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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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dreimal ein Kreuz; dabei rang er mühsam nach Atem.
    »Sehen Sie, und von diesem Grigori haben wir so bedeutsame Aussagen hinsichtlich, Ihrer Person erhalten, daß wir ...«, fuhr der Staatsanwalt fort.
    Mitja sprang plötzlich von seinem Stuhl auf.
    »Einen Augenblick, meine Herren! Um Gottes willen, nur einen Augenblick! Ich will zu ihr ...«
    »Erlauben Sie! Jetzt geht das überhaupt nicht!« rief Nikolai Parfjonowitsch mit sich überschlagender Stimme. Die Männer mit den Blechabzeichen an der Brust hielten Mitja fest; übrigens setzte er sich auch von selbst wieder.
    »Meine Herren, wie schade! Ich wollte nur einen Augenblick zu ihr ... Ich wollte ihr mitteilen, daß dieses Blut, das die ganze Nacht mein Herz gemartert hat, weggewaschen, verschwunden ist, daß ich kein Mörder mehr bin! Meine Herren, sie ist doch meine Braut!« sagte er entzückt und andächtig und ließ seine Augen von einem zum anderen wandern. »Oh, ich danke Ihnen, meine Herren! Oh, Sie haben mir im Augenblick ein neues Leben geschenkt! Dieser alte Mann hat mich auf seinen Armen getragen, meine Herrn, er hat mich im Waschtrog gebadet, als sich sonst niemand um mich, ein dreijähriges Kind, kümmerte, er ist mir ein Vater gewesen!«
    »Also Sie ...«, begann der Untersuchungsrichter.
    »Erlauben Sie, meine Herren, erlauben Sie noch einen kleinen Augenblick«, unterbrach ihn Mitja, stellte beide Ellenbogen auf den Tisch und bedeckte das Gesicht mit den Händen. »Gestatten Sie, daß ich noch ein wenig meine Gedanken sammle. Gestatten Sie mir, daß ich noch ein wenig zu mir komme, meine Herren! Das alles erschüttert einen ja furchtbar! Ein Mensch ist doch schließlich kein Trommelfell, meine Herren!«
    »Sie sollten wieder ein bißchen Wasser ...«, sagte Nikolai Parfjonowitsch liebenswürdig.
    Mitja nahm die Hände vom Gesicht und lachte laut auf. Sein Blick war kühn und munter, der ganze Mensch schien urplötzlich verwandelt. Auch sein Ton war ein anderer geworden: Da saß nun wieder ein Mensch, der diesen Leuten, seinen früheren Bekannten, gleichgestellt war, so als wenn sie gestern, als noch nichts geschehen war, irgendwo in Gesellschaft zusammengekommen wären. Wir wollen bei dieser Gelegenheit vermerken, daß Mitja bei dem Bezirkshauptmann in der ersten Zeit sehr freundlich aufgenommen worden war, ihn jedoch später, besonders im letzten Monat, fast gar nicht mehr besucht hatte; der Bezirkshauptmann hatte von da an, wenn er ihm auf der Straße begegnete, ein finsteres Gesicht gemacht und seinen Gruß nur aus Höflichkeit erwidert, was Mitja nicht entgangen war. Mit dem Staatsanwalt war er noch oberflächlicher bekannt. Zwar hatte er seiner Gattin, einer nervösen, überspannten Dame, manchmal Besuche gemacht, jedoch nur solche von respektvollster Art, ohne selbst recht zu wissen, warum er eigentlich zu ihr ging; sie hatte ihn immer freundlich empfangen und sich aus irgendwelchem Grund bis zuletzt lebhaft für ihn interessiert. Mit dem Untersuchungsrichter bekannt zu werden, hatte er noch keine Gelegenheit gehabt; allerdings war er auch mit ihm schon in Gesellschaft zusammengekommen und hatte sich ein- oder zweimal mit ihm unterhalten, beide Male über das weibliche Geschlecht.
    »Sie sind, wie ich sehe, ein außerordentlich geschickter Untersuchungsrichter, Nikolai Parfjonowitsch«, sagte Mitja auf einmal mit heiterem Lächeln. »Aber ich will Ihnen jetzt trotzdem behilflich sein. Oh, meine Herren, ich fühle mich wie neugeboren ... Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich mich so geradezu an Sie wende. Außerdem bin ich ein bißchen betrunken, das sage ich Ihnen ganz offen. Ich glaube, ich hatte die Ehre und das Vergnügen, bei meinem Verwandten Miussow mit Ihnen zusammen zu sein, Nikolai Parfjonowitsch ... Meine Herren, meine Herren, ich erhebe nicht den Anspruch, gleichberechtigt behandelt zu werden – ich verstehe sehr gut, wer ich jetzt für Sie bin. Auf mir ruht ... Falls Grigori etwas über mich ausgesagt hat ... So ruht auf mir ein furchtbarer Verdacht! Schrecklich, schrecklich, ich begreife das ja alles! Aber zur Sache, meine Herren! Ich bin bereit, und wir werden das alles in einer Sekunde erledigen ... Hören Sie nur, meine Herren! Wenn ich weiß, daß ich unschuldig bin, werden wir es ja wohl in einer Sekunde erledigen! Nicht wahr?«
    Mitja redete schnell, viel und nervös und so, als hielte er seine Zuhörer für seine besten Freunde.
    »Also wir wollen einstweilen niederschreiben, daß Sie die gegen Sie erhobene

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