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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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letzten möglichen Mitteln antworten kann. Das übrige jedoch ... Zu meinem Bedauern ...«
    »Seien Sie unbesorgt, Arzt! Mein Hund wird Sie nicht beißen«, unterbrach ihn Kolja laut, da er bemerkte, wie der Doktor beunruhigt nach Pereswon schielte. Er sagte, wie er später erklärte, absichtlich »Arzt« statt »Doktor«, um »den Betreffenden zu ärgern«.
    »Was soll das heißen?« fragte der Doktor, warf den Kopf zurück und sah Kolja erstaunt an. »Wer ist das?« wandte er sich dann auf einmal an Aljoscha, als wollte er diesen zur Rechenschaft ziehen.
    »Das ist der Herr des Hundes Pereswon, Arzt. Beunruhigen Sie sich nicht um meine Persönlichkeit!« sagte Kolja wieder dreist. »Leben Sie wohl, Arzt! In Syrakus sehen wir uns wieder!« fügte er hinzu.
    »Wer ist das? Wer ist das?« fragte der Doktor aufbrausend.
    »Ein Schüler von hier, Doktor. Er ist ungezogen, beachten Sie ihn nicht weiter!« sagte Aljoscha eilig mit finsterer Miene. »Schweigen Sie, Kolja!« rief er diesem zu. »Sie sollten ihn wirklich nicht weiter beachten, Doktor!« sagte er noch einmal, in etwas heftigerem Ton.
    »Durchprügeln müßte man ihn, durchprügeln!« rief der Doktor und stampfte wütend mit den Füßen.
    »Wissen Sie, Arzt, mein Pereswon beißt am Ende doch!« sagte Kolja mit bebender Stimme; er war ganz blaß geworden, und seine Augen funkelten. »Ici, Pereswon!«
    »Kolja, wenn Sie noch ein einziges Wort sagen, sind wir für immer geschiedene Leute!« rief Aljoscha gebieterisch.
    »Arzt, es gibt nur ein Wesen auf der ganzen Welt, von dem sich Nikolai Krassotkin etwas befehlen läßt!« Kolja wies auf Aljoscha. »Dieser Mensch hier. Ihm gehorche ich. Leben Sie wohl!«
    Er ging schnell zurück ins Zimmer, Pereswon stürzte ihm hinterher. Der Doktor stand noch etwa fünf Sekunden wie erstarrt da und blickte Aljoscha an; dann spuckte er aus und eilte zum Wagen, wobei er laut vor sich hin sagte: »Das, ich verstehe nicht, was das ...«
    Der Stabskapitän lief ihm nach, um ihm beim Einsteigen behilflich zu sein. Aljoscha folgte Kolja ins Zimmer. Kolja stand schon an Iljuschas Bett. Iljuscha hielt seine Hand und rief nach dem Vater. Kurz darauf kehrte auch der Stabskapitän zurück.
    »Papa, Papa, komm ... Wir...«, stammelte Iljuscha in höchster Erregung; da er aber offenbar nicht imstande war fortzufahren, streckte er plötzlich seine mageren Ärmchen aus und umschlang Kolja und seinen Vater, so fest er nur konnte, und schmiegte sich an sie.
    Der Stabskapitän bebte plötzlich von stummem Schluchzen, und auch Koljas Lippen und Kinn zuckten.
    »Papa, Papa! Wie leid du mir tust, Papa!« stöhnte Iljuscha traurig.
    »Iljuschetschka ... Täubchen... Der Doktor hat gesagt, du wirst gesund ... Wir werden glücklich sein ... Der Doktor ...
    stammelte der Stabskapitän.
    »Ach, Papa! Ich weiß doch, was der neue Doktor über mich gesagt hat ... Ich habe es ja gesehen!« rief Iljuscha, drückte sie wieder beide an sich und verbarg das Gesicht an der Schulter seines Vaters. »Papa, weine nicht ... Und wenn ich gestorben bin, nimm dir einen guten Jungen, einen anderen ... Such dir selbst einen aus, nenn ihn Iljuscha und hab ihn an meiner Statt lieb ...«
    »Sei still, Alter! Du wirst wieder gesund!« rief Krassotkin und tat, als ob er böse würde.
    »Aber du darfst mich nicht vergessen, Papa, niemals!« fuhr Iljuscha fort. »Komm an mein Grab! Weißt du was, Papa? Begrabt mich an unserem großen Stein, zu dem wir beide so oft spazierengegangen sind, und komm dann mit Krassotkin zu mir, am Abend ... Auch mit Pereswon ... Ich werde euch erwarten ... Papa, Papa!«
    Die Stimme versagte ihm; alle drei hielten sich umarmt und schwiegen. Auch Ninotschka weinte still in ihrem Lehnstuhl, und auch die Mama brach plötzlich in Tränen aus, als sie alle weinen sah.
    »Iljuschetschka Iljuschetschka!« rief sie.
    Krassotkin machte sich auf einmal aus Iljuschas Armen los.
    »Lebe wohl, Alter! Meine Mutter erwartet mich zum Mittagessen«, sagte er hastig. »Schade, daß ich sie nicht vorher benachrichtigt habe! Sie wird sich sehr beunruhigen ... Aber nach dem Mittagessen komme ich gleich wieder zu dir, den ganzen Tag! Ich werde dir so viel erzählen! Auch Pereswon werde ich mitbringen, aber jetzt muß ich ihn mitnehmen, denn er würde in meiner Abwesenheit zu heulen anfangen und dich stören! Auf Wiedersehen!«
    Er lief auf den Flur hinaus. Er hatte nicht weinen wollen, aber auf dem Flur brach er doch in Tränen aus. In diesem Zustand fand ihn

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