zu ihm hin.
    »Verzeihen Sie, meine Herren! Erlauben Sie es! Erlauben Sie es!« rief er. »Sie sind ein Engel, ein Engel sind Sie, Michail Makarowitsch! Ich danke Ihnen für alles, was Sie ihr Gutes erwiesen haben! Ich werde ruhig sein, ich werde heiter sein! Bestellen Sie ihr in der grenzenlosen Güte Ihres Herzens, daß ich heiter bin, ganz heiter! Ich werde sogar gleich anfangen zu lachen, da ich weiß, daß so ein Schutzengel wie Sie bei ihr ist. Ich werde sogleich alles erledigen, und sobald ich frei bin, eile ich sofort zu ihr; sie soll nur noch ein wenig warten ... Meine Herren!« wandte er sich plötzlich an den Staatsanwalt und an den Untersuchungsrichter. »Jetzt werde ich meine ganze Seele vor Ihnen aufdecken, Ihnen mein ganzes Herz ausschütten. Wir werden im Nu alles beenden, fröhlich beenden, und zuletzt werden wir alle lachen, nicht wahr? Aber, meine Herren, diese Frau ist die Königin meiner Seele! Oh, erlauben Sie, daß ich Ihnen das sage – wenigstens das will ich Ihnen enthüllen; ich sehe ja, daß ich es mit Männern von edelster Gesinnung zu tun habe! Sie ist mein Licht, mein Heiligstes! Und wenn Sie noch alles andere wüßten! Sie haben gehört, wie sie schrie: ,Mit dir zusammen sogar bis aufs Schafott!‹ Aber was habe ich ihr gegeben, ich Bettler, ich Habenichts? Wofür liebt sie mich so? Verdiene ich plumpe Kreatur mit dem häßlichen Gesicht so viel Liebe, daß sie mit mir sogar zur Zwangsarbeit gehen will? Für mich hat sie sich Ihnen vorhin zu Füßen geworfen, sie, die keine Schuld trägt! Wie sollte ich sie da nicht vergöttern, nicht zu ihr hinstürzen, wie ich es soeben tat? O meine Herren, verzeihen Sie mir! Aber jetzt, jetzt bin ich getröstet!«
    Er fiel auf den Stuhl zurück, bedeckte das Gesicht mit den Händen und brach laut schluchzend in Tränen aus; es waren jetzt aber Tränen der Glückseligkeit. Er kam auch gleich wieder zu sich. Der alte Bezirkshauptmann war sehr zufrieden, und die Juristen schienen es ebenfalls; sie fühlten, daß das Verhör jetzt in eine neue Phase trat. Nachdem Mitja den Bezirkshauptmann mit seinem Auftrag fortgeschickt hatte, wurde er geradezu heiter.
    »Nun, meine Herren, jetzt bin ich der Ihrige, ganz der Ihrige. Und ... Wenn nur nicht alle diese Kleinigkeiten wären, dann würden wir gleich einig sein. Ja, diese Kleinigkeiten! Ich bin der Ihrige, meine Herren. Aber glauben Sie mir: Es ist gegenseitiges Vertrauen nötig! Sie müssen mir vertrauen und ich Ihnen, sonst

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