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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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daß Kolja sich entschlossen hatte, an diesem Vormittag zu Iljuscha zu gehen. Erst am Abend zuvor hatte Kolja, als er sich von Smurow verabschiedete, auf einmal in barschem Ton gesagt, er solle am nächsten Vormittag zu Hause auf ihn warten, da er mit ihm zusammen zu Snegirjows gehen wolle; er solle sich aber nicht unterstehen, jemand von seinem bevorstehenden Besuch zu benachrichtigen; denn er wolle überraschend kommen. Smurow hatte gehorcht. Die Hoffnung, daß Kolja den verschollenen Shutschka mitbringen würde, hegte Smurow auf Grund einiger flüchtig hingeworfener Bemerkungen Koljas: »Sie sind sämtlich Esel, wenn sie einen Hund nicht auffinden können, falls er überhaupt noch am Leben ist!« Als jedoch Smurow bei einer passenden Gelegenheit seine Vermutung wegen des Hundes Krassotkin gegenüber schüchtern angedeutet hätte, war dieser plötzlich furchtbar ärgerlich geworden: »Wie werde ich denn so ein Esel sein, fremde Hunde in der ganzen Stadt zu suchen, wenn ich meinen Pereswon habe? Kann man denn überhaupt glauben, daß ein Hund, der eine Stecknadel verschluckt hat, am Leben geblieben ist? Eine rührselige Idee, weiter nichts!«
    Iljuscha hatte inzwischen sein Bett in der Ecke bei den Heiligenbildern schon zwei Wochen fast nicht mehr verlassen. Zur Schule war er seit jenem Tag nicht mehr gegangen, da er Aljoscha in den Finger gebissen hatte. Von da an hatte er gekränkelt, wenn er auch noch etwa einen Monat lang ab und zu aufstehen und ein wenig in der Stube und auf dem Flur umhergehen konnte. Zuletzt war er ganz kraftlos geworden, so daß er sich ohne Hilfe des Vaters nicht mehr bewegen konnte. Der Vater zitterte um ihn, hatte sogar aufgehört zu trinken und war beinahe wahnsinnig vor Angst, daß sein Sohn sterben könnte. Wenn er ihn manchmal am Arm in der Stube umhergeführt und dann wieder aufs Bett gelegt hatte, lief er plötzlich auf den Flur hinaus, stellte sich in eine dunkle Ecke, lehnte sich mit der Stirn gegen die Wand, weinte und schluchzte in eigentümlich hohen Tönen, wobei er sich jedoch Mühe gab, seine Stimme zu unterdrücken, damit Iljuschetschka sein Schluchzen nicht hörte.
    Wenn er dann in die Stube zurückkehrte, versuchte er gewöhnlich, seinen lieben Jungen irgendwie zu zerstreuen und zu trösten, er erzählte ihm Märchen und komische Anekdoten oder stellte allerlei lächerliche Menschen dar, mit denen er einmal zusammengetroffen war, ja er ahmte sogar Tiere nach, wie sie heulten oder schrien. Aber Iljuscha hatte es nicht gern, wenn sein Vater Grimassen schnitt und sich zum Hanswurst machte. Der Junge suchte zwar zu verbergen, daß ihm das unangenehm war; aber er war sich schmerzlich dessen bewußt, daß sein Vater in der Gesellschaft degradiert war, und mußte immer unwillkürlich an den »Bastwisch« und jenen schrecklichen Tag denken. Ninotschka, Iljuschetschkas gelähmte, sanfte Schwester, mochte es ebenfalls nicht, wenn der Vater Possen trieb; Warwara NikoIajewna war schon längst wieder nach Petersburg zurückgekehrt, um weiterzustudieren; die schwachsinnige Mama dagegen amüsierte sich sehr und lachte von ganzem Herzen, wenn ihr Mann anfing, irgend etwas vorzuspielen oder irgendwelche komischen Gebärden zu machen. Das war das einzige, wodurch sie sich aufheitern ließ; die ganze übrige Zeit weinte und klagte sie, alle Menschen hätten sie jetzt vergessen, niemand achte sie, man beleidige sie, und so weiter und so fort. Doch in den allerletzten Tagen schien auch mit ihr plötzlich eine Veränderung vorgegangen zu sein. Sie schaute häufig in die Ecke nach Iljuscha und war nachdenklich geworden. Sie war jetzt viel stiller, und wenn sie weinte, dann leise, um nicht gehört zu werden. Der Stabskapitän hatte traurig und verwundert diese Veränderung wahrgenommen. Die Besuche der Kameraden hatten ihr anfangs mißfallen und sie nur geärgert; aber dann zerstreuten sie das lustige Geschrei und die Erzählungen der Kinder und gefielen ihr jetzt so sehr, daß sie sich schrecklich gegrämt hätte, wären die Jungen nicht mehr gekommen. Wenn die Kinder etwas erzählten oder spielten, lachte sie und klatschte in die Hände. Manche von ihnen rief sie zu sich heran und küßte sie. Den kleinen Smurow hatte sie besonders liebgewonnen. Den Stabskapitän hatten die Besuche der Kinder gleich von Anfang an froh und glücklich gestimmt, er hatte sogar Hoffnung geschöpft, Iljuscha könnte nun aufhören, traurig zu sein, und infolgedessen vielleicht schneller wieder gesund werden. Trotz

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