Die Brüder Karamasow
angefangen, ihn zu unterstützen?‹ Immer ist er eifersüchtig, immerzu meinetwegen eifersüchtig! Selbst wenn er schläft und ißt, ist er eifersüchtig. Sogar auf Kusma war er vorige Woche einmal eifersüchtig.«
»Aber er hat doch über den ›Früheren‹ Bescheid gewußt?«
»Na, natürlich! Von Anfang an bis zum heutigen Tag hat er alles gewußt, aber heute kam es ihm auf einmal in den Sinn, darüber zu schimpfen. Ich schäme mich zu wiederholen, was er alles sagte. Der Dummkopf! Rakitka kam gerade zu ihm, als ich ging ... Vielleicht hetzt der ihn auf, wie? Was meinst du?« fügte sie zerstreut hinzu.
»Er liebt dich, das ist es. Er liebt dich sehr. Und jetzt ist er ganz besonders aufgeregt.«
»Wie sollte er nicht aufgeregt sein, wo morgen die Gerichtsverhandlung über ihn stattfindet? Ich war extra mit der Absicht zu ihm gegangen, ihm für morgen ein ermunterndes Wort zu sagen; denn es ist schrecklich, auch nur daran zu denken, was morgen geschehen wird, Aljoscha! Du sagst, er ist aufgeregt. Aber wie aufgeregt bin ich selbst! Und da redet er von dem Polen! So ein Dummkopf! Auf Maximuschka hier wird er ja wohl nicht eifersüchtig sein?«
»Meine Frau war meinetwegen auch sehr eifersüchtig«, schaltete sich Maximow bescheiden ein.
»Na, dazu bist du gerade der Richtige!« rief Gruschenka, die unwillkürlich lachen mußte! »Auf wen war sie denn eifersüchtig?«
»Auf die Stubenmädchen.«
»Ach, sei still, Maximuschka, mir ist jetzt nicht nach Lachen zumute, ich bin wütend. Und wirf keine begehrlichen Blicke auf die Pasteten. Ich werde dir keine geben, sie bekommen dir nicht. Und den geliebten Lebensbalsam werde ich dir auch nicht geben ... Da muß ich mich nun auch noch mit ihm abplagen als ob hier bei mir ein Armenhaus wäre«, fügte sie lachend hinzu.
»Ich verdiene Ihre Wohltaten nicht, ich bin auf der Welt zu nichts nutze«, sagte Maximow weinerlich! »Sie sollten Ihre Wohltaten besser denen zuwenden, die nützlicher sind als ich.«
»Ach was, jeder ist nützlich, Maximuschka, und woher soll man wissen, wer nützlicher ist als ein anderer? Wenn doch dieser Pole überhaupt nicht auf der Welt wäre, Aljoscha! Heute ist er nun ebenfalls auf den Einfall gekommen, krank zu werden. Ich bin bei ihm gewesen. Nun werde ich zum Trotz auch ihm Pasteten schicken. Ich hatte ihm keine geschickt, aber Mitja beschuldigte mich, ich hätte es getan. Nun werde ich ihm welche schicken, zum Trotz! Ach, da ist ja Fenja mit einem Brief! Na natürlich, wieder von den Polen, sie bitten wieder um Geld!«
Pan Mussialowicz hatte tatsächlich einen außerordentlich langen und wie immer schwülstigen Brief geschickt, in dem er bat, ihm drei Rubel zu leihen. Dem Brief war eine Quittung mit der Verpflichtung beigelegt, das Darlehen innerhalb von drei Monaten zurückzuzahlen; diese Quittung hatte auch Pan Wroblewski unterschrieben.
Solche Briefe, und immer mit Quittungen, hatte Gruschenka von ihrem »Früheren« schon viele erhalten. Angefangen hatte es gleich nach Gruschenkas Genesung, etwa vor zwei Wochen. Sie wußte jedoch, daß die beiden Polen auch während ihrer Krankheit häufig gekommen waren, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Der erste Brief, auf einen Briefbogen größten Formats geschrieben und mit einem großen Familiensiegel verschlossen, war sehr lang, furchtbar dunkel und hochtrabend gewesen, so daß Gruschenka nur die Hälfte gelesen und ihn dann weggeworfen hatte, da sie absolut nichts begriff. Auch hatte sie damals andere Gedanken im Kopf gehabt. Auf diesen ersten Brief war am nächsten Tag ein zweiter gefolgt, in dem Pan Mussialowicz bat, ihm für ganz kurze Zeit zweitausend Rubel zu leihen. Gruschenka hatte auch diesen Brief unbeantwortet gelassen. Dann war eine ganze Reihe von Briefen gefolgt, täglich einer, alle gleichermaßen hochtrabend und schwülstig; die als Darlehen erbetene Summe war jedoch allmählich kleiner geworden und auf zweihundert, dann fünfundzwanzig, dann zehn Rubel gesunken – zuletzt hatte Gruschenka einen Brief erhalten, in welchem die beiden Polen sie um einen einzigen Rubel baten und eine von ihnen beiden unterschriebene Quittung beilegten. Da hatte Gruschenka plötzlich Mitleid verspürt und war in der Dämmerung selbst zu Pan Mussialowicz gelaufen. Sie hatte die beiden Polen in äußerster Armut, in einer wahren Bettlerarmut, angetroffen, ohne Essen, ohne Feuerung, ohne Zigaretten und bei der Wirtin tief in Schulden. Die zweihundert Rubel, die sie Mitja in Mokroje
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